Vom Mahner zum Macher: Lauterbach muss sich aus der Abhängigkeit vom TV-Abendgebet befreien
Wer oder was kann den neuen Gesundheitsminister vom Illnerismus und Willismus befreien? Ein Kommentar.
Karl Lauterbach hat sich ein Ziel gesetzt. Er werde seltener in Talkshows auftreten, weil er jetzt eine andere Arbeit leisten müsse, sagte er dem "Spiegel“ in einem Interview. Was aber machte der neue Gesundheitsminister am Donnerstagabend? Er saß bei "Maybrit Illner" in der Runde und damit genau dort, wo er gerade vor einer Woche gesessen hatte.
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Talkshows sind für Menschen vom Schlage eines Lauterbachs ein süßes Gift. Millionen sehen und hören zu, welche nicht nur mediale Plattform bietet so eine Chance, so unmittelbar und direkt gehört und gesehen zu werden? Publikum wie Wahlvolk werden den Schweiger nicht kennenlernen, er ist seine eigene Ich-AG in Sachen Öffentlichkeitsarbeit, er wird weiter talken und twittern. Und wer hat ein nachvollziehbares Motiv dafür: "In einer Gesundheitskrise, in der es darum geht, die Bevölkerung mitzunehmen, ist es zentral, dass der Minister Wissenschaft und Politik in Alltagssprache übersetzt."
Da macht er einen Punkt: Vielleicht kann sich eine Viola Priesemann, auch sie war Gast bei "Maybrit Illner" oder ein Christian Drosten klar und damit unmissverständlich ausdrücken, zugleich jedes Mitglied der Ständigen Impfkommission einen "Übersetzer", eine "Übersetzerin" braucht.
Vom Mahner zum Macher
Karl Lauterbach muss sich allerdings vom eigensinnigen Mahner zum kundigen Macher wandeln. Das gelingt in der Talkshow nicht wirklich. Also bitte kein Ankündigungsminister, werter Herr Lauterbach! Und hat er ein Gegenmittel, ein Wundermittel, wie man sich aus der Abhängigkeit vom televisionären Abendgebet, vom Illnerismus, vom Maischismus, vom Lanzismus und vom Willismus befreit? Auch der Talk-Virus kennt seine Mutanten. Noch sieht es so aus, als würde ein Raucher versuchen, sich dadurch zum Nichtraucher entwickeln, dass er sich eine Zigarette nach dem anderen ansteckt. Lauterbach ist vom Fach, da wird er schon seine eigene wirkungsvolle Therapie finden.
Karl, der Große?
"Karl, der Große?", titelt die "Zeit". Da steckt auch Bewunderung drin, die von nicht wenigen geteilt wird. Die finden sich auch im Nahkampfmedium Twitter. "lauterbachluegt", "lauterbach verteidigung", "lauterbach", Accounts die Menge, die einerseits attackieren und andererseits Lauterbach zur Seite springen.
Zwei Beispiele vom Account @Karl Lauterbach: "Dieser Herr ist mit Abstand die schlimmste Neubesetzung unserer jetzigen Regierungstruppe". Dagegen: "Der Gesundheitsminister der Herzen ist vereidigt. Jetzt liegt eine schwere Aufgabe vor ihm. Ich traue @Karl_Lauterbach zu die Pandemie zu bekämpfen und uns Schritt für Schritt wieder das alte Leben zurückzugeben. Dafür alles Gute!" Ein letzter, leiser Wunsch: Bitte erst rasieren und dann in die "Talkshow".