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Minister trifft "Bild"-Chef: Rösler und Diekmann auf Kuschelkurs

Kalifornische Gepflogenheiten: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und "Bild"-Chef Kai Diekmann kommen sich im Silicon Valley näher. Die Frage bleibt: Wie nah dürfen sich Politik und Medien kommen?

Der Satz kann als Feststellung gelesen werden. Oder als Drohung: Wer mit der „Bild“ „im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten“.
So sagte es einmal Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender des Axel Springer Verlags, in dem die Boulevardzeitung erscheint, und nicht nur Ex-Bundespräsident Christian Wulff dürfte inzwischen wissen, was er damit gemeint hat. Nun ist Philipp Rösler (FDP) in den Aufzug gestiegen. Die „Bild“-Zeitung nennt den Bundeswirtschaftsminister „Mr. Cool“, nach dem Parteitag im Februar jubelte sie: „So souverän hat in der Politik schon lange keiner mehr auf fiese Attacken reagiert...cool, cooler, Rösler“. Wie innig die Beziehung zwischen dem FDP-Vorsitzenden und der „Bild“ offensichtlich ist, konnte diese Woche sogar im fernen Kalifornien beobachtet werden, wo Rösler durchs Silicon Valley tourt und dabei auch „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann traf, der dort seit einigen Monaten nach digitalen Innovationen für seinen Verlag forscht. Herzlich fielen sich die beiden Machtmänner bei ihrer Begegnung in die Arme, wie beste Freunde, die sich über ihr lang ersehntes Wiedersehen freuen – wohlwissend, dass Fotografen in nächster Nähe sind.

Es ist ein Bild, das viel aussagt über das Nähe-Distanz-Verhältnis zwischen Rösler und der Boulevardzeitung. Der Vizekanzler lässt sich hier von ihrem Chefredakteur wortwörtlich fest in den Griff nehmen. Fühlt sich Rösler zu Dank verpflichtet angesichts der positiven „Mr. Cool“-Schlagzeilen? Will er in aller Öffentlichkeit ein freundschaftliches Verhältnis zu Diekmann demonstrieren? Und wie wird Rösler reagieren, wenn sich diese Zuneigung in ihr Gegenteil verkehrt? Als sich Christian Wulff von Diekmann, mit dem er doch einst so nett gefrühstückt hatte, offenkundig fallen gelassen fühlte, sprach er ihm drohend auf die Mailbox seines Mobiltelefons. Für ihn und seine Frau Bettina sei „der Rubikon“ nun überschritten, sagte Wulff. Er sprach von „Krieg führen“. Es war der Anfang seines politischen Endes.

Welche Botschaft wollen Philipp Rösler und Kai Diekmann mit dem Bild transportieren?

Doch auch Diekmann muss sich fragen, welche Botschaft das Bild transportiert. Der Chefredakteur scheut hier nicht die kumpelhaft wirkende Annäherung zu dem Politiker, über den seine Zeitung doch objektiv berichten soll. Aber wie weit ist das möglich, wenn sich die beiden in den Armen liegen? Diekmann geht nach der Umarmung in die Offensive. Wenn er zurück in Deutschland sei, werde er das überall und mit jedem machen, verkündete er über den Kurznachrichtendienst Twitter. Es sollte ein Witz sein. Doch dem Ernst des Bildes nimmt er nichts.

Inzwischen gibt es zu dem Foto im Internet einen Tumblr-Blog. Unter der Überschrift „Philipp Roesler Worshipping Evil“, Philipp Rösler verehrt das Böse, sind verschiedene Variationen zu sehen. Diekmanns Kopf wurde ersetzt durch den von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß, Nordkoreas Diktator Kim Jong Un und den „Das Schweigen der Lämmer“-Schreck Hannibal Lecter, der Minister fällt ihnen allen um den Hals. Das war es wahrscheinlich nicht, was Rösler mit dem Bild erreichen wollte – falls er sich überhaupt etwas dabei gedacht hat.
Ohnehin sind die Bilder, die er aus Kalifornien liefert, nicht die gelungensten. In der Twitter-Zentrale lässt er sich beim Sandsäckchen-Werfen fotografieren, was wohl als Hommage an das Kinderspiel in Hightech-Zeiten verstanden werden muss. Im Kreis von Managern deutscher Start-ups und IT-Firmen geht er vor der Kulisse der Golden-Gate-Brücke joggen, natürlich immer vorne weg, mit hautengem Oberteil, einem iPhone in der Jogginghose und Kopfhörern im Ohr. Was dynamisch wirken soll, kommt als schlichte Inszenierung rüber.
Dabei dürfte Rösler wie auch andere Spitzenpolitiker sehr wohl um die Macht wissen, die Bilder entfalten können. Im Wahljahr 2013 werden Leser und Zuschauer zahlreiche Kompositionen präsentiert bekommen, die das Image fördern sollen. Doch zeigt Röslers Beispiel, wie schnell sich ein Bild in sein Gegenteil verkehren kann. „Mr. Cool“ dürfte sich wohl an das Umarmungsfoto erinnern, falls er eines Tages im „Bild“-Aufzug nach unten fährt.

Sonja Pohlmann

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