Arte-Serie "Verrate mich nicht": Im falschen Leben
Geklaute Identität in der Serie "Verrate mich nicht": „Broadchurch“-Star Jodie Whittaker als Ärztin, die in Wahrheit eine Krankenschwester ist.
Ihr Blick ist fahrig. Oft knetet sie ihre Hände. Immer wieder dreht sie sich ängstlich um. Cath Hardacre (Jodie Whittaker) hat ein Problem, ein großes Problem: Nachdem die Krankenschwester, die in einem Krankenhaus in Sheffield arbeitet und ihren Job liebt, den ebenso nachlässigen wie fahrlässigen Umgang mit Patienten nicht mehr aushält, sie genügend Beweismaterial gesammelt hat, wendet sie sich an die Krankenhausleitung. Sie fordert Aufklärung, und sie fordert einen besseren Umgang mit den Patienten. Ein fataler Fehler, wie sich in der vierteiligen BBC-Serie „Verrate mich nicht“, die Arte von Donnerstag an ausstrahlt, herausstellen soll.
Cath, bei den Patienten überaus beliebt, wird fristlos gekündigt. Es habe Beschwerden über sie gegeben, heißt es. Als ihre Freundin Dr. Ally Sutton (Andrea Lowe) ihre Abschiedsfeier gibt, da sie bald nach Neuseeland auswandert, geschieht etwas Folgenreiches: Ally, angesehene Ärztin in der Notaufnahme, hat ihren Job an den Nagel gehängt. Cath, die immer davon träumte, Ärztin zu werden und ein Leben wie Ally zu führen, hat gerade ihren Job verloren. Gemeinsam sitzen sie bei Sekt und Wein in Allys Arbeitszimmer, und als Ally für einen Augenblick hinausgeht, da entdeckt Cath das Curriculum Vitae im Papierkorb. Kurz nur überlegt sie, dann nimmt sie die Unterlagen ihrer Freundin an sich. Dieser Moment wird Caths Leben für immer verändern.
Eine Verwandlung findet statt: Aus Cath Hardacre wird Dr. Ally Sutton. Cath bewirbt sich mit den Unterlagen ihrer Freundin Ally in der Notaufnahme eines Krankenhauses im schottischen Edinburgh – weit genug weg von ihrer Heimat Sheffield, wo viele sie kennen, weit genug weg auch von ihrem Ex Karl (Blake Harrison), einem Tunichtgut und Vater ihrer kleinen Tochter Molly.
Die erste Staffel von „Verrate mich nicht“ war im Herbst 2017 in Großbritannien zu sehen. Der englische Originaltitel „Trust Me“ war freilich ungleich passender: Denn verraten könnte Cath sich höchstens selbst. Dass man ihr doch aber vertrauen möge, das zieht sich im Subtext durch alle vier Folgen der ersten Staffel. Dan Sefton – Drehbuchautor britischer Serien wie etwa „The Good Karma Hospital“ oder „Delicious“ – hat „Trust Me“ kreiert und geschrieben, Regisseur John Alexander („Jamestown“) und Regisseurin Amy Neil („Call the Midwife“) haben je zwei Folgen in Szene gesetzt.
Ein zweites Leben, eine falsche Identität
Dr. Brigitte Rayne (Sharon Small; bekannt aus „Inspektor Lynley“) ist von dieser neuen Dr. Ally Sutton sofort sehr angetan. Sie wisse schon, so die Leiterin der Notaufnahme zu der jungen Frau, dass sie restlos überqualifiziert sei. Was denn der wahre Grund sei, weswegen sie sich hier oben im Norden bewerbe? Und Cath, die dabei ist, sich ein zweites Leben mit einer zweiten Identität aufzubauen, schmückt kurzerhand eine Geschichte um ihre Tochter Molly herum aus, der sie ein sorgenfreies Leben fernab von Sheffield ermöglichen wolle. Das Lügenkonstrukt der eigentlich so wahrheitsliebenden, aufrichtigen. ehemaligen Krankenschwester Cath wird immer größer – und fragiler.
Die BBC-Serie ruht ganz auf Jodie Whittaker. Die 36-jährige, in West Yorkshire geborene Schauspielerin, unter anderem durch ihre Hauptrolle in der fulminanten Serie „Broadchurch“ (2013–2017) bekannt, wo sie die trauernde, energische Mutter Beth des ermordeten elfjährigen Danny spielte, ist hier fast in jeder Einstellung zu sehen, oft kommt ihr die Handkamera ganz nah, umrahmt ihr apartes Gesicht, fängt ihre Emotionen unmittelbar ein, ihre Angst, den Druck, den Stress, ihre Hoffnungen, ihre Sehnsüchte.
Durch die doppelte Identität liegt bei allem immer etwas drunter. Whittaker trägt durch die Serie, und der Zuschauer bangt mit ihr. Ihr nuanciertes Spiel umfasst zahlreiche Facetten, die sie behutsam austariert, ihre Figur der Cath/Ally ist ambivalent und vielschichtig, zerrissen letztlich, nicht in sich ruhend. Sie ist der dramaturgische Angelpunkt, sie steht im Zentrum, drum herum das übrige, sie gut ergänzende Ensemble. Einzig Folge vier, ihr Verlauf und ihre Wende, mag enttäuschen, wirkt unglaubwürdig, irgendwie aufgesetzt. Doch das ist dem Buch geschuldet, nicht der wunderbaren Jodie Whittaker.
Eine zweite Staffel von „Trust Me“ ist bereits abgedreht, doch mit neuem Cast. Jodie Whittaker hat 2017 bei „Doctor Who“ zugesagt und ist als erste Frau überhaupt in der gleichnamigen, seit 1963 laufenden Science-Fiction-Erfolgsserie in der Titelrolle als 13. Doctor zu sehen. Ein Verlust für „Trust Me“, dessen Ende der vierten Folge seinerzeit noch bewusst offengelassen wurde.
„Verrate mich nicht“, vierteilige Serie, Arte, donnerstags, 20 Uhr 15 und 21 Uhr 10
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