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„Nicht anfassen!“ Kurt Krömer (Mitte) geht mit seinen Gästen mitunter rüde um. Am Samstag in seiner Late-Night-Show: Gregor Gysi (links) und Helge Schneider. Foto: RBB
© rbb/Daniel Porsdorf

Krömer reloaded: Humor, der nicht lustig sein muss

Das Clownskostüm abgelegt – Kurt Krömer startet seine Late-Night-Show im Ersten. Allzu empfindlich sollten seine Gäste nicht sein.

„Ich bin wieder da, Freunde.“ Kurt Krömer ist im Fernsehen zurück. Ein Jahr nach dem Abschied von seiner „Internationalen Show“ startet am Samstag im Ersten die erste von vorerst acht Ausgaben der „Krömer – Late Night Show“, direkt nach dem „Wort zum Sonntag“.

Bart und Seitenscheitel sind weg, die Anzüge etwas gedeckter. Doch Alexander Bojcan, wie Kurt Krömer mit bürgerlichem Namen heißt, will sich auch künftig nicht festlegen lassen. Weder als Comedian noch als Komiker mag er bezeichnet werden, dann lieber als Clown. Doch der Clown hat sein Kostüm abgelegt, er selbst sagt, er sei nun gereifter, so wie man es von einem Late-Night-Talker in der ARD auch erwarten darf. Dabei erinnert er in vielem an den alten Kurt Krömer aus RBB-Zeiten, nun zwar ohne Sidekick und Mini-Beat-Band, dafür aber erneut mit Einspielfilmen.

Das 60er-Jahre-Bühnenbild mit Resopaltisch, Bar, Altbau-Klo und Röhrenfernseher kontrastiert mit dem rotsamtenen Ambiente des Berliner Ensembles. Ähnlichkeiten zum Doyen der Late Night, Harald Schmidt, sucht man hier vergebens. Auch die Biografie ist eine andere. Vor dem Erfolg im Fernsehen lief es bei dem Original-Berliner, der für Neukölln steht wie sonst nur Heinz Buschkowsky, alles andere als glatt: Zwei Ausbildung abgebrochen, hielt er sich als Hilfsarbeiter über Wasser, für den ersten Bühnenauftritt bekam er 11,50 D-Mark. Heute steht er darüber. Als ersten Gast begrüßt Krömer in seiner Late-Night-Show Links-Politiker Gregor Gysi, Anspielungen auf die Beziehung von Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht lässt sich Krömer nicht nehmen. Andererseits stört es den Gastgeber nicht, wenn Gysi den Spieß umdreht und die Fragen stellt. Zum Beispiel, wann Krömer gemerkt habe, dass er Komiker werden wolle: „Vor 17 Jahren, aber die ersten zehn Jahre hat det das Publikum nich jemerkt.“ Und noch mehr verrät er: „Lassen Sie sich nicht täuschen. Hinter der Kulisse bin ich der traurige Pierrot.“

Doch auch das ist Berliner Understatement. Vielmehr müssen seine Gäste hellwach sein, denn Kurt Krömer provoziert und stichelt unverdrossen. „Lassen Sie mich doch mal ausreden“, herrscht er Gregor Gysi an. „Nicht anfassen“, fährt er ihm in die Parade. Wer sich nicht anpampen lassen möchte, sollte nicht in seine Sendung gehen. An interessanten Gästen mangelt es Kurt Krömer im Ersten dennoch nicht. Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionschef im Kieler Landtag, nutzt seinen Auftritt bei Krömer für die Ankündigung, als FDP-Spitzenkandidat für Schleswig-Holstein bei der nächsten Bundestagswahl anzutreten. Zu den weiteren Gästen in der ersten Staffel gehören unter anderem Michael Gwisdek, ChrisTine Urspruch, Rainald Grebe, Jorge Gonzales, Anneke Kim Sarnau.

Bilderstrecke: Ein Rundgang durch den Körnerkiez mit Kurt Krömer

Kurt Krömer ist in seiner „Late Night Show“ ganz bei sich. Er hat die Ruhe weg. Einen Deutschen Fernsehpreis hat er bereits, einen Grimme-Preis ebenfalls. Selbst Schweigen könne er in seiner Sendung gut ertragen, hatte er gesagt. Tatsächlich kann bei ihm selbst ein Gespräch mit Gregor Gysi und Helge Schneider einen Hänger bekommen, ohne dass er nervös wird. „Mir gefällt das im Moment auch nicht“, gesteht er und setzt darauf, dass seine Gäste es schon machen werden.

Seriöser wirkt jedoch nicht nur seine Kleidung, Krömer will sich zudem verstärkt ernsthafteren Themen zuwenden. „Humor muss nicht immer lustig sein“, ist sein Credo. Krömer hat sich von der Bundeswehr einladen lassen, nach Afghanistan zur Truppenbetreuung. Mit dem Dienst an der Waffe habe er als Totalverweigerer keine Probleme, schließlich komme er aus Neukölln, „da heißt det Banküberfall“.

Doch Krömer stellt nicht den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan infrage, wie es sein Gast Gregor Gysi tun wird. Krömer hat bereits Probleme mit Befehl und Gehorsam. Ihm kann keine Armee der Welt Vorschriften machen. Die werden ihm in Kabul von ganz anderer Seite auferlegt. Man muss dorthin gehen, wo es wehtut, hatte Krömer gesagt, doch in der afghanischen Realität wird Krömer zuvörderst von Helm, Schutzweste und der Panzerung seines Transportfahrzeuges behindert.

An Fans mangelt es Krömer nicht, allein über seine Facebookseite fanden sich genügend Gäste für die Aufzeichnung der Show, applaudiert wird frenetisch. Kurt Krömer hat die Zielgruppe, die sich jeder Sender wünschen kann. Ob die Sendung am späten Samstagabend richtig platziert wurde, muss sich hingegen zeigen.

„Krömer – Late Night Show“, ARD, 23 Uhr 15

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