5,61 Millionen sehen "Die Wannsee-Konferenz": Stolperstein in der Primetime
Wie sollen, wie wollen wir uns an den Holocaust erinnern? Gedenktage reichen nicht. Das Fernsehen ist gefragt. Ein Kommentar
Die eindringliche, eiskalte ZDF-Verfilmung der „Wannsee-Konferenz“ vom 20. Januar 1942 hat mehr Zuschauerinnen und Zuschauer zur besten Sendezeit vor die Bildschirme gebracht als jede andere Fernsehsendung am Montag. 5,61 Millionen haben eingeschaltet, das Interesse an der Nazi-Organisation der „Endlösung der Judenfrage“ verteilte sich über Jung und Alt.
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Freude? Befriedigung? Erleichterung? Von alledem vermittelt sich etwas in den Zahlen. In einem Land, wo Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit virulent sind, in dem die Deutschen für ihr biblisches Verbrechen des Holocaust einstehen müssen, ist jede Nachricht über ein Verblassen der Erinnerung und der Verantwortung eine Schreckensnachricht.
Konferenz vor 80 Jahren
Aber die Zeit bleibt nicht stehen. Die „Wannsee-Konferenz“ fand vor 80 Jahren statt, die Befreiung des KZ Auschwitz am 27. Januar 1945, ist mittlerweile ein Gedenktag unter anderen. Jedes Erinnern braucht Erinnerungszeichen. Der Bundestag wird dies am Donnerstag leisten, es gibt, auch wenn der Begriff einen seiner Ambivalenz wegen schwanken lässt, eine Erinnerungskultur.
Wie wollen wir, die Deutschen wie die Migranten, uns den notwendigen Zugang zu diesem Genozid sichern? Bald wird es aus Altersgründen keine Zeitzeugen mehr geben. Die leibhaftige, die orale Erinnerung wird notgedrungen zur medialen.
Da kommt das Fernsehen, unverändert das nach Reichweite und Wirkung mächtigste Medium, ins Spiel. „Die Wannsee-Konferenz“ im ZDF hat einen Stolperstein gesetzt, die Verfilmung ging in ihrer Konzentration auf das Geschehen und die Täter über das ritualisierte Erinnern hinaus. Trotz oder gerade wegen der Absage an jede Empathie, ein Blick, ein Einblick in den Höllenschlund, in den Menschen andere Menschen stürzen wollen.
Aufgabe des Fernsehens
Wie geht Erinnerung? Sicher nur als vergegenwärtigte Geschichte der Opfer und der Täter. Das (öffentlich-rechtliche) Fernsehen hat eine Aufgabe, die über alle Fragen von Struktur, Aufgabe und Finanzierung hinausweist.