Demission von ProSiebenSat1-Chef Ebeling: Nach Raab ging’s bergab
Zuschauer, Werbung, Aktienkurs im Sinkflug: Warum ProSiebenSat1-Chef Thomas Ebeling gehen muss.
Zuletzt hatte Thomas Ebeling, der Vorstandschef der privaten TV-Sendergruppe ProSiebenSat1, nicht mehr nur kein Glück, es kam auch noch selbst fabriziertes Pech dazu. Wenige Tage nachdem sich Ebeling über die Zuschauer der eigenen Sender despektierlich geäußert hatte, wurde am Sonntagabend seine Demission vom Chefposten mitgeteilt. „Der langjährige Vorstandsvorsitzende der ProSiebenSat1 Media SE, Thomas Ebeling, wird das Unternehmen nach der für den 22. Februar 2018 angesetzten Bilanzpressekonferenz für das Geschäftsjahr 2017 verlassen. Hierauf haben sich der Vorstandsvorsitzende und der Aufsichtsrat heute einvernehmlich verständigt“, teilte das Unternehmen nicht ganz überraschend mit und fügte hinzu: „Bereits im Rahmen seiner letzten Vertragsverlängerung hatte er allerdings mitgeteilt, anschließend für eine weitere Verlängerung nicht mehr zur Verfügung zu stehen.“
Der Vertrag von Thomas Ebeling wäre sonst Mitte 2019 ausgelaufen. Doch eine Äußerung hat seinen Abgang erheblich beschleunigt: „Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen. Das ist eine Kernzielgruppe, die sich nicht ändert“, hatte der 58-Jährige Aktienanalysten gesagt. Dass er dies später als „plakative Zuspitzung“ relativierte – „ich habe die eigenen TV-Zuschauer keinesfalls diskreditieren wollen“ –, spielte am Ende keine Rolle mehr.
Ebelings abfälliger Kommentar mag den Zeitpunkt für seine Abberufung bestimmt haben, die Geschäftsentwicklung von ProSiebenSat1 in den vergangenen beiden Jahren spielte für die Entscheidung jedoch eine mindestens ebenso wichtige Rolle. Im November 2015 lag der Wert der Aktie noch bei 50 Euro. Selbst im Mai dieses Jahres hatte der Kurs noch 41,51 Euro betragen, doch seither ging es steil bergab. Zur Eröffnung der Börse am Montag wurde das Papier nur noch mit 25,62 Euro gehandelt.
Marktanteil und Aktienkurs seit 2015 halbiert
Der Kursverfall ist einerseits Ausdruck nachlassender Werbeeinnahmen, andererseits spiegelt er die Abwanderung der Zuschauer zur TV-Konkurrenz sowie zu Streamingdiensten wie Amazon wider. Im Oktober hatte ProSieben gegenüber dem Vormonat zwar wieder etwas zugelegt, mit einem Marktanteil von 4,7 Prozent lockte der Sender nur halb so viele Zuschauer wie der stärkste Privatsender RTL (9,4 Prozent). Sat1 kam auf 6,8 Prozent. Im Jahr 2015 hatte ProSieben noch einen Marktanteil von 10,9 Prozent und Sat1 von 9,5 Prozent (in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen) ausgegeben. Zuletzt blieben die teuer eingekauften US-Serien wie „Empire“ oder „This is us“ unter den Erwartungen.
ProSieben hat sich nach wie vor nicht vom Ende der Ära Stefan Raab erholt. Mit Sendungen wie „TV total“ und seinen „Schlag den Raab“-Formaten wurde er zum universellen Gesicht des Senders. Raab verschaffte ProSieben durch die Teilnahme am Fernsehduell der Kanzlerkandidaten beim Bundestagswahlkampf 2013 sogar politische Reputation.
Und nach Raabs Abschied 2015? Aus „Schlag den Raab“ wurde „Schlag den Henssler“, für Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf wird neben dem „Duell um die Welt“ nach tragfähigen, quotenstarken Programmideen gesucht. Der gelernte Friseur Heufer-Umlauf ist von Januar 2018 an als neuer Chef des Haarstudios Hair & Care zu sehen. Die Comedy läuft – beim NDR. Der Titel „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“ könnte auch für Heufer-Umlauf gelten.
Doch merken die Verantwortlichen bei ProSieben das? Die Zuschauer jedenfalls haben dieses Fernsehen ohne Ambition bemerkt, und sie reagieren mit Abwendung. Ein ProSieben-Programm mit „The Big Bang Theory“ / „How I met your Mother“ / „Two and a Half Men“ zuzuknallen, ist eine Mischung aus Hilf- und Einfallslosigkeit. Sat1 ist bis zur Unkenntlichkeit verkümmert. Beide Sender brauchen, was die RTL Group ihren Programmen gönnt: kommerzielles Fernsehen, das mit Geld im Programm Geld mit dem Programm verdienen will. Nur Geld verdienen wollen, reicht in Zeiten des scharfen Wettbewerbs nicht als Überzeugungskern. Es braucht Geschichten und Gesichter wie Günther Jauch bei RTL.
Für die ProSiebenSat1-Spitze wird nun ein Nachfolger gesucht, der „die hervorragende Arbeit von Thomas Ebeling fortsetzt und die Diversifikation und die digitale Transformation mit ebenso unternehmerischem Weitblick weiter vorantreibt“, wie Aufsichtsratschef Werner Brandt es ausdrückte. Als ein möglicher Nachfolger wird Ex-Constantin-Chef Fred Kogel genannt, der mal als Sat1-Chef gearbeitet hat. Um den Zeitdruck zu entschärfen, wurde Conrad Albert, Vorstand External Affairs & Industry Relations, zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt.
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