Amazon-Serie "Homecoming": Julia Roberts Lächeln
Was geschieht mit den US-Kriegsheimkehrern: Julia Roberts spielt Doppelrolle in der Amazon-Serie "Homecoming"
Unterschiedlicher könnten die beiden Figuren, die Julia Roberts in der neuen Amazon-Prime-Video-Serie „Homecoming“ spielt, nicht sein. Dabei handelt es sich um ein und dieselbe Person. Doch zwischen der freundlich-lächelnden Fallbearbeiterin Heidi Bergman, die sich im Homecoming Transitional Support Center in Florida rührend um die aus den Kriegsgebieten heimkehrenden US-Soldaten kümmert, um ihnen den Wiedereinstieg in einer normales, geregeltes Leben zu ermöglichen, und jener zweiten Heidi Bergman liegen Welten. Diese Frau hat ihr schickes Büro inklusive Aquarium – einer ihrer Mandanten rät ihr, die Fische nur einmal statt dreimal am Tag zu füttern – gegen eine Stelle als Bedienung in einem drittklassigen Diner, das zwischen einer Segel-Marina und Industriegebiet liegt, eingetauscht. Das Lächeln der Julia Roberts, das sie ihren Soldaten geschenkt hat, sieht man an diesem Ort nicht. Vor allem zu Walter Cruz (Stephan James) hatte sie ein besonderes Verhältnis aufgebaut. Der farbige Ex-GI war im Gegensatz zu dem impulsiven Unruhestifter Shrier (Jeremy Allen White) ein sehr umgänglicher Mensch, bei dem man sich ohnehin fragte, warum er die Hilfe von Homecoming benötigte. Die Heidi Bergman, die im „Fat Morgan’s“ arbeitet, sieht dagegen um deutlich mehr als vier Jahre gealtert aus, sie ist nur noch der verhärmte Schatten ihrer selbst. Vor allem aber kann oder will sie sich an nichts mehr erinnern, als der Mann vom Verteidigungsministerium sie eines Tages in dem Diner aufsucht, um sie nach der Homecoming-Einrichtung und ihrer Tätigkeit dort zu befragen. Was ist passiert?, diese Fragen stellt sich Heidi Bergman zunehmend selber. Ein Hauch von „Erin Brockovich“ kommt auf.
Hin und Her zwischen beiden Welten
Immer wieder wird zwischen den beiden Welten gewechselt, zwischen der Heimkehrereinrichtung, die im Jahr 2018 angesiedelt ist, und den Ereignissen vier Jahre später – wobei die Zukunft interessanterweise in der alten 4:3-Bildschirmaufteilung eher wie die Vergangenheit aussieht. Man ahnt bald: In dieser Behörde ging trotz des honorigen Anstrichs längst nicht alles mit rechten Dingen zu. Warum sonst sollte Heidi Bergmans Chef Colin Belfast (Bobby Cannavale) sie kurz vor einem wichtigen Flug noch aus einer Halle mit lauter blutverschmierten Stahltischen anrufen, bei denen man nicht weiß, wer oder was darauf gelegen hat?
„Homecoming“ ist eine weitere Streamingserie, die mit einem großen Namen aus der Kino-Welt aufwartet. Billy Bob Thornton hat in „Goliath“ für Prime Video einen gealterten, aber beherzten Anwalt gespielt, Gérard Depardieu war der Star der europäischen Netflix-Serie „Marseille“. Der Reigen der Hollywood-Stars, die die Möglichkeiten der Streamingserien ausprobieren, geht munter weiter. Orlando Bloom wird für Amazon 2019 in der Serie „Carnival Row“ zu sehen sein, bereits am 16. November kommt bei Netflix „The Kominsky Method“ heraus: Hauptdarsteller ist der Oscar-Preisträger Michael Douglas.
Im Multi-Milliarden-Dollar-Geschäft der neuen Unterhaltungsgiganten wird nichts dem Zufall überlassen. Vorlage für „Homecoming“ ist der gleichnamige Podcast von Gimlet Media. Als Regisseur und ausführender Produzent wurde mit Sam Esmail der Schöpfer der erfolgreichen Hackerserie „Mr. Robot“ engagiert. Seine Umsetzung von „Homecoming“ ist sehr eigenwillig ausgefallen. Die zehn Folgen haben jeweils nur eine Länge von einer halben Stunde. An die eigentümliche, an die 80er Jahre erinnernde VHS-Atmosphäre muss man sich erst gewöhnen. Doch nicht nur das Lächeln der Julia Roberts, sondern auch der geschickt ausgelegte Spannungsbogen macht dies nicht allzu schwer.
"Homecoming“, Amazon Prime Video, im englischen Original ab Freitag, die deutsche Synchronfassung folgt am 22. Februar 2019.
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