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Aus dem Amt gedrängt: Ex-"Spiegel"-Chefredakteur Wolfgang Büchner.
© dpa
Update

Schrecken mit Ende: "Spiegel" trennt sich von Chefredakteur Wolfgang Büchner

Besser scheitern: Chefredakteur Wolfgang Büchner verlässt Nachrichtenmagazin. Auch Verlagschef Ove Saffe geht

Er bleibt, er bleibt nicht, er bleibt... Ein wenig erinnerte die Nachrichtenlage über den „Spiegel“ am Donnerstag an das gute, alte Gänseblümchen-Zupfspiel, das Verliebte spielen, wenn sie sich unsicher sind. Irgendwie ging es ja auch um Liebe. Dann aber um eine verflossene – Wolfgang Büchner gibt auf. Der 48-jährige Journalist, vormals dpa-Chefredakteur und seit 2013 Chefredakteur von „Spiegel“ und „Spiegel online“, „verlässt den Spiegel-Verlag im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Dezember 2014“, heißt es in einer Pressemitteilung aus Hamburg. In seinem Twitter-Profil zitierte Büchner den irischen Schriftsteller Samuel Beckett mit den Worten: „Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better“ (Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.) Büchner wird mit 15 Monaten der am kürzesten agierende Chefredakteur des „Spiegels“ sein und sich mit einer siebenstelligen Abfindung trösten.

Über Büchners Nachfolge wird in Kürze entschieden. Bis auf Weiteres wird die Print-Redaktion von den beiden stellvertretenden Chefredakteuren, Klaus Brinkbäumer, 47, und Clemens Höges, 53, geleitet. Gleiches gilt für Barbara Hans, 33, und Florian Harms, 41, stellvertretende Chefredakteure von „Spiegel online“. Die Mehrheit der Mitarbeiter in beiden Sektionen geht davon aus, dass Brinkbäumer und Harms nicht nur Interimslösungen sein werden. Vielleicht sind diese Personalien schon bis Weihnachten fixiert. Dabei muss auch die wesentliche Frage geklärt werden, ob es eine Doppelspitze der beiden Chefredakteure geben wird oder einen Chef und einen Vize. Print und Online passen auf.

Verlagschef Saffe dankt dem scheidenden Chefredakteur

Verlagsgeschäftsführer Ove Saffe, der Büchner an die Ericusspitze geholt hatte, fand – anders als so viele im Haus – Dankesworte für den ausscheidenden Chefredakteur: „Wolfgang Büchner hat das Nachrichten-Magazin mit neuem Layout, neuen Formaten und mit der Ausrichtung auf den Erscheinungstermin Samstag erfolgreich weiterentwickelt.“ Mit „Spiegel 3.0“ habe er ein Digitalisierungskonzept vorgelegt, das die Weichen für notwendige Veränderungen bei Print und Online stelle.

In die Befriedigung namentlich der Printabteilung über Büchners Abgang mischte sich auch Enttäuschung im Verlag. Im Zuge der Veränderungen in der Chefredaktion wird auch Ove Saffe gehen. Der 53-Jährige gilt trotz der Querelen um Wolfgang Büchner als seit 2008 erfolgreich agierender Geschäftsführer. „Im Einvernehmen mit den Gesellschaftern steht er als Geschäftsführer noch so lange zur Verfügung, bis die Nachfolge geregelt ist, längstens jedoch bis Mitte des nächsten Jahres“, steht in der Mitteilung. Die Personalien würden von den drei Gesellschaftern – Mitarbeiter KG (50,5 Prozent), Gruner + Jahr (25,5 Prozent), Augstein-Erben (24 Prozent) – mitgetragen.

Auch in diesem Kreis wird das Ausscheiden von Saffe bedauert. Der nicht hätte gehen müssen. In seiner Demission schwingt auch Resignation darüber mit, wie in Verlag und Redaktion Probleme (nicht) gelöst und Herausforderungen angegangen werden: das wirtschaftliche Umfeld, die Umstellung des Erscheinungstermins auf den Samstag (erstmals am 10. Januar), Verbindung und Vernetzung von Print und Online. Letzteres auch unter der Perspektive, dass die Mitarbeiter von „Spiegel Online“ in einer Tochterfirma des Verlages organisiert und damit wirtschaftlich schlechter gestellt sind als die „Spiegel“-Printler. „Weil es uns sehr gut geht, ist es vielleicht schwerer, relevante Prozesse umzusetzen“, hatte Saffe gesagt. Wolfgang Büchner hatte es sich vor allem mit der Printredaktion verscherzt, seitdem er versucht hatte, mit dem Konzept „Spiegel 3.0“ die komplette Verzahnung von Print und Online durchzusetzen. Die Ressorts sollten Doppelspitzen erhalten, die Posten dafür ließ Büchner neu ausschreiben: Ein Stilbruch an der Ericusspitze, der sich zum Politikum auswuchs. Die Printredakteure, ohnehin keine besonderen Büchner-Freunde, entzogen ihm das Vertrauen und forderten Saffe offen zu einer Reaktion auf. In Petitionen, Unterschriftenlisten und Newslettern fürchteten sie um die Zukunft des Verlags – und vor allem um ihre eigene: Büchner sei kein Blattmacher, stoße verdiente Journalisten vor den Kopf, wenn man ihn wirklich einmal brauche, sei er unauffindbar. Kaum eine Woche ohne böses Blut.

Blattmacher von außen gesucht

Allerdings hatten die Gesellschafter des „Spiegel“ deutlich gemacht, dass sie Büchner nur gehen lassen würden, wenn ein adäquater Nachfolger von außen zur Verfügung stünde. Bald kristallisierte sich heraus, dass begnadete Blattmacher weder in Hamburg noch im Rest der Republik frei und in enormer Anzahl herumlaufen. Die, die infrage kamen, zögerten oft: Sie sahen Büchner, sie sahen „Spiegel 3.0“ – und ihnen verging die Lust.

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