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Luxus und Service alter Schule. Im Schlosshotel Kronberg ist man stets um die wohlhabenden Gäste bemüht.
© rbb/EIKON Media/Andy Lehmann

ARD-Doku über Superreiche: So leben Deutschlands Milliardäre

Leben in der Parallelwelt: Filmemacher Florian Opitz hat sich für die ARD auf die Suche nach den scheuen Superreichen gemacht.

Von vielen gibt es nirgends öffentliche Fotos, manche ihrer Namen sind kaum bekannt. Deutschlands „sogenannte Superreiche“, den etwa 190 Milliardäre im Land, halten sich gern bedeckt. Sie protzen nicht zu sehr mit Yachten, Villen und Brillanten, wie etwa in Russland, China oder Amerika. Den milliardenschweren Unternehmern und ihren Geschäften auf den Fersen zu sein ist daher kein leichtes Geschäft. „Homestorys“ bekommt man von ihnen eher nicht, bedauert man in der Redaktion des „manager magazin“, das zum Spiegel-Verlag gehört und einmal im Jahr eine Rangliste der tausend Reichsten im Land erstellt, nach mühsamer Jagd auf ein scheues Wild. Sie fürchten vieles, vor allem die typisch deutsche „Neiddebatte“.

Wie bei Wallraff und Engelmann

So heftet sich denn der Filmemacher Florian Opitz behelfsweise an die Fersen dieser Redaktion, um als Beobachter der Beobachter seine ARD-Dokumentation über die „Superreichen“ zu drehen, als Teil der Reihe „Die Story im Ersten“. Das Ergebnis heißt „Ganz oben - Die diskrete Welt der Milliardäre“, in doppelter Anspielung auf „Ganz unten“, Günter Wallraffs berühmte Sozialreportage als Undercover-Türke von 1985, und auf seinen gemeinsam mit Bernt Engelmann 1973 publizierten Bestseller „Ihr da oben, wir da unten“. Damals hatte Wallraff das Prekariat besucht, Engelmann die Milliardäre. Jene haben sich, besonders seit der Finanzkrise von 2008, rasant vermehrt, während die Ärmeren ärmer wurden. Ein Prozent der Megareichen besitzt heute in Deutschland 25 Prozent des Vermögens, die Hälfte der Bevölkerung verfügt über gar kein Vermögen.

Beides wird also tendenziell breiter, die goldene Spitze der ökonomischen Pyramide und ihr prekärer Sockel aus Blech. Trägt so ein Bau? Was bedeutet er für die Statik einer Gesellschaft, für Demokratie und sozialen Zusammenhalt? Fragen wie diese scheinen das Filmteam um Opitz bei der Recherche geleitet zu haben. Herausgekommen ist weniger ein analytisches als vielmehr ein atmosphärisches Bild der Parallelwelt, in der sich die extrem Wohlhabenden aufhalten. Man sieht sie etwa in den teuren Logen von Hannover 96, wo sich der Hörgeräte-Milliardär Martin Kind mit Prominenten aus Wirtschaft, Sport und Showbusiness trifft, und wo auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder verkehrt. Filmreif ist das jährliche Reichen-Dinner des "manager magazin" im Schlosshotel Kronberg im Taunus. Zwischen Monumentalportraits historischer Adliger, brokatbesetzen Sesseln und feinen Speisen wird „bedingungsloses Unternehmertum“ gefeiert, wider „Mittelmäßigkeit“ und „Mutlosigkeit“.

Deutschland Großvermögende lieben es diskret

Deutschlands Großvermögende, lernen wir, sind in der Regel diskrete Erben, wie die Familien Reimann (Kaffee, Chemie, Kosmetik), Quandt und Klatten (BMW) oder Schaeffler (Autozulieferer u.a.), eher selten Selfmade-Leute wie die amerikanischen Erfinder von Facebook, Google, Snapchat, Apple und so fort. Zu ihrem Sherpa wählten die Rechercheure den Frankfurter Verwalter großer Familienvermögen, Christian Freiherr von Mauchenheim genannt Bechtolsheim, Nachfahre der Fugger, der seine Familie über 900 Jahre zurückverfolgen kann. Die Scheu gerade der deutschen Reichen, so der Freiherr, der Betriebswirtschaft und Psychologie studierte, verdankte sich unter anderem der Furcht davor, dass NS-Verstrickungen ihres Kapitals zum Thema würden. Erfahren äußert er sich über die Risiken, die großes Geld mit sich bringen: Angst vor Kriminellen, Stress, Erbstreitigkeiten.

Mit dem Begriff „Gerechtigkeit“, bekennt der Experte, tue er sich „wahnsinnig schwer“. Auskunft aus erster Hand geben in der Dokumentation engagierte Unternehmer wie Michael Otto, Mäzen und Erbe des Otto-Konzerns und Dirk Rossmann (Drogeriekette), ebenfalls spendabel. Doch wem sie was spenden, das wollen Reiche meist selber entscheiden. Mithin ist ihr Schreckgespenst die Forderung nach Umverteilung, nach höheren Vermögenssteuern im Sinn von Artikel 14 des Grundgesetzes wonach „Eigentum verpflichtet“. Personifiziert wird der Schreck gern durch die kompromisslose Sahra Wagenknecht. Ginge es nach Leuten wie ihr, geben sich die Vermögenden überzeugt, gäbe es bald weniger Arbeitsplätze. Jobs zu bieten, an der Vorstellung rüttelt keiner, sind der Trumpf der Steinreichen.

„Ganz oben - Die diskrete Welt der Milliardäre“, ARD, Montag um 23 Uhr

Caroline Fetscher

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