Sebastian-Kurz-Karikatur: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen "Titanic"
Ist das Satiremagazin "Titanic" mit einer Karikatur von Sebastian Kurz mit Fadenkreuz und dem Text "Endlich möglich: Baby-Hitler töten" zu weit gegangen. Nun ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft.
Für das Satiremagazin "Titanic" ist es offenbar Werbung in eigener Sache: "Die Staatsanwaltschaft Berlin bestätigt gegenüber @derStandardat Ermittlungen gegen @titanic. Betreff: Baby-Hitler", twitterte das Magazin am Montag. Der Betreff verweist auf eine Karikatur, die "Titanic" im Oktober 2017 über seine Webseite und über soziale Netzwerke wie Twitter publiziert hatte. Darauf zu sehen ist der damalige österreichische Außenminister Sebastian Kurz von der ÖVP, auf seiner Brust ein Fadenkreuz und dazu der Text "Endlich möglich: Baby-Hitler töten".
Sebastian Kurz ist inzwischen Bundeskanzler der Alpenrepublik. Zunächst war das österreichische Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung aktiv geworden, das die Staatsanwaltschaft Wien einschaltete. Weil aber das "Magazin" in Deutschland herausgegeben wird, und die Österreicher rechtlich nicht zuständig sind, wurde die Berliner Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen. Sie ermittelt nun wegen des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und der Beleidigung, wie ein Sprecher der Berliner Behörde sagte.
Zuerst hatte die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ darüber berichtet. Sollte es zu einer Gerichtsverhandlung und zu einem Schuldspruch kommen, wäre eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren möglich. In der Chefredaktion des Magazins in Frankfurt am Main gibt man sich jedoch gelassen. „Wir machen uns aber auch keine Sorgen“, hieß es dort.
Juristen verweisen auf Meinungs- und Kunstfreiheit
Unter Juristen wird bezweifelt, dass die Ermittlungen zu einer Verurteilung führen könnten: "Die Äußerung ist meiner Auffassung nach aber von den Rechten der Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt. Satire lebt von den Stilmitteln der Übertreibungen, der Verzerrungen und der Verfremdungen. Allein in der Verwendung der Satire als Kunst liegt noch keine Kundgabe einer Missachtung", schätzt Ehssan Khazaeli von der Berliner Anwaltskanzlei Werdermann/von Rüden die Lage ein. "Eine wichtige Aufgabe eines Gerichts wäre es, die Darstellung von dem Stilmittel der Satire zu „entkleiden“ und allein die verbleibende Kernaussage zu würdigen. Die Kernaussagen ist aber allein eine kritische Beurteilung des Handelns Kurz’", sagte Khazaeli dem Tagesspiegel.
Ähnlich wird der Vorgang vom Berliner Rechtsanwalt Niko Härting gesehen: "Zu einem Strafverfahren wird es nicht kommen, noch viel weniger zu einem Schuldspruch. Das Bundesverfassungsgericht hat 1992 entschieden, dass das Satiremagazin ,Titanic' einen Reserveoffizier als „geb. Mörder“ bezeichnen darf. Satire ist durch die Kunst- und Meinungsfreiheit geschützt und darf so etwas. Der österreichische Kanzler wird den „Baby-Hitler“ aushalten können und müssen. Die Kunst- und Meinungsfreiheit schützt auch derbe, geschmacklose und überzogene Äußerungen", sagte er dem Tagesspiegel: "Dass die Staatsanwaltschaft Berlin „Ermittlungen eingeleitet“ hat, heißt, dass man eine Akte angelegt hat. Mehr nicht. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte hierum offenbar gebeten. Dass man den Wiener Staatsanwältin in Berlin nicht sofort die kalte Schulter gezeigt hat, muss man als Akt der kollegialen und diplomatischen Höflichkeit verstehen."
Sebastian Kurz, der in Österreich mit der rechtspopulistischen Partei FPÖ koaliert, wird von "Titanic" regelmäßig karikiert. Zuletzt beschäftigte sich das Magazin anlässlich seine Deutschland-Besuches mit dem österreichischen Bundeskanzler. Unter anderem via Twitter verbreitete eine Karikatur, auf der Kurz als kleines Kind neben Bundeskanzlerin Angela Merkel die Ehrenformation abschreitet. In Großbuchstaben steht daneben "Baby-Hitler kommt heim ins Reich" und der Bundeskanzlerin werden die Worte "Du kannst schon laufen, Bub!" in den Mund gelegt.
Böhmermann-Verfahren geht Ende Februar weiter
Die zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem Satiriker Jan Böhmermann wegen des so genannten Schmähgedichts wird am 27. Februar vor dem Oberlandesgericht Hamburg fortgesetzt. Das Landgericht hatte in der Vorinstanz festgelegt, dass Böhmermann die „ehrverletzenden“ Verse des gegen Erdogan gerichteten Gedichts nicht wiederholen darf. Bei Zuwiderhandlung droht ihm ein Ordnungsgeld von 250000 Euro oder Ordnungshaft. Beide Seiten hatten Berufung gegen das Urteil eingelegt, nun folgt Ende Februar die mündliche Verhandlung. Böhmermanns Anwalt Christian Schertz sagte dem Tagesspiegel, dass der Satiriker bereits angekündigt habe, notfalls bis vor den Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht zu gehen, sollte er in Hamburg verlieren.
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