Fortsetzung der Netflix-Serie „The Crown“: Schicksalsjahre für Land und Krone
Lady Diana und Camilla Parker Bowles, die Queen und Maggie Thatcher: Die Netflix-Serie „The Crown“ erreicht die späten 70er Jahre.
Bezeichnender als mit einer Einladung ins Londoner Edel-Restaurant „Ménage a trois“ kann eine Frau ihren Anspruch auf einen Mann gegenüber ihrer Nachfolgerin kaum ausdrücken. Auch sonst macht Camilla Parker-Bowles (Emerald Fennell) gegenüber der jungen Diana Spencer (Emma Corrin) keinen Hehl daraus, wie nah sie und Prinz Charles (Josh O’Connor), sich immer noch stehen.
„Wir sprechen fast täglich“, vertraut sie Charles Verlobter an, als die sich wundert, warum die Ex auch jetzt noch fast alles über die Gewohnheiten des ältesten Sohnes von Königin Elisabeth weiß – und sie so gut wie nichts.
Am Ende des Treffens schlägt Diana vor, die Rechnung zu teilen. „Fürs Teilen bin ich zu haben“, erwidert Camilla. Mehr gibt es dazu kaum zu sagen. Über der Beziehung von Charles und Diana lag von vornherein ein dunkler Schatten, in dieser Erzählung bleibt die vierte Staffel der Netflix-Serie „The Crown“ dicht bei dem, was Diana nach ihrer Scheidung vom englischen Thronfolger preisgab.
Die ersten Staffeln wurden nach Netflix-Angaben in 73 Millionen Haushalten weltweit gesehen.
Mit jeder Staffel nahm die Beliebtheit der Serie dabei weiter zu. Im November gehört „The Crown“ zu den interessantesten Serienstarts. Mit der neuerlichen Fortsetzung, die zeitlich zwischen 1977 und 1990 ansiedelt ist, gelangt die Serie nun zu den dunkelsten Kapiteln der Königsfamilie. Lady Di, die Windsors und Königin Elisabeths fehlende Trauerfähigkeit nach dem Tod der „Königin der Herzen“ im Jahr 1997 stürzten die britische Monarchie in die schwerste Krise der Nachkriegszeit.
Doch zurück zum Anfang. Es muss nicht immer die Konkurrenz um einen Mann sein, die zwei Frauen trennt. Auch die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten kann eine unüberbrückbare Kluft darstellen. Margaret Thatcher, die ab 1979 als ultra-konservative Premierministerin Großbritannien von Grund auf umkrempelte und sich dabei mit den mächtigen Gewerkschaften anlegte, besteht zum Beispiel den Balmoral-Test nicht.
Der Balmoral-Test
Die Königin lädt gerne ins schottische Familienschloss ein. Manche Gäste würden am liebsten dort einziehen, Maggie Thatcher und ihr Mann Denis können es hingegen gar nicht abwarten, die versnobte Königsfamilie mit ihrem Jagdspleen noch vor Ende des Wochenendes zu verlassen. Gillian Anderson („Akte X“) in der Rolle der Eisernen Lady ist allerdings gewöhnungsbedürftig, zumal sie verhärmter gezeichnet wird als die reale Tories-Politikerin.
Dabei verlief die erste Begegnung noch vergleichsweise gut: Königin Elisabeth (Olivia Colman) machte sich einen Spaß daraus, die Besetzung des neuen Kabinetts zu erraten. Das macht sie ausgezeichnet, auch in einer anderen Sache hatte sie recht: Thatcher hat keine andere Frau in die Ministerrunde berufen. Ihre Begründung: Frauen sind zu emotional. Da müsse sie sich bei ihr keine Sorgen machen, erwidert die Queen trocken.
Der vierten Staffel von „The Crown“ fehlt es hingegen nicht an Emotionen. Nicht nur wegen der Probleme zwischen Prinz Charles und Lady Diana ist die Fortsetzung hochdramatisch, ja sogar explosiv. Dafür sorgt unter anderem die Irish Republican Army, die in ihrem Kampf gegen die Krone auch vor unschuldigen Opfern nicht halt macht.
Mit ihrer Mischung aus Fakten und fiktiver Erzählung trägt die Netflix-Serie indes mehr dazu bei, nachvollziehbare Erklärungen für das Verhalten der Queen, aber auch ihres Sohnes Charles zu finden, als es die zahllosen Dokumentationen über das britische Königshaus vermögen. Eine Serie wie „The Crown“ – von der inzwischen auch eine sechste Staffel bestätigt wurde – hat die Zeit und die finanziellen Mittel (allein Staffel eins soll 80 Millionen Dollar gekostet haben), Entwicklungen in ganz anderem Tempo und mit viel größerer Tiefe aufzuzeigen.
Krisen und Skandale
Mit Peter Morgan, der auch das Drehbuch zu „The Queen“ mit Helen Mirren geschrieben hat, steht zudem ein Showrunner hinter „The Crown“, der die Krisen eines Landes und die royalen Skandale in eine ebenso unterhaltsame wie bewegende Fernsehserie übersetzen kann. So wird bereits in der dritten Staffel angedeutet, wie schwer der Königin etwas so natürliches wie Trauern fällt.
1966 ereignet sich in Aberfan ein Bergwerksunglück, das 144 Todesopfer forderte, darunter 114 Kinder. Erst nach einer Woche und auf Drängen von Ehemann und Premierminister besuchte Elisabeth den Unglücksort. Was der Serie zufolge nicht allein daran liegt, dass die Queen grundsätzlich nicht zu Gefühlsausbrüchen neigt, sondern auch daran, wie sie ihre Aufgabe versteht. Die Krone mache so etwas nicht, begründete sie ihre Zurückhaltung.
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Die vierte Staffel von „The Crown“, das sind vor allem viele mehr oder minder starke Frauen, angefangen bei der Königin und Maggie Thatcher über Prinzessin Diana und Camilla Parker Bowles bis hin zu Elisabeths Schwester Margaret (Helena Bonham Carter) und Prinzessin Anne (Erin Doherty).
Zwischen Murren und Hadern
Die Männer kommen in Übereinstimmung mit der inzwischen gängigen Narration eher schlecht weg. Josh O’Connor verkörpert den mürrischen Zauderer Charles immerhin auf geniale Weise. Und auch Tobias Menzies überzeugt erneut in der Rolle des Duke of Edinburgh. Mit seinem Platz direkt hinter der Königin hat sich Prinz Philip zwar abgefunden, doch auch dieses Mal gibt es Gründe zum Hadern. Netflix bewirbt die neue Staffel damit, dass aus solchen Geschichten Märchen gemacht sind.
Doch so märchenhaft, dass ein Paar wie Charles und Diana noch heute zusammenlebt, wenn sie nicht gestorben sind, ist gerade diese Staffel nicht. Statt ewiger Brautkleid-Romantik und einer „Plötzlich Prinzessin“-Geschichte durchleiden die Zuschauer zusammen mit Diana – bezaubernd: Emma Corrin – zahlreiche schmerzliche Zurückweisungen und bedrückende Bulimie-Szenen.
Bis zur fünften Staffel – dann mit Imelda Staunton (Harry-Potter-Gegenspielerin Dolores Umbridge) als Königin Elisabeth – müssen die Fans von „The Crown“ allerdings viel Geduld haben. Sie soll erst 2022 erscheinen. Immerhin ist es doch nicht die letzte, die finale sechste Staffel folgt ein Jahr später.