1000mal „Schloss Einstein“: Relativ normal
1000 mal „Schloss Einstein“: Warum die Geschichten rund um Schule und Internatsleben so beliebt sind. Besseres Kinderfernsehen gibt es nicht.
Dass Corona alles bestimmt, dürften notorische Fans von „Schloss Einstein“ mitbekommen haben, auch wenn die Pandemie in der Kinderserie nicht thematisiert wird. Normalerweise gibt es fünf Küsse pro Staffel, in der aktuellen Staffel war, bei genauem Hinsehen, kein Kuss echt. Solcher Körperkontakt zwischen den Darstellern war wegen der Corona-Auflagen beim Dreh tabu, erzählte Autorin Dana Bechtle-Bechtinger der dpa über die Arbeiten an den laufenden Folgen der Serie, die weltweit als längste fiktionale Fernsehserie mit Kindern für Kinder gilt.
Mit der 1000. Folge am Freitag auf Kika geht die 24. Staffel „Schloss Einstein“ zu Ende. Und die Lust auf Schul-Geschichten wächst, wenn man seine Freunde nur noch vom Zoom-Call kennt. Es gibt ja nicht nur Küsse im „Schloss Einstein“. Im Mittelpunkt stehen Jugendliche aus den Klassen sechs bis zehn des Albert-Einstein-Internats in Mitteldeutschland. Mit Beginn der elften Staffel wurde der Drehort vom fiktiven Seelitz nahe Potsdam nach Erfurt in das KinderMedienZentrum verlegt.
Keine Erwachsenen dabei? Super! Das hört man öfters, wenn nach der Beliebtheit der Serie gefragt wird. Wenige Erwachsene treten höchstens als Ratgeber auf. Die Schüler schlagen sich mit typischen Problemen herum: Noten, Pubertät, Freundschaft, Neid, Alkoholmissbrauch, Berufsträume, Intrigen der Mitschüler, aber auch Rechtsradikalismus, Umgang mit Geflüchteten, Cybermobbing, die Akzeptanz von Diversität.
Man schätzt sich nicht unbedingt, muss jedoch miteinander auskommen
Es gibt ein lesbisches Paar, der neue Direktor Herr Chung ist schwul, mit einem Mann verheiratet und hat einen Migrationshintergrund. Das alles ohne belehrenden Zeigefinger. Die Kids haben Spaß an Streichen. Besonders reizvoll dabei der Zwist zwischen Internatsschülern und Dorfkindern („Schloss Einstein“, Kika, Donnerstag, 14 Uhr 35, Folge 999).
Man schätzt sich nicht unbedingt, muss jedoch miteinander auskommen. Wichtig sind Kompromissbereitschaft und Toleranz. Und das schon auch mit einem eskapistischer Ansatz: Es soll in eine andere Welt entführt und Hoffnung aufgezeigt werden.
„Alles ist, alles ist relativ normal. Selbst Einstein hatte nur ’ne Vier in Mathe und war später mal total genial....“ Das Titellied von „Schloss Einstein“ können Generationen mitsingen. Start war am 4. September 1998 . Da war Kohl noch Kanzler. Heute gucken Menschen die Serie mit ihren Kindern, die sie damals selbst schon gesehen haben. „Seit über 20 Jahren treffen diese Geschichten den Nerv der Kinder und Jugendlichen, weil die Macher die Probleme der Heranwachsenden ernst nehmen und mit viel Empathie darstellen“, so MDR-Intendantin Karola Wille. Für diese Serie ist dem Mitteldeutschen Rundfunk tatsächlich manch’ Sachsenklinik zu verzeihen.
Eine Ende ist nicht in Sicht. Die Vorbereitungen für die 25. Staffel laufen auf Hochtouren. Über 2 300 Kinder und Jugendliche hatten sich für das E-Casting angemeldet. Im Juni soll der neue Dreh beginnen, dabei wohl wieder mit Corona-Regeln. Alles bleibt also – relativ normal.
Markus Ehrenberg