"Dark Tourist": Netflix-Dokuserie über bizarre Urlaubsziele
Ein Voodoo-Festival in Benin und schwimmen in einem atomar-verseuchten See. Journalist David Farrier besucht in der Netflix-Dokuserie „Dark Tourist“ makabere Reisedestinationen weltweit.
Und, wohin fährst du dieses Jahr auf Urlaub? Immer dieselbe Frage von den Kollegen und Freunden. Die Antworten sind meist mäßig spannend. Ostsee, Italien, Österreich, selbst exotischere Ziele wie Thailand oder Südafrika sind längst in jedem Reisekatalog vertreten. Nicht überlaufen soll es sein, individuell sowieso, All-inclusiv-Reisen sind schon lange verschrien. Der neue Trend ist „Dark Tourism“ – Urlaub an Orten des Schreckens, die Freizeit verbringen mit dem Leid der anderen. Darüber hat Netflix nun eine Dokuserie gedreht.
In „Dark Tourist“ erkundet der neuseeländische Journalist David Farrier die düsteren Seiten des Freizeitspaßes. Dafür tourt er durch Lateinamerika, Japan, die USA, Europa, Afrika und Zentral- und Südostasien. Acht Episoden von jeweils 40 Minuten hat die Serie.
Farrier macht eine Tour durch Pablo Escobars Viertel im kolumbianischen Medellín, er fährt in das radioaktiv-verseuchte Umland von Fukushima und lässt sich in einem Horror-Haus in den USA foltern. In Europa geht es natürlich um Nazis – Farrier ist dabei, wenn Menschen in Großbritannien den Zweiten Weltkrieg nachspielen.
Die Serie stellt fremde Bräuche als düster dar
Das Phänomen des makaberen Urlaubs ist für sich genommen schon faszinierend, David Farriers schräg-witzigen Kommentare und seine authentische Art machen die Serie aber besonders sehenswert. Der Journalist, dessen Markenzeichen eine pinke, kurze Hose mit Ananas darauf ist, lässt einiges über sich ergehen. Er wird zum Schüler einer Voodoo-Priesterin in Benin und dafür mit Alkohol bespuckt und mit Vogelblut beschmiert, er besucht ein Voodoo-Festival und nebenbei adoptiert er ein Chamäleon, das er auf den Namen Wayne tauft. Farrier betrinkt sich mit einem kasachischen Fischer und schwimmt dann in einem atomar verseuchten See.
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Allerdings gibt es auch Momente, in denen der Journalismus hinter dem Show-Effekt zurückbleibt. Als Farrier den langjährigen Brieffreund von Charles Manson trifft, lässt er ihn von „Charly” schwärmen. Manson hat in den späten 60er Jahren eine sektenartige Kommune angeführt, die sieben Menschen ermordete. An dieser Stelle wünscht man sich mehr Widerspruch.
Als Farrier eine Siedlung in Südafrika besucht, in der nur Weiße leben, lässt er die Menschen von Sicherheit und Kultur erzählen. Dass sie sich von der schwarzen Bevölkerung abgrenzen wollen, ist offensichtlich, direkt spricht Farrier es aber nicht an.
Auch geht die Serie teils unsensibel mit Kultur um. Atomarer Tourismus und Infotouren über den Serienmörder Jeffrey Dahmer werden gleichgesetzt mit der Verehrung einer Totengottheit in Mexiko oder einem Brauch in Indonesien, bei dem Verstorbene ausgegraben werden. Hierbei handelt es sich nicht um makabere Touristenattraktionen, sondern um, nach westlichen Standards, eigenartige Bräuche.
Und als Farrier sich als fiktiver mexikanischer Flüchtling über die US-Grenze schmuggeln lässt und mit dem Satz schließt: „Für echte Migranten macht das niemals Spaß“, zuckt man als Zuschauer zusammen ob der Ignoranz.