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Lieblos wegmoderiert: Sonja Zietlow und Daniel Hartwich behandeln das Sommerdschungelcamp genauso beiläufig wie RTL selbst.
© Marius Becker/dpa
Update

Sommerdschungelcamp 2 bei RTL: Sinnloses Fernsehen, lustlos wegmoderiert

Willi Herren, Carsten Spengemann, Naddel: Vieles ist vollkommen egal. Die Lieblosigkeit, mit der RTL "Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein" behandelt, ist hingegen eine Frechheit - peinlich wie eine missglückte Provinzhochzeit. Und die Quote sinkt.

Ein erfolgreicher und talentierter Fernsehmacher erzählte mir einmal folgende Geschichte: Auf einem Treffen so genannter Kreativer verschiedener europäischer Sender unterhielt sich ein Engländer mit einem Deutschen. Der Engländer wollte von dem Deutschen wissen, was er denn so mache, und der Deutsche erzählte ihm, dass er sich Fernsehprogramme auf der ganzen Welt anschauen würde, um herauszufinden, welche Formate für den deutschen Markt funktionieren könnten.

Der Engländer hörte fassungslos zu und fragte schließlich: „Ja, aber was machst Du?“ Doch die Frage hat der Deutsche dann irgendwie nicht verstanden.

Irgendeiner von RTL hat vor über zehn Jahren die englische Originalversion von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ gesehen und entschieden, dass das in Deutschland auch ganz gut funktionieren könnte. Tatsächlich funktionierte das stellenweise: Die Quote war gut und einige Fernsehkritiker sahen in dem Format etwas funkeln und glitzern. Dieses Funkeln und Glitzern habe ich leider niemals gesehen, alle Kritiken, die ich bisher über „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ geschrieben haben, waren Verrisse.

Jetzt werde ich einen Verriss schreiben über „Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein“, denn diese Sommerausgabe des Dschungelcamps ist sinnloses Fernsehen auf allen Ebenen. Es ist vollkommen egal, dass am Samstag Willi Herren in ein wie auch immer geartetes Finale gewählt würde, in dem es dann darum geht, wer noch einmal im Januar in den australischen Dschungel mitfliegen darf.

Es ist auch vollkommen egal, dass Carsten Spengemann und eine Frau, die als Naddel bekannt ist, nicht in dieses Finale gewählt wurden. Es ist sogar egal, dass das meiste Geld an dieser Show der Flug von Doktor Bob von Australien nach Deutschland gekostet haben dürfte. Und es ist egal, dass man sich als Zuschauer fast zwei Stunden durch die Sendung gelangweilt hat.

Ein notdürftig zusammengeklopptes Konzept in Baumarktkulisse

Was allerdings nicht egal ist, sondern eine Frechheit, ist die Lieblosigkeit, mit der RTL dieses Format wegsendet. Denn während das Original aus Australien technisch sauber gemacht wird, sieht die Sommerausgabe aus, als ob Oliver Geißen die Zuschauer zu einer alten Ulla-Kock-am-Brinck-Show begrüßt. Die Sendung ist ein notdürftig zusammengeklopptes Konzept in Baumarktkulisse, lustlos wegmoderiert von Sonja Zietlow, die wahrscheinlich ähnlich wie Naddel froh ist, dass sie im Sommer was zu tun hat, und von Daniel Hartwich, der Selbstironie mit Selbsthass verwechselt und so das perfekte RTL-Gesicht ist.

Der Sender hat schon vor einiger Zeit damit begonnen, dem Fernsehen jede Schönheit und Würde zu nehmen – mit diesem Format ist RTL dem Ziel sehr, sehr nahe gekommen. „Ich bin ein Star, lasst mich wieder rein“ ist nicht einfach nur schlechtes Fernsehen – es ist eigentlich gar kein Fernsehen mehr. Unterhaltung, Spannung, Witz, Erkenntnisgewinn – all das findet nicht statt.

Die Sendung erinnert an eine furchtbar peinliche, missglückte Provinzhochzeit, bei der die Trauzeugen (Zietlow und Hartwich) den Gästen (uns Zuschauern) die schlimmsten Szenen (zweites Dschungelcamp, 2004) des Brautpaares (Naddel, Spengemann, Herren) zeigen, dünne Witzchen (Moderation) reißen, und Spiele spielen lassen (Quiz), auf die niemand Lust hat.

Man würde gerne einen Verantwortlichen von RTL fragen, warum die das alles machen. Aber wahrscheinlich würde er die Frage nicht verstehen.

Zum Auftakt am späten Freitagabend hatte die RTL-Show noch 3,03 Millionen Zuschauer erreicht, was für den sommerlichen Sendeplatz ein gutes Ergebnis ist. Bei der zweiten Ausgabe am Samstag sackte dieser Wert auf 2,08 Millionen ab. Daran könnte allerdings auch die Fußballübertragung im ZDF ihren Anteil gehabt haben.

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