25 Jahre "Stern TV": Superflitzer und Oldtimer
Seit 25 Jahren läuft bei RTL „Stern TV“. Am Grundkonzept der Sendung hat sich nichts geändert, inzwischen ist sie ein Relikt aus der Frühzeit des Privatfernsehens.
Das Nashorn-Baby ist da. Endlich. Wer wollte, durfte dank einer „Stern TV“-Webcam wochenlang der Geburt im Magdeburger Zoo entgegenfiebern. Auch betritt Moderator Steffen Hallaschka gerne mal mit kuscheligen Wesen das Fernsehstudio. Vor zwei Wochen maunzte ein Löwenbaby herzzerreißend auf seinem Arm. Und immer will „Stern TV“, wenn nicht gerade Matratzen oder Energy-Drinks getestet werden, von bewegenden Schicksalen erzählen. Wie dem von Debra Milke, der Todeskandidatin aus Arizona mit deutscher Mutter, die nun endgültig freigekommen ist und Hallaschka das erste Interview gab.
An diesem Mittwoch feiert „Stern TV“ mit einer Jubiläumsausgabe sein 25-jähriges Bestehen. Doch in der letzten Sendung blieb Milke nur eine Nebenrolle, weil am Tag zuvor der Germanwings-Airbus in Südfrankreich abgestürzt war. Auch da war „Stern TV“ ganz vorne mit dabei: insbesondere in dem Wettlauf, wer die ersten Angehörigen vor der Kamera zeigt. Eine Schülerin, deren Cousine in der Maschine saß, und ihre Eltern äußerten sich. Außerdem wurden – mit deren Erlaubnis – Facebook-Postings einer Witwe vorgelesen. Vielleicht hätte man wenigstens für diese Sendung das in Flammen aufgehende Flugzeug aus dem Intro herausschneiden können.
Bei Twitter kassierte die Redaktion einige gepfefferte Kommentare, aber bezeichnend ist, dass die von Günther Jauchs Firma I&U produzierte Schicksals-Show auch diesmal kein besonderes Aufsehen erregte, weder im positiven noch im negativen Sinn. „Ich verfolge manchmal belustigt, wie reflexhaft Frau Maischberger, Herr Jauch, Herr Plasberg und andere auf ihren Talk-Plätzen von Medienjournalisten begleitet werden. Die Kritiken erscheinen regelmäßig am nächsten Morgen in den Online-Medien, während wir häufig unterm Radar fliegen“, sagte Hallaschka in einem Interview, das noch vor der letzten Sendung geführt worden war. Auf die Frage, ob er das ungerecht finde, gab er zur Antwort: „Wenn ich das bestätigen würde, klänge das ja wahnsinnig beleidigt. Ich mache doch kein Fernsehen, damit ich am nächsten Tag in der Zeitung lese, dass ich Fernsehen gemacht habe. Wichtig ist das Feedback der Zuschauer, und da kommt wahnsinnig viel zurück.“
„Stern TV“ ist ein Kind der frühen Privatfernseh-Jahre. Bei der Premiere am 4. April 1990 saß Günther Jauch mit seiner noch jungenhaften Bürstenfrisur in einer seltsam hölzernen Kulisse, vor ihm ein Fernseher, auf dem ein Konkurrenzsender eingeschaltet war – und Fußball lief. „Wir sind ebenso glücklich wie beschämt, dass Sie uns dem Fußball hier vorgezogen haben“, lautete Jauchs erster „Stern TV“-Satz. Das Fußballproblem am Mittwochabend ist geblieben, dagegen hat sich die Medienlandschaft gewaltig verändert. Insofern sind die Einschaltquoten von zurzeit gut zwei Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern im Schnitt noch durchaus respektabel.
Das Publikum ist stetig geschrumpft
Allerdings ist das Publikum in den vergangenen Jahren stetig geschrumpft. „Entscheidend ist, dass wir eine gute Sendung machen und immer einen guten Schluck über dem Senderschnitt liegen“, sagt Hallaschka, der 2011 Günther Jauch abgelöst hat und die Fähigkeit besitzt, ebenso eloquent und souverän wie warmherzig zu wirken. Typ: optimaler Schwiegersohn für das überwiegend weibliche Publikum. Er selbst habe mit „Stern TV“ 2011 einen „Scheckheft-gepflegten Superflitzer“ vor die Haustür gestellt bekommen, „inklusive eines komplett eingearbeiteten Mechanikerteams, wenn man so will“.
Der „Superflitzer“ ist aber, nicht nur an der Lebensdauer von Fernsehmagazinen gemessen, im Grunde ein Oldtimer. Das Konzept hat sich über die Jahre nicht grundsätzlich verändert. „Das Ernsthafte, das Politische, das Gesellschaftsrelevante, das Medizinische und das Schicksalsthema stand in 25 Jahren immer neben dem Leichten, Heiteren, Anrührenden, Kuriosen und auch dem großen Kindergeburtstag“, sagt Hallaschka. Allerdings: Auch wenn „Stern TV“ im Vergleich mit öffentlich-rechtlichen Boulevardmagazinen wie „Brisant“ beinahe wie ein Bildungsprogramm wirkt, war es eine eher kuriose Idee, das Format 2012 als „beste Informationssendung“ mit dem Deutschen Fernsehpreis auszuzeichnen. Hallaschka hat das „wahnsinnig gefreut“. Zwischen Information und Unterhaltung könne er keinen Widerspruch erkennen, sagt er. „Wenn man Menschen zu einer Auseinandersetzung mit einem Inhalt animieren will, ist die Unterhaltung ein gutes Vehikel und ein guter Herz-und-Kopf-Öffner.“
„Stern TV“, RTL, Mittwoch, 22 Uhr 15