"Mona Lisa" wird eingestellt: Mainzer Männerklüngel
Braucht es noch Frauenmagazine im Fernsehen? Das ZDF will „Mona Lisa“ einstellen - und Themen aus der Sicht der Frauen "ganzheitlich" bearbeiten.
Ihren 30. Geburtstag darf „Mona Lisa“ nicht mehr feiern, schon im Jahr zuvor ist Schluss. Nach der Sommerpause, vermutlich Ende September, will das ZDF die seit 1988 ausgestrahlte Sendung einstellen. „Mona Lisa“ ist eines von zwei Frauenmagazinen, die im deutschen Fernsehen noch verblieben sind. Sonst macht nur noch der Westdeutsche Rundfunk Fernsehen aus dem Blickwinkel von Frauen, mit der Sendung „frau tv“.
Im Print kam das Aus noch sehr viel früher; die in den frauenbewegten End-1970er und 1980er Jahren etablierten Frauenseiten, auf denen es nicht mehr ums schmucke Heim und um Eingemachtes ging, sondern um Lohngleichheit und Schwangerschaftsabbruch: Sie sind längst Zeitungsgeschichte – übrigens auch im Tagesspiegel.
ZDF-Intendant Thomas Bellut will seine Pläne freilich nicht als Marsch zurück verstanden wissen, auch wenn er sich im Internet mit #rettetmonalisa und Protest-Briefen von Frauenverbänden auseinandersetzen muss. Auch künftig werde sein Mainzer Sender „Themen aus der Sicht von Frauen“ bearbeiten, versprach er nach der Sitzung des ZDF-Fernsehrats Ende letzter Woche.
Aber das solle künftig eher „ganzheitlich" geschehen. „Eine monothematische Zielgruppensendung passt nicht mehr richtig ins Bild“, sagte Bellut und ließ durchblicken, dass er Frauenprogramme für überholt hält: Mona Lisa sei 1988 „sehr wichtig“ gewesen, es gab damals „keine Moderatorin im Heute-Journal, es gab keine Bettina Schausten als Leiterin des Hauptstadtbüros. Wir haben jetzt Frauen in Führungspositionen“.
Inge von Bönninghausen hat bei jedem dieser Sätze ein starkes Déjà-vu-Erlebnis. Die frühere WDR-Fernsehjournalistin und feministische TV-Pionierin hörte sie schon vor 30 Jahren, als sie beim Kölner Sender Frauenfernsehen machte. "frau-TV" war eine ihrer Gründungen. „Damals hieß es auch schon, das brauchen wir nicht, Frauen kommen überall vor.“ Solle Bellut doch sagen, wie stark die ZDF-Führung tatsächlich mit Frauen besetzt sei. „In der ARD hatten seit ihrer Gründung von zehn Anstalten drei eine Intendantin, aktuell sind es nur zwei.“
Das Wort von der Antiquiertheit der Zielgruppensendung macht die erfahrene Fernsehfrau geradezu fassungslos: „Das ist einfach dummes Zeug. Die gibt es natürlich für Männer genauso. Was anders ist der größte Teil der Sportsendungen? Das sieht man an dem Riesengetöse, als zwei EM-Spiele von einer Frau kommentiert wurden. Prompt verspricht der ZDF-Sportchef, dass es sicher nicht noch mehr werden.“ An diesem Samstag übrigens fiel "ML" bereits dem Wintersport zum Opfer.
Der Mensch ist Mann, die Frau ist die Abweichung davon
„Der Mensch ist Mann, die Frau ist die Abweichung davon. Das ist die uralte Denke aus dem 18. Jahrhundert“, seufzt Bönninghausen. Wo sie im Fernsehen weiter am Werk sei, entstünden eben Sendungen, die sich angeblich an alle wenden, in Wirklichkeit aber Männersache sind. „Wenn der Intendant eine Antenne für gesellschaftliche Entwicklungen hat, könnte er ,ML' einen anderen Sendeplatz geben und der Redaktion vielleicht sogar eine politisch-feministische Zuspitzung empfehlen.“
Wobei im Falle "Mona Lisa" (ML) die Entscheidung gegen eine Frauensendung nicht erst jetzt gefallen ist. Maria von Welser, Gründerin von "ML", spricht von einer „Gemischtwaren-Form“, zu der das alte Format umgemodelt worden sei. Und beklagt auf ihrer Website, dass sich die Frauen im Sender schon damals nicht gewehrt hätten gegen den „Männerklüngel“ auf dem Mainzer Lerchenberg.
Die Verantwortlichen dort wollen die halbe Stunde, die noch "ML" gehört, künftig mit einer Dokumentationssendung besetzen. Man will sich dafür beim deutsch-französischen Sender Arte und aus eigener Doku-Produktion versorgen. Dass samstags um 18 Uhr womöglich auch jüngeres Publikum gewünscht ist - von den ordentlichen immer noch 1,5 bis zwei Millionen Zuschauern von ML gehört weit weniger als ein Zehntel zur werberelevanten Königsklasse der Unter-49-Jährigen - spricht Bellut nicht an.
Stattdessen erwähnt er die Personalnot: Man müsse „umschichten“. Die Münchner Redaktion, die bisher ausschließlich "ML" produzierte, wird umziehen, man werde sie „sehr gut gebrauchen können für andere Aufgaben in der Aktualität“. Mehr Stellen seien nun einmal ausgeschlossen, „wir müssen alle Redaktionen auf allen Ausspielwegen mit mehr Aufgaben beschäftigen“.
Für Frauen will das ZDF jetzt anderswo etwas tun: Bellut hat dem Fernsehrat versprochen, den Anteil der Regisseurinnen in ZDF-Produktionen in den nächsten beiden Jahren zu steigern. Dass die Filmhochschulen zwar 40 Prozent Absolventinnen entließen, aber Regisseurinnen weniger als zehn Prozent der Filme machen, hat der ZDF-Intendant durch die Frauen von „Pro Quote Regie“ erfahren.