Geoblocking vor dem Aus?: Mit Spacey am Strand
Serien, Filme, Fußball gucken, wo man will: EU-Kommission will Geoblocking im Internet weitgehend abschaffen. Doch das gefällt nicht allen.
Laptop auf, „Mad Men“ gucken oder „Homeland“, via Netflix oder Sky Go – in Deutschland werden die besten US-Serien vor allem im Internet geschaut. Doch das, was zu Hause bequem klappt, funktioniert im Auslandsurlaub oft nicht. Der Grund: Geografische Sperren für Internetinhalte. Die EU-Kommission will das ändern und gegen das sogenannte Geoblocking vorgehen. „Ich hasse Geoblocking aus tiefstem Herzen“, hatte der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident der Brüsseler Behörde, Andrus Ansip, jüngst etwas martialisch gesagt und damit eine Diskussion losgetreten, die vor allem die Interessen der Anbieter von exklusiven Serien, Filmen oder auch Live-Fußball betrifft.
Geoblocking verhindert, dass beispielsweise Live-Übertragungen von bestimmten Fußballspielen, Spielfilmen oder Musikstreams für Nutzer aus anderen Ländern zugänglich sind, eben aus Ländern, die für diese Ware keine Rechte, keine Lizenz erworben haben. Solche Einschränkungen müssten dringend abgeschafft werden, verlangte Ansip. Nur in bestimmten Fällen könnten sie gerechtfertigt sein, etwa, wenn bestimmte Staaten Online-Glücksspiele verbieten.
Jedoch: Was den Nutzer erfreut, kann den Eigentümern und Rechte-Inhabern finanziell schaden. Digitale Ländergrenzen nerven die Nutzer des World Wide Web, schützen aber die Einnahmen von Verleihern und Produzenten. Seit die EU-Kommission Ende März konkret in die Planung eines einheitlichen digitalen Binnenmarktes für TV, Film und Musik eingestiegen ist und Ansips Aussagen dazukamen, regt sich in der Film- und Fernsehbranche Widerstand. In einem Protestbrief sah die AG Verleih die Zukunft des europäischen Films bedroht.
Die Produzentenallianz befürchtet den Kahlschlag
„Für uns wäre das der Kahlschlag“, gab Alexander Thies, Vorsitzender des Gesamtvorstands der Produzentenallianz, gegenüber dem Tagesspiegel zu bedenken. „Das würde die Wertschöpfung und damit die Finanzierbarkeit der Filme vernichten. Ein Film kann nur deshalb europaweit verwertet werden, weil er je nach Sprach- und Kulturraum vermarktet wird, anders lässt er sich nicht vorfinanzieren.“ Thies bekommt sogar Unterstützung aus Brüssel. Wenige Tage nachdem es aus der EU-Kommission hieß, Geoblocking solle rasch abgeschafft werden, widersprach EU-Kommissar Günter Oettinger. Man dürfe das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, warnt er vor vorschnellen Entscheidungen.
Das erfreut die Branche. Sky Deutschland, das neben exklusiven Fußball-Übertragungs-Rechten mit Qualitäts-Serien wie „House of Cards“ im Programm um Abonnenten wirbt, verweist auf sein Geschäftsmodell. Sky liefere den Kunden in Deutschland, Großbritannien, Irland, Italien und Österreich ein jeweils maßgeschneidertes Pay-TV-Produkt. Filme, Serien und Sportübertragungen richteten sich nach völlig unterschiedlichen Sehgewohnheiten und Präferenzen der Zuschauer in den einzelnen Märkten.
Entspannt bei dem Thema zeigt sich Netflix. „Wir arbeiten bereits an globalen Lizensierungen, was bedeutet, dass wir dann überall das gleiche Programm anbieten können.“ Bei weltweit parallel startenden Eigenproduktionen wie „Orange Is The New Black“ machen Grenzen wenig Sinn. Der aufstrebende Streaming-Anbieter ist in über 40 Ländern verfügbar, sogar in Kuba. Markus Ehrenberg