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Statt „Guten Heimflug“. Der Youtube-Kanal „Datteltäter“ und Younes Al-Amayra haben einen Weg gegen den Hass gefunden.
© Tsp

Neue Youtube-Initiative: Ohne Angst gegen den Hass

Der Videodienst Youtube startet Initiative #NichtEgal, um Hate Speech etwas entgegenzusetzen. Die beteiligten Youtuber haben mehr oder minder schlechte Erfahrungen mit dem Thema gemacht.

„Angst ist für uns kein Thema“, sagt Farah Bouamar. Die junge Frau betreibt mit Gleichgesinnten den Youtube-Kanal „Datteltäter“. „Angst kann für uns kein Grund zum Aufhören sein“, sagt Mit-„Datteltäter“ Younes Al-Amayra. Diese Haltung verdient Respekt, denn als Kanal zum muslimischem Leben ist er mitunter gehörigem Gegenwind ausgesetzt.

Als die „Datteltäter“ für die Bundeszentrale für politische Bildung die Begriffswelt des Islam erklärten, wurden sie von einem Shitstorm aus Hass getroffen. Es prasselten mehr Hasskommentare auf die „Datteltäter“ ein, als noch per Hand zu löschen gewesen wären. Nur mit Hilfe des Bundeszentrale ließ sich die Situation entschärfen. Die „Datteltäter“ haben ihren ganz eigenen Umgang mit dieser feindseligen Haltung gefunden. Aus der Vielzahl der Hasskommentare machten sie ein neues Video, dass sie den Hate-Speech- Verfassern entgegenstellten. „Im Nachhinein betrachtet hat uns das nur größer gemacht“, sagt Al-Amayra.

"Es wird immer mehr gehasst."

Die „Datteltäter“ gehören zu einer Gruppe von 22 deutschen Youtubern, die ihre Bekanntheit für die Initiative #NichtEgal einsetzen, die am Montag in Berlin mit einem gemeinsamen Video gestartet wurde. Die Google-Tochter Youtube will damit erreichen, dass die Nutzer des Videodienstes den Hassreden im Internet etwas entgegensetzen. „Täglich werden Youtuber mit Hass konfrontiert, es wird immer mehr gehasst“, erzählt Diana zur Löwen, die Youtuberin unterstützt die Kampagne ebenfalls. Für sie ist Youtube eine Plattform, auf der sie ihre Leidenschaft teilen kann. Mit Lächeln und Freundlichkeit, aber auch mit Videos wie dem mit einem Spendenaufruf für Flüchtlinge will sie sich gegen den Hass im Internet stellen. Weitere Youtuber, die sich an #NichtEgal beteiligen, sind unter anderem „DieLochis“, „DagiBee“, „Space Frogs“ und „Doktor Allwissend“. Zusammen erreichen sie rund zehn Millionen zumeist junge Youtube-Nutzer.

Wie groß das Problem mit Hasskommentaren und Beleidigungen auf Youtube in Deutschland tatsächlich ist, lässt sich allerdings nicht genau sagen. Das Unternehmen gibt wie andere internationale Internetfirmen keine Landeszahlen bekannt. Weltweit ist die Zahl der gelöschten Videos zwischen 2014 und 2015 jedoch nahezu explodiert. Waren es vor zwei Jahren noch 14 Millionen Clips, die wegen Verstößen gegen nationales Recht oder die Richtlinien der Plattform gelöscht wurden, so stieg deren Zahl binnen Jahresfrist auf 92 Millionen, das ist beinahe eine Versiebenfachung. Der Anteil der Hasskommentare darin liege jedoch bei unter einem Prozent, sagt Sabine Frank, Leiterin Regulierung, Verbraucher- und Jugendschutz bei Google Deutschland, die den starken Anstieg zum einem mit der vierfach größeren Menge an Videomaterial erklärt, zum anderen aber damit, dass Nutzer nun besser wüssten, wie sie solche Kommentare melden könnten. „Es ist nicht egal, wenn die Leute online und offline nicht respektvoll miteinander umgehen“, sagte Frank. Es sei nicht genug, Inhalte zu löschen. Das Diskussionsverhalten hierzulande müsse sich ändern.

Schwesig als Schirmherrin

Youtube und seine prominenten Nutzer sind im Kampf gegen den Hass nicht allein. Mit im Boot bei der Initiative #NichtEgal sind die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Anbieter (FSM) sowie die „Digitalen Helden“. „Ich beobachte mit Sorge eine gewisse Verrohung der politischen Diskussionen, sowohl online aber auch offline“, sagte bpb-Präsident Thomas Krüger. Schirmherrin ist Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. „Wir müssen gleichzeitig das Engagement und die Gegenrede gegen Hass und Ausgrenzung im Netz stärken und konsequent gegen Hassbotschaften vorgehen“, fordert sie.

Gelingen soll dies auch durch Aktionen in der Offline-Welt. Geplant sind 200 Workshops in 40 Schulen mit 6000 Schülern. Schüler-Mentoren sollen jüngeren Schülern vermitteln, wie sie mit Hass im Netz umgehen und sich für Demokratie und Toleranz einsetzen können. Interessierte Schulen können sich via Youtube bis Mitte November bewerben, die Workshops finden Anfang 2017 statt. Die „Datteltäter“ haben sich jedenfalls vom Hass gegen alles Andersartige nicht abschrecken lassen. Mit ironischen Videos wie dem mit einem fliegenden Teppich haben sie inzwischen eine feste Fan-Gemeinde. Was mit einigen Clips zu Pegida und der Silvesternacht von Köln begann, ist inzwischen zu einem Kanal mit wöchentlichem Rhythmus geworden.

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