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Nicht ohne mein Notebook. Firas Alshater, Deutschlands Flüchtlings-youtuber
© Kai-Uwe Heinrich

Flüchtlings-Youtuber Firas Alshater: "Integration - wir backen das!

Firas Alshater ist Deutschlands bekanntester Flüchtlings-Youtuber. Mit seinen "Zukar"-Stückchen will er den Hass mit Humor kontern

Er zählt derzeit zu Deutschlands bekanntesten Youtube-Stars. Mit humorvollen Videoclips, den „Zukar“-Stückchen, will Firas Alshater zur Versöhnung von Flüchtlingsgegnern und -befürwortern anregen. Die Filme haben ihn 2016 in die Top Ten der deutschen Ausgabe des Videoportals katapultiert. Sein erster Clip der Serie „Zukar“ (arabisch: Zucker) mit dem Titel „Wer sind diese Deutschen?“ wurde seit der Veröffentlichung Anfang 2016 im Internet millionenfach geklickt. In dem Video sammelt der Mann mit Bart, Piercings und neonfarbenen Ohrringen Umarmungen von deutschen Mitbürgern. Den gut dreiminütigen Film beendet der Flüchtlings-Youtuber mit den Worten: „Ich habe gelernt, die Deutschen brauchen längere Zeit, aber dann sind sie nicht zu stoppen. Darum glaube ich, die Integration wird klappen - irgendwann!“

In bislang acht tiefsinnigen und warmherzigen Clips hat der Künstler Klischees rund um die Themen Integration, Werte und Identität aufgegriffen. „Jede Folge entsteht kurzfristig und reagiert auch auf aktuelle Themen“, sagt Firas' Manager Jan Heilig. Er ist ebenfalls Filmemacher und der Mann hinter dem Youtube-Star, ohne ihn wäre der Erfolg von „Zukar“ wahrscheinlich nicht denkbar. Insgesamt gehören mit Firas sechs Leute zum Team.

"Clausnitzer & Flüchtlingsbaby!"

Nach den Angriffen auf ein Flüchtlingsheim im sächsischen Clausnitz Mitte Februar disponierte die Crew spontan um und drehte den Clip „Clausnitzer & Flüchtlingsbaby! Ich glaubs nicht!“. Dabei wurden die Berührungsängste imaginärer Clausnitzer Neonazis mit Flüchtlingen aufs Korn genommen. Am Ende geht alles gut aus - für die Neonazis, die Flüchtlinge und das Baby.

Aufgewachsen ist Firas Alshater in Damaskus, später war er in Homs aktiv und gehörte 2011 zu den Mit-Organisatoren der ersten Demonstrationen gegen das Assad-Regime. Als Filmemacher dokumentierte er die Entwicklung in Syrien, zeitweise war er in Haft. Seit Mai 2013 lebt der heute 25-Jährige als anerkannter Flüchtling in Berlin. Seit seinem Durchbruch auf Youtube bekommt Firas täglich über Facebook, Mail oder per Post Zuschriften von Zuschauern, Fans, Kritikern, Deutschen, Syrern, anderen Flüchtlingen - manchmal auch von Rechtsextremen oder anderen Radikalen. Kommentare von Extremisten sorgen ihn nicht: „Das sind ganz wenige Leute, die ignoriere ich einfach“, sagt Firas.

Hass mit Humor kontern

Durch seine Popularität hat er ein besonderes Pflichtbewusstsein gegenüber seinen Zuschauern entwickelt. „Ich habe eine große Verantwortung - gegenüber Flüchtlingen und Deutschen - die ich vorher nicht erahnt habe“, so der Filmemacher. Manche Fans berichten, dass sie durch „Zukar“ motiviert wurden, sich mit Flüchtlingen auseinander zu setzten. Mitunter tragen seine Videos dazu bei, dass Flüchtlingsgegner ihre Meinung überdenken und ändern. Eine junge Frau etwa schrieb ihm, dass ihr Freund in die AfD eintreten wollte. Nachdem er Firas' Videos gesehen hatte, die er „cool“ fand, habe er sich dagegen entschieden. Firas will mit Humor auf Hass kontern. Doch nicht immer kann er auf alle Zuschauerfragen locker-flockig antworten - etwa, wenn er bestürmt wird mit Kommentaren zum Thema Terror oder zur Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Für manche Flüchtlinge ist Firas zudem ein Vorbild, weil er in Deutschland angekommen ist und für seine Videokunst geschätzt wird, auch deshalb spürt Firas Verantwortung.

Und immer wieder wird der Filmemacher gefragt, was eigentlich Integration ist? In einem Videoclip zum Thema sagt Firas launig - frei nach der Bundeskanzlerin - „Integration - wir backen das!“. Im persönlichen Gespräch betont er: „Es gehören immer zwei dazu: Man kann sich nicht in eine Gesellschaft integrieren, die keine Integration will.“ Und auf Facebook postete der Youtuber kürzlich das Statement: „Integration ist... wenn die Unterschiede keinen Unterschied mehr machen.“

Erstes Buch zur Frankfurter Buchmesse

Nach den Sommerferien soll Firas' zweite Staffel der „Zukar“-Stückchen starten. Und auch sonst dürfte die Popularität des Flüchtlings-Youtubers weiter wachsen: sein erstes Buch mit dem Titel „Ich komm auf Deutschland zu: Ein Syrer über seine neue Heimat“ erscheint im Herbst pünktlich zur Frankfurter Buchmesse 2016. Einige deutsche und internationale TV-Sender planen Sendungen mit ihm.

Jüngst kürte ihn das amerikanische „Time Magazine“ zu einem der „Next Generation Leaders“, also einer der künftig einflussreichen Persönlichkeiten. Mehrere Spitzenpolitiker würden Firas nun gerne mal die Hand schütteln, selbst US-Präsident Barack Obama soll angefragt haben. Die öffentliche Aufmerksamkeit sieht Firas mit gemischten Gefühlen. „Ich bin kein Reporter und will auch nicht Politik machen“, sagt er. Er wolle er selbst bleiben und machen, was ihm Spaß macht - nämlich mit schmunzelndem Auge manche Klischees zwischen den Kulturen aus den Weg räumen. (epd)

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