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Zurück in der Pathologie: Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, Mitte) liefert den Kommissaren Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) die genauen Tatumstände: Der Täter ist männlich und Rechtshänder. Szene aus dem "Tatort: Durchgedreht" am 21. August in der ARD.
© WDR

Niemals weniger Krimi im deutschen Fernsehen?: Sonst haben die Terroristen gewonnen!

Das Fernsehen und seine Zuschauer leben vom und für den Krimi. Das sollte sich ändern - zugunsten der Information über Terrorismus, Amoklauf, Integration

Sonst haben die Terroristen gewonnen. Das ist eine Perle aus dem Rosenkranz westlicher Überzeugungen. Das Weiter so funktioniert immer – und funktioniert immer auch im Fernsehen? Sicher doch. Wer sich die TV-Premieren der nächsten Zeit vor Augen führt, der erkennt schnell, was die Fiktion im deutschen Fernsehen bestimmen wird: Krimi, also Verbrechen, also Mord und Totschlag. Am 21. August startet die neue „Tatort“-Saison. Der Auftaktfall aus Köln, „Durchgedreht“, dekliniert einen Doppelmord in einer Reihenhaus-Siedlung durch. Das ZDF hält mit: 19. August: „Death in Paradise“; 22. August: „Bis dass der Tod sie scheidet“; 5. September: „Du sollst nicht töten“. Wie stets ist der Krimi im Programm auffällig platziert; niemals hätte das ZDF die Marktführerschaft ohne dieses Format am Vor-, Haupt- und Spätabend errungen.
Die Krimi-Passion der Zuschauer – das Fernsehen als Nachfragemedium füttert da nur den Bedarf – leitet sich nicht aus dem Blutrausch des Publikums, sondern aus dem verständlichem Wunsch nach Entspannung via Spannung ab. Die Show ist Unterhaltung ohne Gewalt, der Krimi ist Unterhaltung mit Gewalt.

Krimi fördert keine Gewalt, sondern Reinigung

Damit Klarheit im Leserrund herrscht: Es soll hier nicht der These gehuldigt werden, dass massenhaftes Krimi-Schauen reale physische Gewalt nach sich zieht, richtiger ist die These – um mal ganz oben einzusteigen – von der kathartischen Zuschauer-Reinigung durch den TV-Krimi. Man muss vor dem Fernseher schon bibbern dürfen, sonst..., na, Sie wissen schon.
Geht’s aber nicht doch ein bisschen anders im Programm? Information, Analyse und Aufklärung sind dringlicher denn je: Was lösen Amoklauf, Fanatismus, Terrorismus aus, was bringt Integration zum Gelingen, wann und wie wird aus dem Kontrollverlust des Einzelnen der Kontrollverlust der Vielen?
Schwierig ist die Antwort, so viel schwieriger als die fälligen Antworten im deutschen Fernsehkrimi. Hier wird nicht nach motivischer Komplexität gesucht, hier wird kausale Logik gefunden. Der Krimi lebt hauptsächlich für sein spezifisches Happyend: Der Täter wird gefasst, die Gerechtigkeit siegt.

Wer TV-Gewohnheiten ändert, der gewinnt

Der Krimi ist eine Fernsehfiktion. Er nimmt das höchste Maß an Wirklichheitsanleihen, um Glaubwürdigkeit zu beglaubigen. Eine Erfindung von Wirklichkeit, mal raffinierter, mal schlichter, bleibt er trotzdem. Die wirkliche Wirklichkeit ist er nicht. Ihr auszuweichen, das geht – siehe Krimi. Ein bisschen weniger davon im Programm, ein bisschen gedämpfter die Nachfrage im Publikum, ein wenig mehr Realität im Programm, ein wenig breiteres Informationsbedürfnis im Publikum – ist das pure Fiktion? Und zugleich Einknicken vor jenen, vor denen wir auf ganz gar keinen Fall einknicken dürfen? Der gewinnt, der Fernsehgewohnheiten ändert.

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