Buddha und andere Kostbarkeiten: Kaiser Wilhelms Kunsträuber
ZDF-Film über die Turfanexpeditionen. Die ersten fanden im Kaiserreich statt und waren nichts anderes als Kunstraub. Die aktuelle Expedition brachte ZDF und das Berliner Museum für Asiatische Kunst zusammen.
Jahrhundertelang zog die Seidenstraße Abenteurer aus aller Welt an. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts aber russische Forscher große Kunstschätze aus China mit ins Zarenreich brachten, wollte der deutsche Kaiser Wilhelm II. nicht länger hintanstehen. Er entsandte die Archäologen und Kunsthistoriker Albert Grünwedel und Albert von Le Coq auf eine Expedition in die uigurische Provinz Xinjiang in Nordchina. Heute sind diese Reisen als „Turfanexpeditionen“ bekannt, während denen die Forscher auch die Höhlen von Kizil entdeckten: Bergkammern, über und über verziert mit Buddha-Fresken und Wandmalereien, beeinflusst von den verschiedensten Völkern und deren Religionen. Weil der Kaiser sich aber nicht nur mit Schwarz-Weiß-Fotos der Kunstwerke zufriedengeben wollte, nahmen Grünwedel und Le Coq kistenweise Statuen und Gemälde mit. Eine der Buddha-Höhlen plünderten sie komplett, lösten den Wandschmuck stückchenweise von seinem Platz. Heute würde man sagen: Kunstraub.
Neue Turfanexpedition mit ZDF und Berliner Museum für Asiatische Kunst
Filmemacherin Carola Wedel hat den Direktor des Berliner Museums für Asiatische Kunst, Klaas Ruitenbeek, nach Turfan begleitet. Noch eine deutsche Turfanexpedition, wenn man so will; auch diese erfolgreich. Denn Wedel und ihre Mitreisenden waren das erste nicht chinesische Fernsehteam überhaupt, das in den Höhlen von Kizil und anderen archäologischen Stätten in Turfan drehen durfte. Fast verständlich, dass die Chinesen etwas skeptisch sind, wen sie zu ihren Kunstschätzen lassen – auch wenn die Rückgabe der damals entfernten Objekte von staatlicher Seite nicht offiziell gefordert wird. Peking grummelt leise; die chinesischen Historiker vor Ort etwas lauter. Tatsächlich ist die von den Deutschen leer geräumte Höhle ein erschreckender Anblick.
Was Wedel gefilmt hat, ist aber auch im positiven Sinne beeindruckend; schon alleine wegen der kargen Landschaft, in der Turfan wie eine grüne, fruchtbare Arche liegt. Die Wandmalereien zeigen deutlich, wie wechselhaft die Geschichte der Region war. Ein Buddha mit indischen Gesten und griechischem Gewand? Gibt es; zumindest hier. Turfan: der erste Melting Pot der chinesischen Geschichte.
Die Fresken und Gemälde, die Albert Grünwedel und Albert von Le Coq Anfang des 20. Jahrhunderts mit nach Berlin brachten, sollen von 2019 an im Humboldt-Forum zu sehen sein. Allzu viel ist davon nicht mehr übrig: Weil die Exponate fest installiert waren und nicht in Bunker ausgelagert werden konnten, wurde die Berliner Buddha-Höhle im Zweiten Weltkrieg zu großen Teilen zerstört. Tatjana Kerschbaumer
„Geheimnisvolles Turfan: Von der Seidenstraße zum Humboldtforum“, 3sat, 25.12., 19 Uhr 15