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Hans Demmel ist Vorstandsvorsitzender des Privatsenderverbandes Vaunet. Bis März 2019 war er Demmel Geschäftsführer von n-tv.
© Vincent Mosch /Vaunet

"Vollkommen intransparent": Privatsender kritisieren Forderungen von ARD und ZDF

Drei Milliarden Euro: Hans Demmel von Privatsenderverband Vaunet kann die Forderungen der Öffentlich-Rechtlichen nicht nachvollziehen.

ARD, ZDF und Deutschlandradio haben nach übereinstimmenden Medienberichten für die nächste Gebührenperiode einen Mehrbedarf von drei Milliarden Euro angemeldet. Überraschen Sie diese Zahlen?

Die Zahlen sind hoch und vor allem bisher vollkommen intransparent. Was ARD, ZDF und Deutschlandradio als vollständigen Finanzbedarf angemeldet haben, ist unbekannt. Die drei Milliarden Euro sind der ungedeckte Finanzbedarf für 2021 bis 2024. Diese Summe ist größer als bei den Anmeldungen der vorausgegangen Beitragsperioden. Aber warum, ist nicht ersichtlich. Dafür müsste die Summe der prognostizierten Gesamteinnahmen und -ausgaben bekannt sein.

Wie ernst nehmen Sie diese Anmeldung? Sie erinnert doch stark an die Rituale bei Tarifverhandlungen.

Wir müssen sie leider sehr ernst nehmen, weil mit diesen Mitteln in vielen Bereichen direkte Konkurrenzprodukte zu den Privaten betrieben werden, die sich im Markt refinanzieren müssen. Das gilt insbesondere für die Online- und Radioangebote, aber auch für Teile der Fernsehprograme von ARD und ZDF.

"Der Vaunet würde rechtliche Schritte prüfen"

Was bedeutet diese Anmeldung für das von Sendern und Politik offenbar gewünschte Indexmodell, das künftig automatische Gebührenerhöhungen ermöglichen könnte?

Wir sind hier noch im alten Verfahren, das Indexmodell wird noch diskutiert. Fest steht aber, dass das heutige System der Beitragsanmeldung vieles enthält, was für eine einheitliche Indexierung ungeeignet ist. Das gilt etwa für die Verbreitungskosten, deren Entwicklung angesichts der fortschreitenden Digitalisierung niemand einschätzen kann. Oder für die betriebliche Altersversorgung, die einen erheblichen Teil des gesamten Personalaufwandes der Anstalten ausmacht. Sie dürfte kurzfristig ansteigen und langfristig abflachen, eine pauschale Anpassung macht daher keinen Sinn. Der Vaunet würde deshalb gegen ein solches Modell rechtliche Schritte prüfen.

Die Sender verweisen an die bereits unternommenen Sparanstrengungen. Noch mehr sparen ginge zu Lasten der Qualität. Haben die öffentlich-rechtlichen Sender damit nicht recht?

Wirklich substanzielle Beiträge zu Einsparungen von ARD und ZDF sind mir nicht bekannt. Es fehlt bei den Anstalten dafür schlichtweg der Druck, weil sie eine garantierte Finanzierung haben. Dies würde durch eine Vollindexierung und eine ebenfalls diskutierte Flexibilisierung des Auftrags noch einmal verschärft. Es bedarf vielmehr einer Fokussierung des Auftrags, dem dann der Beitrag folgt, und statt eines Indexmodells nach wie vor einer vorherigen Etatüberprüfung durch eine unabhängige Instanz auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Zu viel ausgegebenes Geld ist schwer wieder zurückholbar. Für die öffentlich-rechtlichen Sender würde die Vollindexierung eine Sorgenlosigkeit bedeuten, die für ein privates Medienunternehmen schlichtweg undenkbar ist.

"Zur Reform gehört eine Reduzierung des Gesamtangebots"

An welchen Stellen könnten ARD, ZDF und Deutschlandradio stärker sparen?

Sie müssten klar definierte Vorgaben aus einem neu definierten Auftrag der Länder umsetzen. Zu einer Reform gehört auch eine Reduzierung des Gesamtangebots. Zudem sollte die Deckelung für Radioprogramme beibehalten sowie auf lineare TV-, Webchannel- und Internet-Abrufangebote ausgeweitet werden.

Was würde es für die privaten TV- und Radiohäuser bedeuten, wenn die KEF den Bedarf in der angemeldeten Form anerkennt?

Eine weitere Verschärfung des Wettbewerbs, die letztlich zu Lasten der Verbraucher ginge, weil die Vielfalt unserer Angebote sich reduzieren würde. Wir brauchen keinen Persilschein für die weitere Expansion von ARD und ZDF, sondern klare Grenzziehungen und eine konkrete Auftragsdefinition für die Anstalten. Das auch im Interesse von ARD und ZDF, weil die, die den Rundfunkbeitrag zahlen, dafür auch klare Mehrwerte erwarten.

Das Gespräch führte Kurt Sagatz.

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