Ukw-Wellen bleiben, vorerst: Ein Sender, zwei Pferde
Der neue RBB-Staatsvertrag und ein Liebäugeln mit Instagram, Tiktok, Facebook. Intendantin Patricia Schlesinger im Medienausschuss des Abgeordnetenhauses.
Braucht es verstärkt Apps, um RBB-Radio zu hören? Schließt das ältere Hörer aus, die auf Ukw-Wellen warten? Wo will der Rundfunk Berlin-Brandenburg hin? Wie umfänglich will er sein Inhalte noch linear ausspielen, oder sieht er sich besser bei Facebook, Instagram oder TikTok aufgehoben? Und: Wie geht der Sender mit seinen freien Mitarbeitern um? Nur einige von vielen Fragen an RBB-Intendantin Patricia Schlesinger am Mittwoch im Medienausschuss des Abgeordnetenhauses. Auf Vorlage: der Entwurf zum neuen RBB-Staatsvertrag, der bis zur Sommerpause in Berlin und Brandenburg verabschiedet werden soll und ein Konstrukt von 2013 ablöst, das – vor dem Boom von Netflix, Instagram oder Spotify – ganz im Zeichen der klassischen linearen Verbreitung von Audio und Video stand.
Viel Redebedarf zum Thema Zukunftsfähigkeit und Auftrag des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks, auch in Abgrenzung zu privaten Veranstaltern, die via Vaunet im Ausschuss ihrer Befürchtung Ausdruck gaben, dass sich der RBB mit einer Auftragsaufweichung in Richtung Netz noch stärker privaten Medienangeboten annähern könnte. Der RBB wolle mehr Flexibilisierung für Angebote im Netz, mit Blick auf die Länder Berlin und Brandenburg und deren Haltung zum Staatsvertrag, so Schlesinger schon vor einer Woche im Rundfunkrat : „Würden sie auf lineare und terrestrische Vorgaben beharren, würden sie unseren Platz in der medialen Zukunft verbauen.“ Zuschauer nutzten unterschiedlichste Plattformen. Die Intendantin verwies auf die Audio- und Mediatheken, blickte aber auch auf private kommerzielle Plattformen wie Instagram, Youtube, Tiktok und Facebook.
Keine einfache Entscheidung für Senat und Abgeordnetenhaus in Berlin und Brandenburg. Für ARD-Anstalten gibt es eigene Staatsverträge, die Struktur und Auftrag des öffentlichen Rundfunks festlegen. Es geht auch um Zusammensetzung und Kompetenzen von Gremien wie dem Rundfunkrat, der laut RBB-Stellungnahme bei der Intendantenwahl nicht ganz so frei entscheiden kann. Das von 30 auf 32 Mitglieder aufgestockte Gremium (Verbände von Behinderten sowie von Schwulen und Lesben erhalten einen Sitz) bekommt zur Intendantenwahl einen Vorschlag vom achtköpfigen Verwaltungsrat (VR), nach öffentlicher Ausschreibung des Amtes. Es werde eine Findungskommission eingesetzt, sofern der VR vom Vorschlagsrecht keinen Gebrauch macht.
Oder es geht darum, wie viele Radioprogramme eine ARD-Anstalt betreibt. Beim RBB sind es sieben. Im Entwurf zum neuen Staatsvertrag, Paragraf 4, ist davon die Rede, dass, auf lange Sicht, zwei lineare RBB-Radiowellen bleiben (88,8, Antenne Brandenburg), andere wie Fritz könnten auch ausschließlich übers Internet verbreitet oder durch vergleichbare Angebote im Netz ersetzt werden.
„Wir haben nicht vor, Zuschauer in Brandenburg ohne 5G-Verbindung außen vor zu lassen, wir stellen auch keine Wellen ab“, sagte dazu Schlesinger. Es ginge um ein „hybrides Programmmanagement“, dass veränderten Nutzungsgewohnheiten Rechnung trage. Der RBB müsse zwei Pferde reiten, das digitale und das lineare. Es sei im Übrigen offen, ob die Verbreitung übers Netz günstiger sei als die über Ukw. So richtig überzeugt hat das den sechsköpfigen Medienauschuss am Mittwoch im Detail nicht. Am 10. März wird wieder getagt.
Auch ein Thema in der Debatte zum Staatsvertrag: wie frei schaffende Mitarbeiter im Sender vertreten werden. Das ist wieder evident, wo der RBB infolge der Änderung des Vorabendprogramms samt Einstellung von „zibb“ und „RBB um 6“ zum Jahresende „Änderungsmitteilungen“ an 75 feste, freie Mitarbeiter geschickt hat. Schlechte und gute Nachrichten von Schlesinger: „Würden freie Kollegen durch den Personalrat vertreten, ergeben sich arbeitsrechtliche Fragen, denen andere Rundfunkanstalten schon heute mit Mühe gerecht werden können.“ Für 75 Freie suche man Möglichkeiten, weiter im Sender zu arbeiten. M. Ehrenberg