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„Arschloch“, „Puffgänger“. „Spiegel“-Journalist Matthias Matussek (l.) musste sich vom selbsternannten TV-Anarchisten Kurt Krömer einiges anhören. Die Produktionsfirma will die Passagen nicht entfernen. Sie seien von der Kunst- und Satirefreiheit gedeckt. Foto: RBB
© rbb/Max Kohr

Beleidigungen durch Kurt Krömer: Matthias Matussek geht gegen "Late Night Show" vor

"Spiegel"-Autor Matthias Matussek fühlt sich von Kurt Krömer beleidigt. Die Produktionsfirma der „Late Night Show“ lehnt das Herausschneiden der Passagen ab. Krömers verbale Tiefschläge seien von der Kunst- und Satirefreiheit gedeckt.

Eine solche Fernsehshow hat Matthias Matussek noch nicht erlebt. Der „Spiegel“-Autor gehört zu den Gästen der neuen Staffel von „Krömer – Late Night Show“, die vom 10. August an den ARD-Samstagabend bereichern soll. Die Sendungen wurden in den vergangenen Wochen im Berliner Ensemble aufgezeichnet. Doch bereits bei der Begrüßung des Publizisten ließ TV-Anarchist Krömer – so wird er beworben – sämtliche Gepflogenheiten eines guten Gastgebers vermissen. Er bezeichnete den streitlustigen Journalisten als „hinterfotziges Arschloch“ – es sollte nicht der letzte Tiefschlag bleiben. Matussek hat die Produktionsfirma aufgefordert, seinen Part aus der Sendung herauszuschneiden. Die von dem Journalisten gesetzte Frist ist jetzt verstrichen.

„Meine Frau und Freunde hatten mich davor gewarnt, zu Krömer zu gehen“, erzählt Matussek. Eine erste Einladung habe er auch ausgeschlagen, teils aus Skepsis, aber auch, weil er zu dem Termin keine Zeit gehabt habe. „Vor zwei Jahren waren Krömer und ich dann zusammen in der Talkshow ,3 nach 9‘ von Giovanni di Lorenzo. Dort haben wir uns sehr nett unterhalten“, begründet Matussek, warum er sich dann doch entschlossen hat, in Krömers klamaukige Show zu kommen.

Sicher ist: Wer zu Kurt Krömer geht, weiß, dass dies keine gewöhnliche Talkshow ist. Der Comedian diskutiert weder über Lebenserfahrungen noch tiefer gehende Weltanschauungen. Bücher sollte man möglichst nicht bewerben wollen. Matussek hätte also vielleicht darauf verzichten sollen, Krömer seine neue Novelle als Präsent mitzubringen.

Der andere Gast an diesem Abend war Mary Roos. Mit Schmeicheleien hielt sich Krömer auch bei der Sängerin nicht auf: „Viele Kollegen von Ihnen sind tot, Sie haben sie alle überlebt. Aber wo waren Sie eigentlich von 1980 bis jetzt?“. „Ach Schatzi, ich fand dich so nett“, konnte sie immerhin noch gute Miene zum vorhersehbaren Spiel machen. Matussek war dies kaum möglich.

„Was machen Sie eigentlich nach einer Talkshow? In den Puff gehen?“ fragte Krömer den „Spiegel“-Mann. Die Bordellfrage wurde im Verlauf der Sendung zur festen Redewendung „Matthias Matussek, der Puffgänger“ reduziert. Vor der Sendung war dem Journalisten gesagt worden, es solle über den Papst und Religion geredet werden.

„Ich kann genauso gut austeilen wie einstecken, aber zu so einem Satz fiel mir nicht mehr viel ein. Eigentlich hatte ich nur zwei Optionen: Krömer eine reinzuhauen oder rauszugehen“, sagte Matussek am Freitag dem Tagesspiegel.

Krömers Produktionsfirma will die Sendung unverändert ausstrahlen

Krömer und dessen Produktionsfirma wollen die Sendung mit Matusseks Auftritt wie aufgezeichnet ausstrahlen. „Der Dialog auf der Bühne zwischen Matussek und Krömer ist von der Kunst- und Satirefreiheit gedeckt und muss als Ganzes betrachtet werden. Da kann man nicht einzelne Passagen herausschneiden“, sagt Krömers Anwalt Christian Schertz, der auch dessen Produktionsfirma vertritt. Jedem Zuschauer und Gast sei vor der Sendung klar, dass Krömers Show „eine Form von absurdem Theater“ sei. „Ich erwarte, dass ein Kulturjournalist von der Bedeutung, wie Herr Matussek sie hat, die Sendung entsprechend tiefenentspannt sieht.“ Der RBB, der für diese Sendung innerhalb der ARD verantwortlich ist, will sich nicht öffentlich zu dem Vorgang äußern.

„Krömer läuft Amok“, meint hingegen Matussek. Für den Fall, dass sein Part nicht entfernt wird, werde er möglicherweise über eine Einstweilige Verfügung nachdenken. In jedem Fall werde er den Mitwirkendenvertrag nicht unterschreiben. Ob dies überhaupt nötig ist, ist strittig. Genauso bleibt unklar, ob die Sendung ohne die Teile mit Matussek überhaupt noch zu senden ist, zumal Krömer, Roos und Matussek später zusammen eine Tanzeinlage von Travestie-Künstler Ades Zabel alias Edith Schröder verfolgten.

Es wäre nicht das erste Mal, dass die Ausstrahlung einer TV-Sendung verhindert werden würde. 1999 setzte Moderator Cherno Jobatey durch, dass eine Folge der WDR-Talksendung „Zimmer frei“ nicht gezeigt wurde – zumindest für vier Jahre. In der Show hatten ihn Götz Alsmann und Christine Westermann mit ABC-Pflaster, Buchstabensuppe und Buchstabierwettbewerb so lange mit seiner Legasthenie in der Kindheit aufgezogen, bis Chobatey aus dem Studio stürmte und erst Minuten später zurückkehrte.

Krömer hat sich mit der 2012 gestarteten Sendung „Krömer – Late Night Show“ ein neues Image gegeben. Sein zuvor clowneskes Äußeres wurde zwar gegen altmodische, aber seriöse Kleidung getauscht. Bis auf die kanariengelben Socken passt sein blauer Blazer zu schwarzer Hose und weißem Hemd auch in der neuen Staffel zu diesem ernsthafteren Credo. Für sein Buch „Ein Ausflug nach wohin keiner will“ hat Krömer positive Kritiken erhalten. Nachdem er bereits 2012 Afghanistan besuchte hatte – auf Einladung der Bundeswehr – bereiste er das Land nun erneut und schrieb seine Eindrücke auf. Seine Sendung „Krömer – Late Night Show“ bezeichnet Krömer als investigativen Journalismus. Neben Matussek und Roos hat er noch die Ludolfs, Katrin Sass, The Boss Hoss, Claudia Roth, Reiner Calmund, Silly, Mark Benecke, Henryk M. Broder und andere zu Gast.

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