Diskussionen um RBB-Staatsvertrag: Konfessionslose wollen gleichen Einfluss auf RBB wie Kirchen
Der „Guardian“ nannte Berlin kürzlich die „atheistische Hauptstadt Europas“. Konfessionslose fordern nun einen Sitz im RBB-Rundfunkrat.
Wenn Berliner und Brandenburger Politiker in diesen Tagen einen neuen Staatsvertrag mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) beraten, wird es auch um Religionsfragen gehen – und um die Repräsentanz nicht-religiöser Menschen in Funk und Fernsehen. 77 Prozent der Berliner und Brandenburger, das hat eine Umfrage des Instituts „Civey“ für den Humanistischen Verband Deutschlands (HVD) ergeben, schauen oder hören „selten oder nie“ religiöse Inhalte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Nur 6,5 Prozent der Befragten nutzen solche Angebote täglich. Das ist wenig verwunderlich: In Berlin sind zwei Drittel der Menschen konfessionslos, der britische „Guardian“ nannte Berlin kürzlich „atheistische Hauptstadt Europas“.
Laut der Broschüre „Kirche und Religion im RBB“ waren evangelische und katholische Kirche 2020 allein für knapp 2400 Sendungen in den Programmen des öffentlich-rechtlichen Senders verantwortlich. Die Kirchen haben laut Rundfunkstaatsvertrag von 2013 auch ganz besondere Rechte: „Religionsgemeinschaften sind auf ihren Wunsch angemessene Sendezeiten zur Verfügung zu stellen“, so steht es im Staatsvertrag.
Evangelische und katholische Kirche entsenden außerdem Vertreter in den Rundfunkrat, der die Intendanz berät und die Einhaltung des Programmauftrags überwacht. Daran will niemand ernsthaft rütteln.
Doch auch der Humanistische Verband, die Interessenvertretung der Konfessionslosen, meldet Ansprüche auf einen Platz im Aufsichtsgremium an. Dieses soll laut eines Vertragsentwurfs, der dem Tagesspiegel vorliegt, künftig auf 32 Plätze erweitert werden. Auch Verbände von Behinderten sowie von Schwulen und Lesben haben künftig je einen Sitz.
„Wir möchten, dass die Politik versteht, dass Menschen in Berlin-Brandenburg, die ein Leben ohne religiöse Bezüge, aber eben mit humanistischen Werten führen, einen Großteil der Hörer:innen und Zuschauer:innen des RBB ausmachen“, sagte Jan Gabriel, Vorsitzender des HVD in Berlin-Brandenburg, dem Tagesspiegel. Diese Werte müssten berücksichtigt werden „und zwar auf Augenhöhe, wie das auch bei religiösen Menschen üblich ist“.
Es gehe nicht um ein Gegeneinander
Der HVD ist in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Kirchen gleichgestellt. Er organisiert zum Beispiel für knapp 70 000 Schülerinnen und Schüler den Lebenskundeunterricht.
Mittlerweile besuchen an den staatlichen Schulen Berlins mehr Kinder diesen Unterricht als das Wahlpflichtfach Religion. „Im deutschen Grundgesetz werden Religionen und Weltanschauungen ja sehr bewusst als gleichwertig nebeneinandergestellt. Es geht uns nicht um ein Gegeneinander“, sagte Gabriel.
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61 Prozent der Brandenburger, das ist ein weiteres Ergebnis der Civey-Umfrage des HVD, wollen, dass in Radio und Fernsehen mehr Menschen berücksichtigt werden, die sich keiner Religion zugehörig fühlen. 16 Prozent lehnen das ab, der Rest ist unentschieden. Rund 66 Prozent beantworten die Frage, ob im RBB neben kirchlichen auch weltlich-humanistische Sichtweisen bei gesellschaftspolitischen Fragen berücksichtigt werden sollten, mit Ja.
Die Frage der Repräsentation konfessionsloser Menschen beschäftigt auch Berliner und Brandenburger Politiker. Die Linken-Abgeordnete Carola Bluhm unterstützt die Forderung des HVD. „Mir geht es um die Abbildung gesellschaftlicher Veränderungen in Berlin und Brandenburg, deshalb gehört der HVD in den Rundfunkrat.“ Nach Tagesspiegel-Informationen aus Koalitionskreisen sperrt sich vor allem die Brandenburger Staatskanzlei gegen dieses Ansinnen.
Bluhm fordert, dass nicht nur Religions-, sondern auch Weltanschauungsgemeinschaften besondere Sendezeiten eingeräumt werden. So findet analog zu Kirchentagen jährlich der Welthumanistentag statt – er kommt aber kaum im Programm vor. Der RBB selbst ist wenig begeistert von den Forderungen der Humanisten. Intendantin Patricia Schlesinger antwortete auf einen Brief des Verbandes deutlich: Man solle sich doch lieber an die Politik wenden, nicht an den RBB.
„Wichtig ist uns aber der Hinweis, dass der Rundfunkrat kein Gremium von Interessen- und Verbandsvertretern ist, sondern hier wird die Bevölkerung der Länder insgesamt vertreten“, schreibt Schlesinger. Die Themen des humanistischen Verbandes seien ausreichend berücksichtigt.
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