Premiere am BER: RBB-Magazin "Abendshow" hebt erfolgreich ab
Britta Steffenhagen und Marco Seiffert liefern eine gelungene Premiere der RBB-"Abendshow" ab - auch wenn manche Themen zu ernst für Satire sind. Und der BER-Chef verrät ein persönliches Geheimnis.
Marco Seiffert kann zufrieden sein und für Britta Steffenhagen ist es gleich zweimal ein glücklicher Tag. Die beiden Moderatoren des neuen RBB-Magazins „Abendshow“ absolvierten die Premierensendung am Donnerstagabend mit Bravour, Britta Steffenhagen erfuhr zudem nur kurze Zeit nach der Live-Sendung, dass ihre „RadioEins Radio Show“ an diesem Abend in Hamburg auch noch mit einem Radiopreis ausgezeichnet wurde. Dabei hatten die Macher der „Abendshow“ noch kurz vor der Sendung gescherzt, dass schon der erste Gag – das symbolische Durchschneiden des Eröffnungsbandes – schief gehen könnte. Doch der Sender hat wirklich alles dafür getan, dass dies nicht passiert, nicht nur durch eine scharfe Schere. Das TV-Publikum blieb allerdings abwartend: Mit 110 000 Zuschauern und einem Marktanteil von 5,1 Prozent liegt die Premierensendung unter dem Senderschnitt. „Die Zuschauerzahlen sind noch nicht spektakulär, aber ausbaufähig“, kommentierte RBB-Programmchef Jan Schulte-Kellinghaus die Zahlen.
Die „Abendshow“, sie soll mit ihrer Mischung aus Politik und Satire die neue Vorzeige-Show des Senders sein. Ein relevantes, aber zugleich lässiges Metropolenmagazin mit viel Selbstironie, das den täglichen Wahnsinn in der Stadt abbildet. Wie wohl kaum eine andere Sendung soll dieses Magazin für das neue „kantige und mutige“ RBB-Fernsehen stehen, mit dem Intendantin Patricia Schlesinger den Zweiländersender aus dem Quotental führen möchte. Ein Dreivierteljahr wurde die Sendung vorbereitet, die eigene Redaktion wird von Friedrich Küppersbusch beraten, der mit seinem Magazin „Zak“ einst das Fernsehen ein Stück weit revolutionierte.
Selbst die besondere Premieren-Location war von langer Hand klar gemacht worden: der Flughafen BER, hier sollte die „Abendshow“ abheben. Wenn das keine Ironie, keine Realsatire ist. Da müssen die Gags doch nur so zünden. Wenn da nicht der Live-Aspekt wäre, denn die „Abendshow“ geht tatsächlich live und unplugged über den Sender. Jeder Kurzschluss im Übertragungswagen kann zur Bruchlandung führen. Und wer in der Sendung stolpert oder sich als Moderator verhaspelt, tut dies nicht nur vor dem 150 Personen im Publikum, sondern vor der gesamten TV-Zuschauerschaft, weil hier nichts rausgeschnitten werden kann.
Lütke Daldrups Papierflieger
Doch genau dies würde insbesondere Britta Steffenhagen nicht aus dem Konzept bringen. Mit ihrem Comedy-Trio „Rixdorfer Perlen“ ist sie Live-Auftritte nicht nur gewohnt, sie liebt sie geradezu. Zu sagen, die Steffenhagen kann aus sich rausgehen, ist eine glatte Untertreibung. Wo andere vielleicht mal im Auslandsurlaub mit Händen und Füßen reden, ist bei ihr immer der gesamte Körper im Einsatz. Da geht sie schon einmal freiwillig zu Boden, um beim Flughafeneröffnungsspiel mit Engelbert Lütke Daldrup zu sehen, auf welcher Jahreszahl sein Papierflieger liegen bleibt. Doch das findet erst am Ende der Sendung statt, da ist die größte Anspannung auch bei ihrem Co-Moderator Marco Seiffert längst gewichen.
Eine Stimmungskanone wie seine Mitstreiterin ist Seiffert, der den Berlinern vor allem durch seine RadioEins-Sendung „Der schöne Morgen“ bekannt ist, sicherlich nicht. Seine Stärke sind an diesem Abend die Interviews wie eben mit Engelbert Lütke Daldrup – auch wenn es Seiffert ebenfalls nicht gelingt, dem „Drängelbert“ (so der Spitzname des Flughafenchefs) ein genaues Eröffnungsdatum zu entlocken. Dafür lernen die Zuschauer Lütke Daldrup von einer bislang unbekannten Seite kennen. Als er gefragt wird, ob er, der den Job aus einem besonderen Verantwortungsgefühl übernommen hat, weil schließlich einer die Baukatastrophe BER in Ordnung bringen muss, schon einmal wild und punkig war, gibt Lütke Daldrup zu, schon einmal in einem besetzten Haus gewohnt zu haben.
Ansonsten bleibt er bei seiner Linie – „der BER ist ein ernstes Thema, auch wenn dies hier eine Satiresendung ist“ und kann doch mit der Sendung zufrieden sein, schließlich fangen die Kameras Bilder von einem Flughafen ein, der so kaputt gar nicht aussieht.Davon hatte sich das Publikum zuvor bei einer Besichtigungstour durch den Willy-Brandt-Airport selbst ein Bild machen können. Und überhaupt bieten sich BER, Tegel und Air Berlin für diverse Gags an – „die AfD unterstützt den Volksentscheid für Tegel, weil denen alles recht, wo das Wort Volk drin ist“ oder „Merkel hält bei Tegel die Landeklappe“.
Die Realsatire in dem Thema steckte ohnehin in den Einspiel-Filmen, die zur bunten, mitunter etwas wirren Mischung der „Abendshow“ gehören. Die komischsten waren Schwarz-Weiß, so wie ein 50 Jahre alter „Abendschau“-Bericht über die Beine der perfekten Stewardess, die natürlich aus Berlin kam. Beim Flughafen-Thema blieb so am Ende der Eindruck, hier ist zwar vieles ernst, aber noch lange nichts aussichtslos.
Beim zweiten Themenkomplex Drogenkriminalität scheint die Lage hingegen aussichtslos, nicht nur ernst zu sein. Der Einspieler mit dem Taxi-Dealer Tarek aus Neukölln, der seinen Stoff auch gerne zu seinen Kunden nach Dahlem fährt (Die Szene war in leicht geänderte Form bereits zwei Tage zuvor in der RBB-Reportage „Hauptstadt des Verbrechens“ zu sehen) hatte absolut nichts Satirisches.
Hier tanzt ein Mitglied eines arabischen Clans der Polizei auf der Nase rum, und Olaf Schremm, der Leiter des Drogendezernats beim Berliner LKA muss als zweiter Studiogast an diesem Abend eingestehen, dass zwar versucht werde, die Drogenkriminalität so weit wie möglich einzudämmen, dass man aber erkennen muss, dass die Strafverfolgung Grenzen hat. Ein weiterer Einspieler, in dem eine besonders aktive Partygängerin erzählt, wie schön das Glücksgefühl ist, high zu tanzen und dass jeder Club seine Hausdealer hat, ist ebenfalls alles andere als ironisch, satirisch oder lässig – das kann auch Britta Steffenhagen – „ich bin als Kind in einen Kokseimer gefallen“ – nicht retten.
Frank Steffel "Held der Woche"
Da muss schon Frank Steffel ran. Der CDU-Politiker wird von der „Abendshow“ zum „Held der Woche“ ernannt, weil er mit dem Werbebrief für seine Bundestagswahlkampagne mit der selbst darunter gesetzten Unterschrift von Angela Merkel dem Begriff „Copy and Paste“ eine weitere Bedeutung gegeben hat. Auch ja, Engelbert Lütke Daldrups Papierflieger zur Flughafeneröffnung landete auf der Jahreszahl 2020. Es gab auch Feld für "Nie". Die „Abendshow“ hingegen hat nicht nur pünktlich, sondern auch sehr erfolgreich mit einem Schluss-Gig der „Beatsteaks“ abgehoben. Nun muss die Sendung zeigen, dass sie auch Langstrecke kann.
Kurt Sagatz