Interview mit Klaas Heufer-Umlauf: „Man denkt, morgen kann’s vorbei sein“
Klaas Heufer-Umlauf über Panik, Heimatgefühle, seine neue Serie „Check Check“, Streaming-Lieben und die Kritik an seiner Seenotrettungs-Spendenaktion.
Moderator ("Late Night Berlin"), Schauspieler, Produzent, Sänger, gesellschaftspolitisches Engagement - Klaas Heufer-Umlauf hat gut zu tun. Am Montag startet die von ihm produzierte zehnteilige Comedy-Serie „Check Check“ beim neuen Streamingkanal Joyn. Der 36-Jährige spielt den Security-Mitarbeiter eines schlecht frequentierten Flughafens in der Provinz.
Herr Heufer-Umlauf, neigen Sie eigentlich zu Übermut?
Wie kommen Sie darauf?
Sie haben sich ganz schön was zugetraut, bei der Serie „Check Check“ im Streamingkanal Joyn: Story, Schauspieler und Produzent.
Das ist mein Motor: Dass ich mir erst mal alles zutraue und die Realität mich dann auf Gardemaß zurechtstutzt.
Woher kommt dieser Antrieb?
Diese fast schon profilneurotische Selbstsicherheit, zu sagen: Ich habe das zwar nie gelernt, kann das aber alles? Es gibt ja auch Leute, die einem dabei helfen. Ich kenne das schon seit Langem: unterschiedliche Dinge gleichzeitig machen. Das ist wahrscheinlich aus so einer Panik heraus entstanden, dass man denkt, morgen kann’s vorbei sein.
Die Sorge scheint mir übertrieben. In den Pro7-Shows mit Joko Winterscheidt und als Moderator von „Late Night Berlin“ leben Sie von Ihrer Schlagfertigkeit. Wie ist es, als Schauspieler auswendig gelernte Texte aufzusagen?
Im Idealfall habe ich mich vorher mit den Texten beschäftigt. Die Autoren wie Ralf Husmann machen das ja meistens besser als man selber. Die sind auch wesentlich lustiger als ich. Haben sich Gedanken gemacht um den Text, länger als die 30 Sekunden, die mir zur Verfügung stehen, wenn ich etwas spontan verbessern will.
Ihre Serie hat einen tragikomischen Grundton, verbindet das für eine Comedy durchaus nicht lustige Thema Pflege mit den Themen Terror-Angst/Security.
Ich fand diese fast familienähnliche Aufstellung einzelner Security-Check-Truppen interessant als Biotop für Geschichten. Das habe ich öfters beobachtet. Wenn man das kombiniert mit persönlichen Umständen, die jemanden zwingen, dort mitzumachen wie meine Hauptfigur Jan Rothe, ergeben sich zwangsläufig alberne, eskalierende Situationen.
Der Rothe kommt nach Hause, aus Berlin in die Provinz, zum dementen Vater. Was bedeutet Heimat für Sie?
Ne Menge. Mittlerweile fahre ich total gerne nach Oldenburg, weil ich ja auch ein funktionierendes Leben in Berlin habe. Ich bin heilfroh, dass ich dort zur Welt gekommen bin. Ich fahr’ da mit dem Rad zum Markt, wunderschön. Oldenburg hat aus mir den Typen gemacht, der ich heute bin.
Was für ein Typ waren Sie in der Schule: Maulheld oder derjenige, der beim Fußballspiel zuletzt gewählt wurde?
Beides. Im Sozialen hatte ich eine ganz okaye Stellung. Das lag weniger an körperlicher Überlegenheit. Da war für mich immer eher die Herausforderung, zu verstehen, wann man auch mal die Klappe halten muss. Das gilt bis heute.
Haben Sie viele Freunde in Oldenburg?
Absolut. Ich freu’ mich jedes Mal, nach Hause zu fahren, habe auch noch Kontakt zu meinem ehemaligen Frisörsalon.
Sie sind selbst Vater von zwei Söhnen, kommen vielleicht auch mal in diese Sandwich-Situation: hier Kinder, da kranke Eltern. Würden Sie Ihren Vater oder Ihre Mutter in ein Heim geben können?
Mein Vater ist verstorben, als ich 23 war. Da habe ich mich mit dem existenziellen Vater-Sohn-Problem ganz anders auseinandersetzen müssen. Meine Mutter ist selber in der Pflege tätig. Die hat eine ganz praktische Veranlagung, wie meine Oma zu sagen: Macht euch bloß keinen Stress mit mir. Meine Oma hat sich anonym mit einer Urne beisetzen lassen, dass da ja keiner jahrelang Blumen hinlegen muss. Man tut gut daran, zu seinen Eltern intensiven Kontakt zu haben. Dann weiß man, was derjenige möchte: Pflegeheim, betreutes Wohnen oder so lange wie möglich zu Hause bleiben. Das Wichtigste ist, nie den Kontakt zueinander zu verlieren und sich gut zu kennen. Dann tut man das Richtige.
Im Fernsehen kennt man Sie als Dauer-Unterhalter. Dem „Playboy“ sagten Sie, Sie schätzen keine Ironie. Das sei nah am Zynismus. Muss man sich Klaas Heufer-Umlauf privat als komplett humorfrei vorstellen?
Ich hoffe doch, dass ich zu Hause nicht so nervig aufgedreht bin wie in meiner Sendung. Der Satz, den ich da am meisten höre: „Sei doch mal normal! Verstell' nicht die Stimme, sei nicht so albern. Verhalte dich wie ein Erwachsener.“
Schauen Sie denn noch lineares Fernsehen wie ein Erwachsener? Für viele Jüngere gibt es nur noch Netflix & Co…
Ich gucke alles. Bei mir gibt es auch noch einen ganz normalen Fernseher zu Hause.
Ihre Serien-Favoriten? „The Walking Dead“ oder „Jerks“? Horror oder Comedy?
Eher „Chernobyl“. Gags fesseln mich da nicht so sehr.
Die gibt es reichlich in „Check Check“. Was haben Sie noch vor in der Schauspielerei?
Ich bin und bleibe wohl Unterhalter. Aus mir wird kein Burgschauspieler. Es gibt bestimmte Rollen, die kann ich gut spielen. Nicht mehr, nicht weniger. Das merke ich ja, wenn ich mit richtigen Schauspielern wie Petra Kleinert oder Uwe Preuss zusammen drehe.
Sie mussten sich zuletzt viel Kritik anhören nach einer Spendenaktion und der gescheiterten Charterung eines Seenotrettungsschiffes...
Um es mit den Fakten konkret und kurz zu machen: Die Konklusio zu ziehen, dass da etwas komplett in den Sand gesetzt wurde, ist falsch. Da wurde Druck auf den Flaggenstaat des zu charternden Schiffes ausgeübt. Das kostete Zeit und Geld. Irgendwann war ein Teil des gespendeten Geldes weg. Ein anderer Teil wurde auf verschiedenen Wegen in Seenotrettung investiert, damit wurden Leute gerettet. Das Thema sprengt diesen Rahmen, ich hab aber sehr detaillierte Interviews zu diesem Thema gegeben, die man leicht findet, wenn man im Internet nach ihnen sucht.
Woanders wird Greta Thunberg kritisiert, dergestalt, ob sie im Winter heizen würde.
Klassischer, dummer „Whataboutism“ der zu nix führt. Dennoch: Wenn Dieter Nuhr was Blödes über Greta sagt, dann kann man ein Riesending draus machen. Damit schwächt man aber auch die Kritik an den wirklich Rechten. Ich fand diese Gags etwas bemüht, altväterlich, und der Grundton nervt natürlich tierisch, aber den Shitstorm ist es nicht wert.
Sie könnten es auch ruhiger haben.
Klar stelle ich mir auch mal die Frage: Warum tue ich das? Ich könnte meine Sendung machen, hier rumsitzen, in Urlaub fahren. Aber so bin ich nicht erzogen worden. Irgendeiner Verantwortung will ich gerecht werden. Dafür ziehe ich auch gerne mal den Hass von 1000 Vollidioten auf mich, wenn’s nicht anders geht.
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