Arte goes Europe: Mit der Kraft der Kultur
Arte will europäischer werden: mit Untertiteln in mehreren Sprachen, neuen Partnern, „24h Europa“.
Europa kann auch im Kleinen groß gemacht werden. Arte, der deutsch-französische Fernsehsender, unternimmt es. Seit Freitag werden Beiträge mit italienischen Untertiteln ins Netz gestellt, sie kommen zu den schon 500 Stunden derart auf Spanisch, Englisch und Polnisch übersetzten Arte-Programmen. Deutsche und französische Synchronversionen gehören zur Arte-DNA. „Damit können 70 Prozent der Europäer in ihrer Muttersprache erreicht werden“, sagte Arte-Präsident Peter Boudgoust beim Pressegespräch in der Arte-Zentrale in Straßburg.
Finanziert wird die Untertitelung vom Europäischen Parlament, jährlich mit 1,6 bis zwei Millionen Euro. Das Geld ist gut angelegt. Monatlich würden die Sendungen mit den Untertiteln in den bislang angebotenen drei Sprachen rund 600 000 Mal angeschaut, sagte Marysabelle Cote, bei Arte Beauftragte für die europäische Entwicklung. Insgesamt kommen Arte-Videos pro Monat auf sechs Millionen sogenannte Views aus anderen Ländern als Deutschland und Frankreich, wie Claire Isambert sagte, Hauptabteilungsleiterin Kultur. Das entspreche 15 Prozent aller Video-Views von Arte.
Arte steht für Europa
Europa als das Europa von zahlreichen Kulturen kann immer groß gedacht werden. Aber ein Europa, das sich darüber vermittelt, lebt weniger von Worten als von Taten. Auch Arte, 1992 gegründet, arbeitet dafür. Unverändert von Arte France und Arte Deutschland, also ARD und ZDF, getragen, werden in Deutschland von den monatlich 17,50 Euro Rundfunkbeitrag 40 Cent für Arte abgezweigt. Boudgoust sieht Arte in der Erfolgsspur, der Marktanteil liege in Deutschland aktuell bei 1,2 Prozent. Im Jahr 2011 habe man noch 0,76 Prozent verbucht. Auch in Frankreich stieg der Marktanteil innerhalb dieses Zeitraums um einen Prozentpunkt auf 2,4 Prozent. Die Zahlen für Arte digital sind sehr ermutigend.
Also gut? Sabine Rollberg hat Zweifel. Sie war Chefredakteurin und hat in weiteren Funktionen für Arte gearbeitet. In einem Beitrag zum 30-jährigen Jubiläum von „Lettre International“ (Glückwunsch!) schreibt sie: „Ist die Idee vom kreativen europäischen Sender, der die Seele des Kontinents eint und inspiriert, heute noch gültig, oder ist Arte nach 25 Jahren Existenz lediglich ein normaler Sender wie andere, illusionslos, erwachsen?“ Die Wahrheit liegt zwischen den Polen, in der Mitte liegt sie nicht.
Die Verantwortlichen mussten auf die Akzeptanzschwäche zu Beginn des Jahrzehnts reagieren. Nur in Schönheit senden mit nicht enden wollenden Themenabenden und dem unbedingten Ausweis abendländischer Fernsehkunst – dem großen Dokumentarfilm –, das war ein und kein Konzept. Also wurde Arte erwachsener, berechenbarer, professioneller. Der Zuschauer bekam vermittelt, was am Montag, Mittwoch, was am Wochenende laufen könnte. Arte wurde zu Teilen Formatfernsehen wie mit der Reportageleiste „Re:“ um 19 Uhr 40, seit zwölf Jahren heißt es „Summer of...“, in diesem Jahr „Summer of Lovers“: Jeden Freitag und Sonntag zwischen dem 1. Juli und dem 19. August präsentiert von der Burlesque-Größe Dita von Teese mischen sich Schauspielerporträts, Filme und Konzerte – Arte ist Metal-Sender Nummer eins in Europa – unter dem Rubrum von Romeo und Julia. Und weil sich in den „Summers“ das Publikum um bis zu zwei Drittel vergrößert und im deutschen Sektor auf 49 Jahre (sonst 59 Jahre/Arte France 60) verjüngt, wird 2018 wieder um zwei auf acht Wochen verlängert. Und schon kündigte Programmdirektor Bernd Mütter für Januar 2019 ein „Winter of Moon“ an, wegen der Mondlandung vor 50 Jahren und überhaupt.
Schon am 15. Juni geht das nächste Schwergewicht in Produktion: „24h Europa in Echtzeit“, Nachfolger und Neuauflage der staunenswerten Anstrengungen „24h Berlin“ und „24h Jerusalem“. Die Sendung begleitet 24 Stunden lang 40 Protagonisten zwischen 15 und 30 Jahren an rund zwei Dutzend Orten. Berlin bietet auf: „Candy Crash“ (ein Transvestit mit seiner Oma) und das Start-up Hackerbay. Ausgestrahlt wird am 4. Mai 2019, zwischen dem tatsächlichen Brexit-Datum im März und den Europawahlen Ende Mai. „24h Europa“ ist ein Statement für ein Europa der Diversität und gegen ein Europa der Disruption.
Dokureihe "Krieg der Träume"
Wer sich an der Dokureihe „14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs“ begeistern konnte, der kann sich auf die Dramaserie „Krieg der Träume“ ab 11. September im Arte-Programm freuen. Es geht um die Jahre zwischen 1918 und 1939, in denen Demokratie, Faschismus und Kommunismus in Europa um die beste Utopie in den Köpfen der Menschen ringen. Dieser Kampf wird über 13 Protagonisten exemplifiziert, darunter der spätere Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß (Joel Basmann) oder über Pola Negri (Michalina Olszanska), polnische Schauspielerin und großer Star des Stummfilmkinos.
Für internationale Produktionen hat Arte mit acht europäischen Sendern Kooperationsverträge geschlossen. Unter anderem mit Partneranstalten aus Irland, Belgien, Tschechien und Finnland stimmt sich der Sender über gemeinsam produzierte Dokumentationen oder Autorenfilme ab. Es läuft auf Kooperationen zu, nicht auf Engagement an Unterhalt und Etat von Arte. Es gibt es ärmere und reichere Sender in Europa, was Arte zu berücksichtigen hat.
Arte-Präsident Boudgoust legte jedenfalls Wert auf die Feststellung, „wir suchen uns die Sender-Partnerschaften aus“. Was bedeutet, dass der Wille zur Kooperation an Vorstellungen, wenn nicht an (inoffizielle) Bedingungen geknüpft ist. Die Partnerschaft mit dem polnischen Sender TVP wurde vor einiger Zeit auf Eis gelegt. Unter anderem ein neues Mediengesetz der rechtskonservativen PiS-Regierung hat dazu geführt, dass zahlreiche Mitarbeiter den Sender verlassen mussten. Daher fehlten nun verlässliche Ansprechpartner, sagte Peter Boudgoust.
Nicht alle öffentlich-rechtlichen Sender in Europa hätten diese Mission und Vision von Europa wie Arte, meinte der Präsident. Dabei sei dieser Auftrag besonders aktuell. Arte ist nach seinen Angaben in 29 Ländern via Kabel und Satellit empfangbar – und über Untertitel in der Netzverbreitung auch in in Polen in der Landessprache verstehbar. Arte gibt keine europäische Seele verloren.
Kooperation mit Skandinavien
Und weil das Bessere der Feind des Guten ist, will Arte weitere Sender in Skandinavien umarmen. Skandinavien, das ist der Lieferant von „Scandi Noir“-Qualität wie „Borgen“ (Dänemark) oder „Der Grenzgänger“ (Norwegen). Serien, die den Arte-Zuschauer fesseln. Von der Lizenz- geht es jetzt zur Eigenproduktion. SWR, Arte France, Arte Deutschland und ARD Degeto haben die Serie „Eden“ beauftragt, im Ensemble finden sich Juliane Köhler, Wolfram Koch und Trystan Pütter, in der Storyline Menschen, die in einem von der Flüchtlingskrise zerrissenen Europa ihren Platz suchen.
Ach ja, Arte Concert arbeitet an einem Netzwerk europäischer Opernhäuser, denn Oper live kommt beim Publikum bestens an. Zitat aus Puccinis „Tosca“: „Wir sind, was wir tun.“
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