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In dieser Hülse steckte das Projektil, das den Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 tötete.
© rbb/HR/Dominik Schunk

ARD-Doku zum Tod von Benno Ohnesorg: Streitbare Geschichte

„Das sind doch Ausreden!“: Wie bei der Vorführung einer Doku zum Tod von Benno Ohnesorg die Emotionen hochkochen.

Applaus und Buhrufe bereits während des Films, das ist bei Pressevorführungen eher unüblich. Doch als der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am vergangenen Dienstag die Dokumentation „Wie starb Benno Ohnesorg. Der 2. Juni 1967“ im Charlottenburger Kino „Filmkunst 66“ vor Journalisten, Zeitzeugen und geschichtsinteressierten Berlinern vorstellte, kochten die Emotionen an einigen Stellen hoch.

In dem 45-Minuten-Film, der zunächst am Montagabend im Ersten läuft und am Dienstag im RBB–Fernsehen wiederholt wird, haben die Autoren Klaus Gietinger und Margot Overath – unterstützt durch Uwe Soukup als Autor des gleichnamigen Buches – eine minutiöse Rekonstruktion dieses Tages vorgenommen. Sie beginnt mit dem Besuch von Schah Reza Pahlavi und Farah Diba im Rathaus Schöneberg, bevor die Ereignisse des Abends vor der Deutschen Oper und später im Hof in der Krumme Straße dargestellt werden.

Zahlreiche Zeitzeugen kommen zu Wort, die den Verlauf sowohl aus Sicht der Demonstranten als auch der Polizei schildern. Eindrucksvoll sind zugleich die detaillierten Filmaufnahmen: In einem kurzen, bisher noch ungesendeten Filmschnipsel ist sogar der Moment kurz vor dem tödlichen Schuss auf Benno Ohnesorg zu sehen – wobei man wegen der schlechten Qualität der Aufnahme eher von erahnen sprechen muss. Doch alle Film- und Fotodokumente zusammen ergeben ein ziemlich genaues Bild der Ereignisse, die zu Ohnesorgs Tod und in der Folge zu den 68er-Unruhen führten.

Keine Entschuldigung oder Entschädigung für den Tod seines Vaters

Für die Menschen, die den 2. Juni 1967 selbst erlebt haben, sind diese Geschehnisse nach wie vor hoch emotional. Einer der Zeitzeugen war selbst als Polizist vor der Oper im Einsatz. Er widersprach nach der Pressevorführung der Schilderung im Film, wonach Polizisten im Vorfeld durch die gezielte Falschinformation – ein Demonstrant habe einen ihrer Kollegen erstochen – zu dem brutalen Vorgehen gegen die Demonstranten angestachelt wurden. Das Gerücht sei erst später am Abend aufgekommen. „Das sind doch Ausreden“, wurde der Polizist von anderen Zeitzeugen zurechtgewiesen, für die das nur einen weiteren Vertuschungsversuch darstellte.

Für den Film haben Gietinger und Overath auch mit Lukas Ohnesorg gesprochen, der vier Monate nach dem Tod seines Vaters geboren wurde. Für ihn ist der Schuss von Karl-Heinz Kurras eindeutig Mord. Kurras war seinerzeit freigesprochen worden, nicht zuletzt aufgrund von angeblichen Gedächtnislücken anderer Polizisten und Falschaussagen, wie auch die RBB/HR-Dokumentation zeigt. Lukas Ohnesorg wartet indes noch immer auf eine Entschuldigung oder Entschädigung für den Tod seines Vaters, auch nach Enttarnung von Kurras als Stasi-Agent, wie er nach dieser außergewöhnlich hitzigen Pressevorführung sagte.

„Geschichte im Ersten: Wie starb Benno Ohnesorg?“, ARD, Montag um 23 Uhr 45, und „Wie starb Benno Ohnesorg? Der 2. Juni 1967“, RBB, Dienstag um 22 Uhr 45

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