Die Affäre um Cambridge Analytica: Post von Trump
Wie Populisten die Möglichkeiten der Informationstechnologie für ihre Zwecke nutzen: Eine Doku erzählt von den Hintergründen der Affäre um Cambridge Analytica.
US-Milliardär Robert Mercer, der Donald Trump mit Millionenspenden zum Präsidentenamt verhalf, hat es nicht so mit der Kommunikation. Er solle hier eine einstündige Rede halten, sagte Mercer bei einem seiner seltenen öffentlichen Auftritte, als er 2014 vom Verband für Computerlinguistik einen Preis für sein Lebenswerk erhielt. Das sei mehr, als er in einem ganzen Monat rede, grummelte Mercer ins Mikrofon.
Auch dem französischen Journalisten Thomas Huchon hat der ehemalige IBM-Informatiker, der mit einem Hedgefonds an der Börse reich geworden ist, kein Interview gegeben. Huchon will in der einstündigen Dokumentation mit dem recht eindeutigen Titel „Fake America Great Again“ das „Räderwerk einer gewaltigen Manipulationsstrategie“ und das „mächtige Netzwerk“ hinter dem Wahlsieg von Trump offen legen.
Das mag bewusst dick und bedrohlich aufgetragen sein, aber sein Film liefert nicht nur plakative Schlagworte, sondern auch erhellende Hintergründe zu den Schlagzeilen vom Frühjahr. Da war bekannt geworden, dass die von Mercer mitgegründete Firma Cambridge Analytica (CA) im Zusammenhang mit einer Umfrage auch Daten von Facebook-Nutzern sammelte, die einer Teilnahme gar nicht zugestimmt hatten. Facebook-Chef Mark Zuckerberg musste vor dem US-Kongress und auch in Europa sein Bedauern ausdrücken und Besserung geloben.
Allerdings muss man sich auch fragen, ob der legale Datenhandel nicht schon Skandal genug ist. Denn CA kaufte Daten von Banken, Versicherungen, sowie von Google, Facebookund Twitter – und hatte somit vier- bis fünftausend Informationen über jeden Einzelnen der 230 Millionen Erwachsenen in den USA beisammen, behauptet Huchon.
Dabei handelte es sich um sogenannte Dark Posts
CA definierte 32 Persönlichkeits-Typen und versuchte gezielt, die ängstlichen und besorgten, in ihrer Wahlentscheidung schwankenden Bürger in den Schlüsselstaaten mit Facebook-Botschaften zu beeinflussen. Dabei handelte es sich um sogenannte Dark Posts, unveröffentlichte Seiteneinträge, die normalerweise der Zielgruppen-Werbung dienen und deren Inhalte heute, außer für Facebook selbst, nicht mehr nachzuvollziehen sind.
Und so steht der Verdacht im Raum, dass auch auf diese Weise die Wahl mit gezielten Falschmeldungen beeinflusst worden war. Cambridge Analytica mit Vizepräsident Steve Bannon war in Großbritannien übrigens bereits an der Brexit-Kampagne beteiligt.
So lüftet „Fake America Great Again“ ein wenig den rechtskonservativen Mief, erzählt vom Aufstieg Trumps, den Schwächen des US-amerikanischen Wahlmänner-Systems und davon, wie Populisten die Möglichkeiten der Informationstechnologie für ihre Zwecke nutzen. Die einzige, allgemeingültige Erklärung für Trumps Wahlsieg kann die Dokumentation allerdings nicht bieten, auch wenn sie bisweilen so klingt. Offen bleibt auch, was aus dem „mächtigen Netzwerk“ Mercer/Trump/Bannon nach der Insolvenz von CA und der Entlassung Bannons als Chefstratege des Weißen Hauses geworden ist.
„Fake America Great Again“, Arte, Dienstag, 20 Uhr 15