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„Die richtigen Fragen“. Jüngst war Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz bei bild.de auf Sendung.
© Tsp

Urteil zugunsten der MABB: Streaming ist Rundfunk

Springer-Konzern unterliegt der Medienanstalt vor Gericht. Video-Formate von bild.de sind zulassungspflichtig.

Wenn auf der Internetseite einer Zeitung regelmäßig Videos in das journalistische Angebot eingebettet werden, so handelt es sich um Rundfunk, und das Medienunternehmen benötigt dafür eine Zulassung. Mit dieser Rechtsauffassung hat sich die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht gegen den Axel-Springer-Konzern durchgesetzt. In den vorangegangenen Eilverfahren war anders entschieden worden; allerdings hatten die Richter der Eilverfahren die Klärung der rechtlichen Fragen den Richtern des Hauptsacheverfahrens ausdrücklich überlassen. Diese Aufgabe fiel nun der 27. Kammer von Richter Amelsberg zu. Das Oberverwaltungsgericht hatte zunächst nur eine Interessenabwägung vorgenommen, weshalb bild.de die strittigen Formate „Die richtigen Fragen“, „Bild live“ und „Bild-Sport – Talk mit Thorsten Kinhöfer“ weiter verbreiten konnte.

Bis zur Rechtskraft des Urteils wird dies unverändert möglich sein, zudem ist Berufung möglich. Springer-Anwalt Christoph Wagner sagte, er könne noch nicht sagen, ob das Medienunternehmen in Berufung gehe; erst einmal werde man die Urteilsgründe prüfen. Die MABB hatte im Juli 2018 die Internet-Videoformate beanstandet und die weitere Verbreitung untersagt, sofern nicht innerhalb einer gesetzten Frist eine Zulassung beantragt werde. Die Axel Springer SE sieht in dem Angebot keinen Rundfunk, sondern einen Fall des Telemediengesetzes, und klagte gegen den Bescheid.

Was ist Rundfunk?

Wenn eines Tages der neue Medienstaatsvertrag in Kraft tritt, wird die Diskussion vermutlich Geschichte sein, doch bis dahin gibt sie noch Stoff für Gerichtsverfahren her. Die zentrale Frage am Donnerstag war: Was ist Rundfunk?

Im Rundfunkstaatsvertrag heißt die Definition: „Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen.“ Dies alles sahen die Richter als gegeben an. Das Angebot von bild.de sei für die Allgemeinheit bestimmt, werde durch elektromagnetische Schwingungen verbreitet und unterliege einem Sendeplan, da es regelmäßig und häufig gesendet werde.

Über Fragen wie: Wann ist ein Dienst linear? Was ist ein Sendeplan? hatten sich die Parteien zuvor knapp zwei Stunden lang ausgetauscht. „Wenn jeden Montag um acht Uhr früh aktuelle politische Fragen behandelt werden, dann liegt ein Sendeplan vor“, sagte MABB-Anwalt Norbert Wimmer. MABB-Justitiar Marco Holtz sagte, je weniger häufig gesendet werde und je weniger Ankündigungen es für die Formate gebe, desto eher würde man sagen, dass es kein Rundfunk sei. Das sei hier aber nicht der Fall.

MABB will gegebenfalls weiterklagen

MABB-Direktorin Anja Zimmer machte nach der Verhandlung deutlich, dass sie bereit ist, die Sache auch in weiteren Verfahren durchzufechten, da es gelte, einen gesetzlichen Auftrag umzusetzen – jedenfalls solange der noch besteht.

Ein neuer Medienstaatsvertrag soll in Zukunft den Rundfunkstaatsvertrag ersetzen; er steht dem Vernehmen nach kurz vor dem Abschluss. Federführend ist die rheinland-pfälzische Staatskanzlei. Die Regierungschefs der Bundesländer sollen noch in diesem Jahr über den endgültigen Text entscheiden.

Nach der Unterrichtung der Landtage könnte der Staatsvertrag dann im Frühjahr 2020 unterzeichnet werden und im Sommer 2020 in Kraft treten, heißt es in der Staatskanzlei in Mainz. Darin wird auch die Zulassungspflicht für Rundfunkangebote reformiert. Für Anbieter mit geringer Reichweite soll sie ganz wegfallen. Die Angebote von bild.de, die Gegenstand des Rechtsstreits waren, würden darunterfallen, da sie jeweils nur wenige Tausend Zuschauer hatten.

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