Fernsehkritik: Hallaschka macht Tempo bei "Stern TV"
Er ist schneller und spitzer als Günther Jauch, insgesamt glatter, knapper, aggressiver und manchmal sogar eine Spur von oben herab. Ein Gegenentwurf ist Steffen Hallaschka bei seiner ersten Moderation von "Stern TV" aber nicht.
Eine ganze Epoche hat er geprägt, der Stern-TV-Moderator Günther Jauch, mit seinem unübertroffenen Ausstrahlungs-Mix aus Wohlwollen, Jungenhaftigkeit, Schalk und Schläue. Nun ist er gegangen und Steffen Hallaschka gekommen.
Ein Gegenentwurf zu Jauch ist der nicht, eher eine Art jüngerer Bruder. Er stellt, wie es der Job verlangt, in seiner ersten Stern-TV-Sendung am Mittwochabend bei RTL menschelnd Nähe zu seinen Gästen her, er nimmt an ihrem Schicksal Anteil, kommt dabei aber nicht ganz so herzlich rüber wie der Vorgänger. Den Flirt mit dem Saalpublikum, den Jauch so schön jenseits aller Ranwanzerei beherrschte, hat Hallaschka noch nicht so drauf, ist vielleicht auch nicht sein Ding. Dafür steht er Jauch in Sachen "verschmitztes Lächeln" in nichts nach. Er ist schneller und spitzer als Jauch, insgesamt glatter, knapper, aggressiver und manchmal sogar eine Spur von oben herab. Er entstammt ja auch einer Moderatorengeneration, die mit ganz anderen Wassern der Konkurrenz, des Format- und Zielgruppenfernsehens gewaschen ist als jemand wie Jauch, der, während er im Studio menschelt, wirklich an die Menschen, die er befragt und vorstellt, glaubt.
Ganz gut konnte man das an dem Beitrag über Kampfhunde beobachten, ein typisches Boulevardthema, in dem – samt Mutter und Oma – ein fünfjähriger Junge namens Malik auftrat, den ein Rottweiler wohl tot gebissen hätte, wenn nicht die beherzte Oma ... Hallaschka hatte bei diesem Aufreger mit seiner smarten Art keine Chance gegen den rotzigen kleinen Malik, der ihm mit links die Show stahl. Das wäre Jauch so nicht passiert. Besser kam Hallaschka bei der Nummer mit dem Fußballspieler René Schnitzler klar, der Geld von der Wettmafia angenommen hat. Da traf er gleich den richtigen Ton, man war unter Sportsfreunden, und Fehler machen wir alle. Dem Haut-gout, der so eine öffentliche Abbitte umweht – „Ich kann’s nicht wieder gut machen“ – diesem hochgejazzten Arme-Sünderlein-Getue setzte Hallaschka seine superprofessionelle Coolness entgegen, nur so konnte es der Zuschauer aushalten.
An ein neues Sendekonzept war nach dem Weggang von Jauch offenbar nicht gedacht – wozu auch, das Format ist eingeführt und erfolgreich, die Themenvielfalt riesig, es gibt jede Woche was Neues zu beichten oder der Empörung, der Wut und dem Gelächter preiszugeben. „Zweibettzimmer im Krankenhaus für alle“ – das ist doch mal eine vernünftige Forderung, die Jens Spahn von der CDU engagiert vertritt. Ihm zu widersprechen war Dr. Kösters von der deutschen Krankenhausgesellschaft angetreten, und als er seine Position zu begründen anhob, bewies Hallaschka seine Meisterschaft im Unterbrechen: „... bevor Sie bis zum Nachtjournal weiterreden... “ Die Kunst des Unterbrechens – nicht einfach so, sondern launig mit kleiner Pointe – muss ein Moderator heute beherrschen, ebenso wie die Kunst des Schnellsprechens. Denn Tempo macht Klima, und das Klima ist gesättigt von gespannter Erwartung auf die nächste Sensation. Lange Blicke wie bei Jauch wird es wohl nicht mehr geben.
Hallaschka kann lustig sein. Seine Begrüßung: "Tja, das ist jetzt ungewohnt für Sie, aber fragen Sie mich mal“, die hatte was. Am Schluss kam noch eine kleine Anspielung auf den Amtsvorgänger. Jauchs Krawatten waren öfter mal als Geschmacksverirrung eingestuft worden. „Dieses Fettnäpfchen“, sagte Hallaschka, habe er vermieden. Er hatte erst gar keine um. Mal sehen, ob das so bleibt. Und wie sich die Quoten entwickeln.