Arbeitsbedingungen in Russland: Journalisten werden Agenten
Der Status „ausländischer Agent“ soll auch auf in Russland akkreditierte Auslandskorrespondenten ausgeweitet werden.
Die Arbeitsbedingungen für ausländische Korrespondenten in Russland könnten sich künftig beträchtlich erschweren, es könnte sogar gefährlich werden. Justizminister Konstantin Tschuitschenko will nämlich den Status „ausländischer Agent“ auch auf in Russland akkreditierte Auslandskorrespondenten ausweiten. Das oppositionelle Moskauer Onlineportal „The Insider“ zitierte am Donnerstag aus dem Entwurf einer entsprechenden Anordnung.
Seit die Duma im Dezember das entsprechende Gesetz verschärfte, können auch einzelne Politiker und Journalisten als „Agenten“ eingestuft werden, einfach wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten. Was die Medien betrifft, ist die schwarze Liste noch kurz: auf ihr stehen zwölf Unternehmen und fünf Einzelpersonen mit russischer Staatsbürgerschaft. Nun will der Justizminister, dass das „Agenten“-Gesetz für alle in Russland akkreditierten Journalisten gilt.
Die Aufnahme auf die Liste droht Medienschaffenden für Aktivitäten, „die unvereinbar sind mit ihrer beruflichen Tätigkeit als Journalisten“. Wie dehnbar diese Formulierung nach russischer Rechtsauffassung ist, bekamen erst kürzlich Diplomaten aus EU-Staaten zu spüren, die eine der Demonstrationen für die Freilassung Alexej Nawalnys beobachteten. Sie wurden zu unerwünschten Personen erklärt und ausgewiesen.
Die Einbeziehung von Auslandskorrespondenten in das „Agenten“- Gesetz dient auch der Einschüchterung der eigenen Bevölkerung. Jeder Interviewpartner läuft Gefahr, sich unangenehmen Fragen der Sicherheitsbehörden stellen zu müssen oder muss sogar strafrechtliche Konsequenzen fürchten. „Mit dem neuen Gesetz kann jeder, der Kontakte ins Ausland hat, gebrandmarkt und bestraft werden, indem man einfach sagt, er sei ein ausländischer Agent“, kommentierte der Menschenrechtler Lew Ponomarjow bereits im Dezember.