Deckwarm-dumme Bundesrepublik: So kuschelig wird's nie wieder
Angela Merkel, Petra Gerster, Dieter Bohlen, Claus Kleber, Jogi Löw treten 2021 ab. Damit endet die alte Bundesrepublik. Was kommt? Eine Glosse.
Was haben Petra Gerster, Angela Merkel, Dieter Bohlen, Claus Kleber und Jogi Löw gemein? Sie alle verabschieden im Laufe oder bis Ende des Jahres aus ihren Jobs, ob Bundeskanzlerin, Chefjuror, Moderatorin/Moderator oder Bundestrainer. Das sind nicht irgendwelche, das sind bedeutende Persönlichkeiten, die da abtreten.
Muss man von einer Zäsur sprechen? Vielleicht ist der Begriff – die CDU-Kanzlerin ausgenommen – zu hoch gegriffen, ein Einschnitt ins gewohnte öffentliche Macht- und Meinungsbild dieses Landes ist es allemal.
Es sind beileibe nicht nur die Abgänge und Rücktritte, es ist das sich ankündigende Ende der Dauerkoalitions-Regierung aus Union und SPD, insbesondere ist es die Pandemie, die ins Gewebe der Gesellschaft schneidet. Das System Bundesrepublik provoziert in zahlreichen Bereichen und Sektoren Fragezeichen: bei der Stabilität der Arbeitswelt, der Hierarchie einer Medienlandschaft aus Ansager und Empfänger, bei einem leistungsfähigen Gesundheitssystem, bei Bildungschancen, die fair sein müssen.
Gründlichkeit und Flexibilität
Für die einen waren und sind das Garanten des geregelten, absicherten Lebens, für andere nur die behäbige, einfallslose Verlängerung veralteter, überkommener Strukturen. Das Impfdebakel markiert den Rückstand bei der Digitalisierung und stellt die Überbürokratisierung fern aller Pragmatik bloß Schon geht die Rede vom Staats- und Politikversagen.
Die Bundeskanzlerin spricht mit Blick auf Impf und Schande von deutscher Gründlichkeit und deutscher Flexibilität, an der mäandernden Gründlichkeit kann kein Zweifel bestehen, beim Stichwort Flexibilität wird – Vorsicht, Risiko! – sofort auf Konter gespielt.
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Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, konstatiert, dass die Gewissheiten der „alten Bundesrepublik“ zu Ende gehen, „Gewissheiten, die wie Überhänge aus einer anderen Zeit unsere Vorstellung prägten.“ Die Selbstgewissheit vom besserwissenden und bessermachenden „Made in Germany“ war da inkludiert. Der BER wurde so als ein Betriebsunfall abgebucht und nicht als ein warnendes Symptom begriffen.
Tiefgreifende Veränderungen als Folge eines noch tiefgreifenderen Wandels stehen an. Was gesucht wird, was gesucht werden muss, sind neue Konstanten, sichtbar gemacht und begreifbar personalisiert in prägenden Nachfolgerinnen und Nachfolgern für Merkel & Co.
Bohlen wird durch Gendersternchen ersetzt
Mag sich jeder jetzt ein Tableau ausmalen: Christian Sievers kommt für Claus Kleber, Hansi Flick löst Jogi Löw ab, Dieter Bohlen wird durch ein Gendersternchen ersetzt, ins Kanzleramt zieht das Kompositum Armin Söder ein.
Könnte das jemand überzeugen, diese simple Logik nach dem Modell Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist das Mondgesicht? Da liegt weniger eine mitreißende Zukunftsvision drin als der klammheimliche Anschluss an Micky Beisenherz. „Ich will meine deckwarm-dumme BRD zurück!“, forderte der Comedian. Beisenherz ist erst 43, trotzdem schlägt da schon ein Panikherz. Und es schlägt nicht für sich allein.