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Neue Kollegen: Olga Lenski (Maria Simon) und Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) müssen in ihrem ersten Fall den Tod eines Studenten aufklären. Foto: RBB
© rbb/Conny Klein

Der neue Polizeiruf im RBB: „Mal ein schlechter Witz ist auch okay“

Maria Simon und Lucas Gregorowicz über deutsch-polnische Beziehungen im neuen RBB-„Polizeiruf“.

Die alte Polizeidirektion Potsdam ist geschlossen, Polizeihauptmeister Horst Krause samt Hund im Ruhestand. Olga Lenski (Maria Simon) wird im neuen „Polizeiruf 110“ des RBB nach Frankfurt an der Oder versetzt, zur ersten deutsch- polnischen Mordkommission. Dort trifft sie auf ihren neuen Kollegen Adam Raczek (Lucas Gregorwicz), der aus Polen stammt und auch dort lebt, aber einen deutschen Pass hat. „Grenzgänger“ wird am Sonntag um 20 Uhr 15 in der ARD und fast zeitgleich in Telewizja Polska (TVP) ausgestrahlt.

Frau Simon, Herr Gregorowicz, Sie haben den neuen RBB-Polizeiruf „Grenzgänger“ mit der ersten deutsch-polnischen Mordkommission bereits vor einigen Wochen bei der Vorpremiere in Frankfurt an der Oder, wo das gemeinsame Ermittlerteam angesiedelt ist, gesehen. Wie hat er Ihnen gefallen?

GREGOROWICZ: Das ist ein toller, modern aussehender Film geworden, der sogar im Kino auf der großen Leinwand gut rüberkam. Bei sich selbst sieht man zwar immer Fehler, die man nicht mehr gutmachen kann. Aber ansonsten gefällt er mir sehr gut.

SIMON: Ich ziehe den Hut vor unserem Regisseur Jakob Ziemnicki. Er hatte wenig Zeit, sich auf den Film vorzubereiten.

Maria Simon und ich, wir mochten uns von Anfang an

War das die erste gemeinsame Arbeit für Sie, Herr Gregorowicz?
GREGOROWICZ: Ja. Wir mussten darauf achten, so zu spielen, als ob wir uns nicht kennen. Maria Simon und ich waren uns von Anfang sehr grün und mochten uns. Die Figuren kennen sich aber nicht.

Ganz ohne das Klischee vom geklauten Auto in Polen kommt auch der neue “Polizeiruf” nicht aus, wenn auch auf ironische Weise. Warum tun sich Deutsche und Polen im Umgang so schwer?
GREGOROWICZ: Uns war es wichtig, keinen falschen oder übervorsichtigen Ton zu treffen. Wenn es dann manchmal ein schlechter Witz zu viel ist, ist es aber auch okay. Vorurteile gibt es übrigens in beiden Richtungen.

An welche denken Sie da?
GREGOROWICZ: Als ich vor fünf Jahren nach Polen gezogen bin, habe ich das festgestellt. In Deutschland war ich immer der Pole. Als ich nach Polen zurückkehrte, dachte ich, dass ich nun quasi zurück in meiner Heimat bin. Doch da war ich dann der Deutsche. Zudem gibt es in Polen noch immer diese starke Opfer-Täter-Sicht. Anders als in Berlin sind die Folgen des Krieges in Warschau noch immer präsent und sichtbar.

Kann ein Krimi wie der „Polizeiruf 110“ dabei helfen, dass sich Deutsche und Polen besser verstehen?
SIMON: Ich würde mich freuen, wenn es so ist. Deutsch und Polnisch steht für alles Mögliche, da kann man alles einsetzen: Französisch, Algerisch, Israelisch, Palästinensisch. Je mehr wir es schaffen, uns gegenseitig mit einem menschlichen Blick zu begegnen und nicht mit Grenzen im Kopf, desto eher kann es eine goldene Zukunft werden.

GREGOROWICZ: Dass die Grenzen offen sind, ist ein hohes Gut. Und es ist ein sehr wichtiges Statement, wenn so viele Menschen eine solche Produktion wie den „Polizeiruf“ sehen – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen, wo der Film am gleichen Tag ausgestrahlt wird. Gerade bei den Ängsten, die derzeit überall herrschen, ist das sehr wichtig. Aber es ist halt eben nur ein Film, also Unterhaltung und keine Politik.

Maria Simon musste sich von Horst Krause verabschieden

Frau Simon, Sie gehören seit Langem zum Brandenburger „Polizeiruf“ und mussten sich nach dem Abschied von Horst Krause an einen neuen Partner gewöhnen.

SIMON: Die Gewöhnung war nicht schwer, da war sehr schnell ein Fluss da. Zum Glück vollziehe ich solche schnellen Wechsel im beruflichen Leben. Zu Hause ist es sehr beständig, das freut mich sehr.

Das Aus für Horst Krause war altersbedingt ja nicht mehr zu vermeiden.

SIMON: Wir hatten die Zeit, uns voneinander zu verabschieden. In Frankfurt war er nur noch als gute Seele dabei und wir haben oft an ihn gedacht. Er war oft präsent, aber nicht physisch.

Und Ihnen, Herr Gregorowicz hat er sein Okay gegeben?
GREGOROWICZ: Nach einer Kostümprobe für den Film stand ich in Moabit an einer Straße, als plötzlich ein Mann in breitem Berlinerisch sagte „Junger Mann, Taxis bekommen Sie nur uff der anderen Seite“. Ich hab mich umgedreht und vor mir stand Horst Krause, der mich allerdings nicht kannte, bis ich ihm sagte, dass ich sein Nachfolger im „Polizeiruf“ bin. Da sind wir auf ein Bier in seine Stammkneipe gegangen, haben angestoßen und uns kennengelernt. Jetzt habe ich seinen Segen.

Frau Simon, im Film wirkt ihr Polnisch sehr authentisch. Sprechen Sie die Sprache?

SIMON: Nein, ich kann Russisch und freue mich über die Vielzahl an Sprachen. Ich finde es schön, dass diese Sprache hinzukommt.

Herr Gregorowicz, Sie haben sogar polnische Wurzeln?
GREGOROWICZ: Ich bin zwar in London geboren, meine Eltern sind aber Polen, und ich bin bis zum zehnten Lebensjahr in Polen aufgewachsen. 1986 sind wir mit meinem Bruder geflohen, ins Ruhrgebiet, wo ich auch studiert habe. Ich habe aber vor einigen Jahren noch mal in Warschau gelebt und dort mein Vokabular aufgefrischt.

Das Gespräch führte Kurt Sagatz.

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