Streit um TV-Debatte vor Landtagswahlen: SWR-Chefredakteur kritisiert SPD und Grüne als "Schönwetterdemokraten"
SWR-Chefredakteur Fritz Frey wirft SPD und Grünen vor, sich wegzuducken. Doch Ministerpräsidentin Malu Dreyer verweigert weiter eine gemeinsame TV-Diskussion mit der AfD.
Die Aussage von SWR-Intendant Peter Boudgoust am Donnerstag war ziemlich deutlich: Entweder es gibt drei Tage vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz am 13. März eine TV-Debatte mit allen Parteien, die eine realistische Chance auf den Einzug ins Parlament haben. Oder es gibt keine TV-Debatte. Doch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bleibt bei ihrer Haltung, nicht mit Vertretern der rechtspopulistischen AfD auftreten zu wollen.
"Diese Menschen sind zu großen Teilen rechtsradikal und rassistisch“
Sie sei frei in ihrer Entscheidung, und der Südwestrundfunk (SWR) sei frei, die Runden vorzugeben, sagte Dreyer am Freitagvormittag im Deutschlandradio Kultur. Die AfD habe sich „stark radikalisiert“: „Diese Menschen sind zu großen Teilen rechtsradikal und rassistisch.“ Es gebe deshalb für sie gar keinen Grund, sich in eine Elefantenrunde zu setzen, in der die AfD anwesend ist, obwohl sie nicht Mitglied im Landtag ist, sagte die Ministerpräsidentin.
Dreyer sieht den Sender in der Pflicht
Eine Erpressung des SWR durch ihre Nicht-Teilnahme sehe sie nicht, sagte die SPD-Politikerin. Allerdings habe der Sender gegen die Gepflogenheit verstoßen, dass nur im jeweiligen Parlament vertretene Parteien zur Elefantenrunde eingeladen werden. Der SWR habe einen Vorschlag gemacht, der abweiche von allen Verfahren in der Vergangenheit.
Das stimmt allerdings nicht: 2011 hatte der Sender zur TV-Debatte in Rheinland-Pfalz auch die Grünen und die Linkspartei eingeladen, die damals nicht im Landtag vertreten waren. Dennoch sieht Dreyer den Ball nicht bei sich, sondern beim Sender: "Er ist jetzt in der Situation, aber auch in der Pflicht, mit dieser Frage einfach umzugehen“, sagte Dreyer.
Demokratie und Meinungsfreiheit ist vor und nach den Wahlen. Das gilt für alle Parteien, die demokratisch fundiert und zugelassen sind. Nur der Austausch von Argumenten zählt, nicht Verweigerung und Maulsperre.
schreibt NutzerIn ebenrain
Grüne würden auch mit AfD im TV debattieren
Ihr grüner Koalitionspartner will diese strikte Ablehnung nicht mehr teilen: "Wir stellen uns öffentlichen Fernsehauseinandersetzungen wo, wann und mit wem auch immer", erklärten die Grünen-Spitzkandidaten Eveline Lemke und Daniel Köbler. Sie schlossen dabei auch die AfD nicht aus. Sie hielten es jedoch nach wie vor für problematisch, der AfD in Fernsehduellen "eine Bühne für populistische und rassistische Inszenierungen zu geben", erklärten Köbler und Lemke. Sie nähmen aber zur Kenntnis, dass Bürger und auch die Medien die Auseinandersetzungen wollten. "Dem werden wir uns nicht verweigern". CDU-Kandidatin Klöckner warfen sie eine "verlogene Politik" vor. Sie übe aus "machtpolitischem Kalkül öffentlichen Druck" aus.
SWR-Chefredakteur Frey kritisiert SPD und Grüne als "Schönwetterdemokraten"
Am Donnerstag hatte SWR-Intendant Boudgoust noch einmal an alle Parteien appelliert, "sich einer gemeinsamen Diskussion zu stellen." "Nicht am SWR scheitert politischer Diskurs. Die Parteien müssen sich diesem stellen", betonte er.
SWR-Chefredakteur Fritz Frey stellte das Demokratieverständnis der Regierungsparteien in Rheinland-Pfalz, SPD und Grüne, infrage: „Man möchte denen fast zurufen: Was seid ihr eigentlich für Schönwetterdemokraten, wenn ihr euch jetzt wegduckt, anstatt euch auf die Bühne zu begeben!“ sagte Frey dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Die Parteien haben uns jetzt zweimal unser journalistisches Konzept zerschossen.“ So müsse der Eindruck entstehen, der Sender lasse sich seine journalistischen Sendungskonzepte von den Parteien diktieren.
Frey kritisierte insbesondere die Grünen. Die Partei habe vor der Landtagswahl 2011 in Rheinland-Pfalz davon profitiert, dass auch Parteien in die Sendung eingeladen wurden, die nicht im Parlament waren: „Wenn dieselbe Partei heute sagt, wir haben zwar damals von diesem Prinzip profitiert, aber heute sind wir gegen dieses Prinzip, weil es dem politischen Konkurrenten nutzt, dann ist das mehr als nur ironisch.“
Klöckner warf Dreyer vor, den Sender erpresst zu haben
Zuvor hatte die CDU-Spitzenkandidatin Julia Klöckner ihre Teilnahme abgesagt hatte, weil sie nicht allein mit Vertretern von SPD und Grünen auftreten wollte. Sie warf Dreyer vor, den Sender erpresst zu haben. Auslöser für die Querelen waren Ankündigungen Dreyers und ihres baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Kretschmann (Grüne), vor den Wahlen in beiden Bundesländern an keiner Fernsehdebatte mit AfD-Beteiligung teilzunehmen. Mit der Begründung, eine Debatte über Landespolitik ohne Beteiligung der Landesregierungen sei nicht sinnvoll, hatte der SWR daraufhin das Format geändert und wollte sich für Rheinland-Pfalz auf eine Dreier-Runde beschränken.
Nikolaus Brender fordert, die Debatte abzusetzen
Am Donnerstag hatte der SWR deshalb noch einmal eine Einladung an alle Parteien verschickt, die in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg den Umfragen nach eine Chance auf Einzug in den Landtag haben. Erst nach Eingang der Antworten werde darüber entschieden, ob es eine TV-Debatte gibt oder nicht, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel.
Der frühere ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender forderte den Sender auf, die Debatten abzusetzen. Die Absage Klöckners zeige die Absurdität der Entscheidung des Intendanten Peter Boudgoust, wonach AfD, Linke und FDP nicht vertreten sein sollten, sagte Brender der „Berliner Zeitung": „Nun kommt er aus dem Schlamassel nicht mehr heraus.“ Kein Sender dürfe sich vorschreiben lassen, wen er zu einer Diskussionsrunde einlädt.
„Wasser auf die Mühlen der Medienkritiker“
FDP-Chef Christian Lindner nannte das Vorgehen des Senders „Wasser auf die Mühlen der Medienkritiker“. Er sagte der Tageszeitung „Die Welt“ (Freitagsausgabe): „Mit der AfD muss man über Sachfragen sprechen. Nüchtern und fachlich.“ Dann könne man die Partei entlarven. Es sei „feige und falsch“ von Dreyer und Kretschmann gewesen, die Entscheidung des SWR zu provozieren, weil sie nicht mit der AfD diskutieren wollten. „Man sollte diese Leute im Gegenteil mit ihren Positionen konfrontieren“, sagte Lindner.
Boudgoust hatte am Donnerstag den Vorwurf der Erpressung zurückgewiesen: "Niemand kann sich beim SWR Programm bestellen. Allein der SWR entscheidet über seine Inhalte und Angebote."
Nun muss er für den 10. März eine Lösung finden, bei der vor allem einer nicht das Nachsehen hat: Der Zuschauer.
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