Mehr Alarm machen: RBB-Magazin eröffnet BER-Flughafen
Überraschend, schräg, kantig – so sieht der RBB nicht nur die neue „Abendshow“. Das neue Berlin-Magazin soll nun sogar den Flughafen BER eröffnen.
Britta Steffenhagen und Marco Seiffert, die Moderatoren des neuen RBB-Magazins „Abendshow“ waren am Dienstagmorgen über die Offenheit Jan Schulte-Kellinghaus nicht ganz so glücklich. Der RBB-Programmchef hatte die neue Sendung, die am 7. September erstmals im Hauptabendprogramm des RBB-Fernsehens zu sehen sein wird, als Mischung aus „Stern TV“ und „Extra 3“ und somit als Kombination von unterhaltsamer Information und bissiger TV-Satire beschrieben. Marco Seiffert, bekannt durch die Radioeins-Frühsendung „Der schöne Morgen“, hält jedoch nichts von solchen Vergleichen, weil es so etwas im deutschen Fernsehen noch nicht gegeben habe. „Wir wollen einen anderen, schrägeren Umgang mit den Themen finden als die ,Abendschau‘, aber stehen nicht in Konkurrenz zu ihr.“
Überraschend, schräg, kantig – ein frisches Berlin-Magazin, das Themen frech bis spöttisch angeht, mit Retro-Charme in der Studio-Deko mitsamt Moderationstisch der ersten „Abendschau“, so bewirbt der Sender selbst die „Abendshow“, die mit einer gehörigen Portion Selbstironie für Jan Schulte-Kellinghaus möglicherweise das größte Wagnis der Programmreform ist. „Es ist gut, wenn man sich nicht so ernst nimmt“, übersetzt Britta Steffenhagen – wie Seiffert ebenfalls Moderatorin der RBB-Welle Radioeins und zugleich Schauspielerin, Kabarettistin („Rixdorfer Perlen“) und Synchronsprecherin – diese Zielsetzung. Sie möchte ein Programm, das auch ihren Urgroßvater anspricht. „Soll ich nun lachen oder weinen? Realsatire ist oft das Leben und macht zudem die Region aus“, sagte Steffenhagen. Die erste Sendung – die „Abendshow“ ist ein Live-Format – findet übrigens nicht im neuen Studio statt, sondern am BER. „Wir eröffnen den Flughafen quasi“, sagte Seiffert.
Zweite Phase der Programmreform
Mit der „Abendshow“ und dem ebenfalls neuen Format „Erlebnis Geschichte“ mit Urs Rechn, das am 5. September auf Sendung geht, beginnt nach den Worten von Intendantin Patricia Schlesinger die zweite Phase der Programmreform. Im Frühjahr hatte der öffentlich-rechtliche Sender bereits das neue Verbrauchermagazin „Super.Markt“ und das überarbeitete Kriminalmagazin „Täter-Opfer-Polizei“ gestartet. Noch in der Pipeline befindet sich ein neues Wissens-Magazin, das im November den Betrieb aufnehmen könnte.
Die Gesamtkosten für die Reform des RBB-Fernsehens belaufen sich auf zehn Millionen Euro. Der Großteil wird durch die Umstellung des Programms inklusive einiger „schmerzhafter Sendungseinstellungen“ erwirtschaftet, der Rest stammt aus Mehreinnahmen des Rundfunkbeitrages. Ein Teil des Geldes wird in eine großangelegte Kampagne gesteckt. „Bloß nicht langweilen“, lautet der Claim. Die von einer Werbeagentur erstellten Motive zeugen immerhin von einer Selbstironie, die viele dem RBB nicht zugetraut hätten. Dass die dominierende Farbe Rot in Wahlkampfzeiten falsch verstanden werden könnte, diese Sorge hat Intendantin Schlesinger nicht. Auch die Sparkasse oder die Funkausstellung machten damit auf sich aufmerksam, hält sie dagegen. Oder wie die Marketing-Abteilung des Senders meint: „Ruhig mal etwas mehr Alarm machen!“ Manche Neuerungen, wie das geänderte RBB-Logo, sind erst auf den zweiten Blick erkennbar. Eine Abschrägung auf der rechten Seite soll dafür stehen, dass der Sender kantiger, offensiver sein möchte.
Eine eigene RBB-Serie
Die Pläne des RBB sind ehrgeizig. Martina Zöllner, die neue Leiterin der Hauptabteilung Dokumentation und Fiktion, hat derzeit mehrere Angebote für eine Berlin-Serie auf dem Tisch liegen. Bis diese ins Programm kommt, wird es allerdings voraussichtlich bis 2019 dauern. Aber auch in Richtung ARD will der RBB mehr beisteuern, um dort stärker wahrgenommen zu werden. Vom nächsten Jahr an wird das ARD-„Mittagsmagazin“ aus Berlin kommen. Schlesinger sieht das Magazin als klare Nachrichtensendung „ohne Chi-Chi“.
Auch sonst will der Sender – inzwischen im Quotenvergleich der Dritten Programme nicht mehr an letzter Stelle – in der ARD stärker sichtbar werden, unter anderem durch die Zulieferung für den Mittwochsfilm oder durch einen RBB-Mehrteiler. Über allem jedoch steht für Schulte-Kellinghaus der Anspruch: „Wir wollen mit gutem Gewissen sagen können, dass wir ein aktuelles Fernsehen machen mit Themen, die die Zuschauer in Berlin und Brandenburg angehen. Und wenn diese etwas anderes sehen wollen, dann versuchen wir etwas Neues“.