Hate Speech im Netz: Shapira konfrontiert Twitter mit Hass-Tweets
Protest gegen ungenügende Löschpraxis: Der Berliner Künstler Shahak Shapira sprüht Hass-Kommentare vor die Twitter-Zentrale in Hamburg.
Eine Sprühaktion des Berliner Künstlers Shahak Shapira vor der deutschen Twitter-Zentrale in Hamburg hat die Diskussion um den Umgang mit Hass-Kommentaren im Netz neu angefacht. Während Shapira für seine Idee in sozialen Medien viel Aufmerksamkeit und Zuspruch bekam, warfen ihm Kritiker „unerlaubtes Graffiti“ und Vandalismus vor. Am Montag hatte sich Shapira in einem Tweet als Urheber der Aktion vorgestellt, bei der zahlreiche originale Hasskommentare aus dem Kurznachrichtendienst samt Nutzernamen auf den Boden vor dem Twitter-Büro gesprüht wurden. Shapiras Aktion richtet sich gegen die aus seiner Sicht ungenügende Löschpraxis des Unternehmens. . „Ich habe in den letzten sechs Monaten circa 450 Hasskommentare gemeldet, bei Facebook und auf Twitter“, sagte der Satiriker in einem YouTube-Video. „Die Aussagen, die ich gemeldet habe, waren keine Beleidigungen oder satirische Aussagen, sondern absolut ernst gemeinte Gewaltandrohungen, Homophobie, Ausländerfeindlichkeit oder Holocaustleugnungen. Dinge, die niemand sagen sollte. Dinge, die niemand lesen sollte. “
Bei Facebook habe er insgesamt 150 Kommentare gemeldet, von denen 80 Prozent innerhalb von einem bis drei Tagen entfernt wurden. Bei Twitter hingegen habe er innerhalb von sechs Monaten auf über 300 Meldungen gerade einmal neun Antworten bekommen, die allesamt besagten, dass kein Verstoß gegen die Twitter-Regeln vorliege. Zwar seien vereinzelt ein paar Tweets entfernt worden, doch der Künstler sei darüber von Twitter nicht in Kenntnis gesetzt worden.
Twitter schweigt
.
Die mit einer offenbar wasserlöslichen Substanz gesprühten Kommentare auf deutsch und englisch waren schnell wieder entfernt worden. Twitter reagierte zurückhaltend: Aus Datenschutz- und Sicherheitsgründen äußere man sich nicht zu einzelnen Nutzeraccounts. In Bezug auf die in der Graffiti-Aktion zitierten Sprüche erinnerte Twitter an die Bestimmungen und Möglichkeiten, solche Inhalte zu melden. „Nutzer können diese Accounts auch stumm schalten und blockieren“, hieß es zudem.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verwies bei dem Kurznachrichtendienst auf die Aktion des Künstlers mit der Bemerkung, Twitter lösche nur ein Prozent der von seinen Nutzern gemeldeten Hasskriminalität. „Das reicht nicht.“ Maas stand hinter einem im Sommer angenommenen Gesetz, dass Internet-Plattformen verpflichtet, Hassrede schneller zu löschen. In klaren Fällen soll das binnen 24 Stunden passieren, bei weniger eindeutigen Sachverhalten innerhalb einer Woche. Kritiker - auch aus der Internet-Branche - bemängeln unter anderem, dass damit die Unternehmen eine Deutungshoheit bekämen. Außerdem gebe es die Gefahr, dass mehr gelöscht werde als nötig, um vor nach dem Gesetz drohenden Geldstrafen sicher zu sein. Maas konterte, es solle nur entfernt werden, was illegal sei - und die Firmen hätten ein wirtschaftliches Interesse, mehr Inhalte auf der Plattform zu haben.
(mit dpa)
Joachim Huber
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