Rezo bei Böhmermann: Politiker sollen „weniger Scheiße bauen“
CDU-Zerstörer Rezo war zu Gast bei Jan Böhmermann. Der führte ein fast klassisches Interview mit dem Youtuber. Zuvor zerstörte Jan B. die Homöopathie.
Diesen Fernsehruhm wird Jan Böhmermann keiner mehr nehmen. Er hatte den CDU-Zerstörer Rezo als Erster und Einziger im TV-Studio. In seinem "Neo Magazin Royale", was für Böhmermann Heimat, für Rezo aber ungewohntes Gelände ist. Im analogen Fernsehstudio fehlten dem Youtube-Profi alle Mittel des digitalen Auftritts. Rezo war quasi nackt, er konnte nix samplen, crahsen, zusammenbasteln, komponieren. Rezo war nur noch seine eigene Existenz.
Raus aus Rezonesien und rein ins royale Neo-Leben, da musst Du ganz anders performen. Kann er, der 26-Jährige, wohnhaft in Aachen. Anfangs biss er sich noch auf die Lippen, dann wurde er deutlich sicherer. Er appellierte an Politiker, sich verständlicher auszudrücken. „Einfach ein bisschen menschlicher und klarer werden in der Sprache", sagte er am Donnerstagabend. „Also nicht mehr dieses ganz abstrahierte, dieses künstliche Sprechwesen.“ Außerdem sollten Politiker allgemein „weniger Scheiße bauen“. In die Politik wolle er nicht gehen, hin und wieder aber vielleicht wieder ein Video rausbringen. Rezo gab nicht den politischen Zerstörer, im Gegenteil: "Es tut mir Leid für die Guten in der Politik."
Und Böhmermann selber war auch nicht auf Zerstörung aus. Er arbeitete in den rund 15 Minuten Gespräch wie ein Journalist, nur teilweise agierte er wie eine Karikatur des ZDF-Talkers Lanz. Böhmermann stellte Fragen, er wollte wissen, warum, wieso, weshalb Rezo dieses Video produziert hat, das mittlerweile unfassbare 15 Millionen Klicks hat. Der Gastgeber zeigte Sympathie, vielleicht sogar Empathie für seinen Gast. Was Böhmermann erkennbar nicht wollte: Rezo zeigen, wo der Böhmermann-Hammer hängt. Also keine Spur von Paternalismus bis Therapie-Onkel, kein Anflug, dass der ausgebuffte Medienprofi dem bloßen Youtube-Jüngling seine Überlegenheit zeigt.
Böhmermann suchte nicht die Provokation, er war mit Rezos Präsenz zufrieden. Es war ein faires Gespräch, das Rezo nicht überhöhte und nicht verkleinerte - weil Jan Böhmermann sich eben im Griff hatte. Und einen Rat parat: „Mit der Politik musst du wirklich aufpassen, das kann einem um die Ohren fliegen. Man ist schneller mit irgendwelchen Unterlassungsklagen eingedeckt, als einem lieb ist.“
Zerstörung der Homöopathie
Aber nur neutral bis defensiv will und kann Jan Böhmermann nicht. Er kann Rezo-Video-Style: Fast eine Viertelstunde widmete er sich - zwar überraschend, aber egal - der Zerstörung der Homöopathie, die seiner Meinung auf drei Faktoren beruht: Verdünnen - Schütteln - Scheiße labern. Globuli seien total wirkungslos, aber ein Bombengeschäft. 670 Millionen Euro hätten die (bessergebildeten) Deutschen im Jahr 2018 dafür ausgegeben. Böhmermann holte Fakten zusammen, mischte sie mit scharfer Polemik, rückte Homöopathie gar in die Nähe des Nationalsozialismus. "Verklagt mich doch, Ihr Quacksalber!", rief er zum Schluss seines furorhaften Solos mit dem Willen zur Aufklärung aus. Mal sehen, was passiert.
Danach kam Rezo, der in seinen Youtube-Kanälen deutlich interessanter rüberkommt als im Fernsehstudio. In seinem Universum ist er King, dort liegt sein Attraktivitätsgeheimnis. In seinem nächsten Video will der Blauhaarige zusammen mit einem Gast Instagram-Postings vorlesen. Klingt harmlos, muss nicht harmlos sein.
Hat Jan Böhmermann seinen Fernsehruhm mehren können? Ja, mit seinem Rezo-Interview und seiner Homöopathie-Attacke. Nein, wenn nach der Qualität des Stand-up-Intros gefragt wird. Dünn, sehr dünn, Witz-Homöopathie eben.
Punkt. Aus. Ende. Sommerpause.
PS: Die Einschaltquoten vom „Neo Magazin Royale“ haben durch den Rezo-Auftritt einen deutlichen Push bekommen. Die lineare Ausstrahlung sahen 250 000 14- bis 49-Jährige, insgesamt schalteten 480 000 Zuschauer. Rezo rules.