Neues TV-Promi-Magazin: Sehnsucht nach der V.I.P.-Schaukel
Sat 1 bringt mit „Gossip“ mehr Klatsch und Tratsch auf den gerüchtesatten Fernsehmarkt. Braucht noch eine Sendung über Gerüchte und Stars?
Promi-News wie die Trennung von Katharina und Prinz Mario-Max zu Schaumburg-Lippe oder Gerüchte um die erneute Schwangerschaft von Michelle Hunziker wären maßgeschneiderte Themen für das Abendprogramm von Sat 1 im September. In zwei Wochen testet der Sender vier Folgen des neuen Entertainment-Magazins „Gossip“, immer mittwochs um 22 Uhr 15. Doch braucht es wirklich noch eine Klatsch-Sendung im Fernsehen? Und kann sich „Gossip“ von Konkurrenten wie „Exclusiv“ (RTL) oder „red!“ (ProSieben) abheben?
Schon in den vergangenen Jahren versuchte es Sat 1 mit Boulevard-Magazinen wie „Stars und Stories“ (2009) oder „pin“ (2012), kassierte damit aber eher schwache Quoten. „Gossip“ soll anders sein, sagte Sendesprecherin Diana Schardt dem Tagesspiegel. „Die Moderatoren sind Hosts, die nach amerikanischem Vorbild an einem News-Tisch sitzen und sich im pointierten Meinungsdialog über die aktuelle Promi-Woche austauschen.“ Heißt so viel wie: keine bloße Anmoderation von Video-Berichten über Promi-News, wie es meist bei anderen Formaten der Fall ist, sondern eine direkte Haltung dazu von den Moderatoren. Die ehrliche Meinung liefern Julia Josten, die zuletzt als Nachrichtensprecherin bei „Sky Sport News HD“ tätig war, und Florian Ambrosius, der bei Super RTL Kindersendungen moderierte. Die eher namenlose Besetzung könnte zur Hürde für gute Quoten und eine Fangemeinde der neuen Sendung werden. Denn es ist schwer, gegen bekannte Moderatorinnen wie Frauke Ludowig von „Exclusiv“ oder Annemarie Carpendale von „red!“ anzukommen. Auch Mareile Höppner ist als Gastgeberin von „Brisant“, dem ARD-Boulevard-Magazin, beliebt.
"Ohne Häme, aber mit Haltung" soll den Zuschauer locken
Das Konzept von „Gossip“ soll sich aber von den anderen unterscheiden. „Ohne Häme, aber mit Haltung“ sollen Josten und Ambrosius die neuesten Bilder und Gerüchte aus der Promiwelt diskutieren. Bei „red!“ oder „Exclusiv“ steht die Moderatorin im virtuellen Studio und versucht in zwei Sätzen den nächsten Clip für die Zuschauer schmackhaft zu machen. Oder ihnen das Gerücht als so wahr wie möglich zu verkaufen. Doch alle Magazine greifen auf den gleichen Themen-Pool zurück. Ein Charity-Event in Leipzig wird da schon mal zum großen Lückenfüller für „Exclusiv“. Die Reporterin kann dem dort anwesenden Lothar Matthäus zwar nichts zu seiner angeblichen Image-Aufbesserung entlocken. Deshalb greift „Exclusiv“ kurzerhand auf olle Kamellen und Archiv-Bilder zurück. Die Vox-Sendung „Prominent“ um 20 Uhr verwurstet Matthäus gleich in den Top 5 der Image-Wandel. Und wenn gar nichts mehr aus deutschen Stars herauszukriegen ist, geht es nach Hollywood. Hauptsache Emotionen, wie bei den MTV Video Music Awards. Nach ihrem Auftritt bekommt Sängerin Beyoncé Bühnenbesuch von Mann Jay-Z sowie ihrer kleinen Tochter und drückt damit auf die Tränendrüse – auch um den Gerüchten einer Ehekrise zu entkommen, vermutet „Exclusiv“.
Die Themen sind also sicher, doch mit den Quoten könnte es für „Gossip“ schwierig werden. Sat1-Promi-Formate wie „pin“ schafften es selten über zehn Prozent Marktanteil. Bei den Konkurrenz-Formaten trifft „Gossip“ auf durchschnittliche 15,3 Prozent (1,5 Millionen Zuschauer) des RTL-Starmagazins „Exclusiv“, „red!“ auf ProSieben schauen im Durchschnitt 1,1 Millionen Zuschauer der 14- bis 59-jährigen. Außerdem muss das neue Sat-1-Format parallel zu „Stern TV“ auf RTL um 22 Uhr 15 antreten. Im Gegensatz zu anderen Promi-Magazinen geben bei „Gossip“ jedenfalls keine Society-Experten oder C–Promis ihre Meinung ab, sondern die Moderatoren selbst. „Sie gehen sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Sicht der Dinge ein“, sagt Sat-1-Sprecherin Schardt.
Star-Nachrichten aus Facebook und Twitter füllen die Sendung
Moderatorin Josten freut sich, dass „Sat 1 die Courage hat, das Thema Promis mal etwas anders ins Programm zu rücken“, meint aber auch: „Wir lieben Promis. Und wenn man jemanden liebt, darf man auch ehrlich sein – und zwar in jede Richtung.“ Und wie verkauft man die Gerüchte den Zuschauern am besten? „Mit ordentlich Schmackes und guter Laune“, lautet Jostens Devise. Sie sei dabei weniger Taktikerin, sondern eher ein „Sponti“. Spontan wird auch auf Ereignisse in den sozialen Netzwerken eingegangen. Oft machen Tweets, Posts und Schlagzeilen aus Facebook oder Twitter die Klatsch-Sendungen aus. Das ist aber auch ein Mittel, um die Produktion billig zu halten. Wenn Lady Gaga ihr Video zur Ice Bucket Challenge bei Facebook veröffentlicht, müssen die Redaktionen keine Story suchen oder für Agenturmaterial bezahlen.
Mit der guten, alten „V.I.P.-Schaukel“, jener legendären ZDF-Reihe aus den 1970er Jahren mit Berichten von der High-Society-Prominenz aus aller Welt, interviewt von der Journalistin Margret Dünser, haben all diese neuen Formate eh’ nicht mehr viel zu tun. In der „V.I.P.-Schaukel“ hätten Katharina und Prinz Mario-Max zu Schaumburg-Lippe wohl niemals Sendeplatz bekommen.
Lisa Fritsch
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