Barbara Schöneberger im Interview: „Ich mache nur das, was ich kann. Nichts anderes“
Barbara Schöneberger moderiert eine Talkshow, gibt das Magazin „Barbara“ heraus und singt – jetzt kommt Radio dazu. Ein Gespräch über Arbeit ohne Anstrengung.
Frau Schöneberger, Sie sagten uns vor dem Gespräch, erst durch Interviews verstehen Sie sich selber richtig. Setzen Sie sich dabei jedes Mal neu zusammen?
Nein, aber ich bin von meiner Biografie etwas gelangweilt. Ich schaffe mir deshalb immer neue Themen, damit ich nicht so viel über die alten reden muss. Irgendwann hat man einfach alles erzählt. Aber ich rede gerne über mich.
Sie machen Fernsehen, singen, schauspielern, Sie haben die Zeitschrift „BARBARA“ und machen jetzt barba radio. Hat Ihr Tag mehr als 24 Stunden?
Mein Tag wird einfach tipptopp von meiner Managerin organisiert. Ich bin eine sehr disziplinierte Arbeiterin, wenn man mir sagt, was ich zu tun habe. Ich habe mir ein privates und berufliches Umfeld aufgebaut, das es mir erlaubt, einfach weiterzulaufen. Ich werde auch nicht müde, weil ich so großen Spaß an meiner Arbeit habe. Sie bedeutet keine Anstrengung für mich. Es ist eine Mischung aus Naivität, unbegründeter Euphorie, guter Laune und dicker Teflonbeschichtung.
Arbeit ohne Anstrengung, ist das Barbara Schöneberger?
Ich finde, ich arbeite nicht übertrieben viel, aber ich arbeite vielleicht mehr als andere. Ich habe keine gewerkschaftlich geregelten Arbeitszeiten, dann wird’s auch mal spät. Ich kann mir das frei einteilen. Ich kann auch sagen, ich will jetzt vier Wochen nicht arbeiten. Die Talkshow kann ich zwar nicht absagen, das Radio und die Zeitschrift leider auch nicht mehr, aber davon abgesehen müsste ich nichts machen.
Steckt Panik hinter Ihren vielen Projekten? Nach dem Motto, wir nehmen jetzt alles mit, wer weiß, was morgen noch geht?
Aus finanzieller Sicht ist mir morgen relativ wurscht. Aber ich möchte arbeiten, weil ich glaube, dass wir Menschen uns nicht zum Besseren entwickeln, wenn wir keine Aufgaben haben. Ich habe gerne eine Struktur in meinem Leben, die bekomme ich durch Arbeit. Dieses Ausschlafen-Spa-Massage-Frühstücksbuffet-Leben ist nicht meins. Ich möchte den Schmerz spüren, wenn ich morgens um fünf Uhr aufstehe. Wenn ich den Schmerz nicht spüre, dann fürchte ich, zu Mariah Carey zu werden, die mit einem Satinmorgenmantel durchs Hotelzimmer läuft und sagt: „Ich spüre Kopfschmerz“.
Was spüren Sie bei Ihrem neuen Projekt barba radio?
Barba radio ist die konsequente Weiterführung der gleichen Sache in einem anderen Kanal. Es soll Spaß machen. Wir wollen den Hörern nicht vorgaukeln, dass ich um 8 Uhr 15 im Studio sitze und den Verkehr aufsage, das ist natürlich nicht so. Das Radio läuft im Internet, du kannst es überall hören und es soll dich gut durch den Tag bringen. Wir haben tolle Musik, lustige Rubriken, nachdenkliche Beiträge, wir wollen die Hörer mehr und mehr einbinden. Ich habe dabei gemerkt, dass es etwas anderes ist, wenn du beim Moderieren nicht deine Gestik und Mimik zu Hilfe nehmen kannst.
Wie hoch ist der Live-Anteil?
Es gibt keinen Live-Anteil, das wäre nicht zu machen. Die Gespräche sind nicht live, aber live on tape. Meine Aufzeichnungstage liegen schon bis Mitte nächsten Jahres fest. Eine Woche Radiomaterial zeichne ich in etwa fünf bis sechs Stunden pro Woche auf.
Rubriken bei barba radio heißen „Expedition ins Bierreich“ oder „Mit den Waffeln einer Frau“. Entwickeln Sie die Konzepte alle selber?
Ja klar. Ich stecke zu hundert Prozent drin. Ich kann mich nicht in jeden hineinfühlen, aber in mich selber. Ich mache nur Dinge, die mir auch entsprechen. Sei es sprachlich, inhaltlich oder optisch, darauf achte ich extrem.
Sie sind ein Kontrollfreak!
Ich bin überhaupt kein Kontrollfreak. In der Regel läuft es so: Wir denken über eine Sache nach und dann habe ich sofort ein Bauchgefühl, ob ich das will oder nicht. Ich kann meinem Team vertrauen, dass sie es in meinem Sinne entwickeln, ich kann nicht 24 Stunden am Tag alles kontrollieren. Ich versuche, meinen Spirit hineinzubringen, denn die Leute haben ja eine Vorstellung davon, wer ich bin. Ich weiß auch, was der Zuschauer, Hörer und Leser von mir erwartet.
Heißt: Viele Projekte, aber immer innerhalb bestimmter Grenzen.
Ich mache nur das, was ich kann. Nichts anderes. Sobald es anstrengend wird, habe ich keine Lust mehr, außer in Bereichen, in denen ich mich auskenne. Mein Körper wehrt sich gegen Anstrengung. Deswegen bin ich nie eine gute Sportlerin gewesen. Sobald es anstrengend wurde, dachte ich, ich finde mich auch so gut. An seine Grenzen zu gehen ist ein der Entertainmentbranche tief innewohnender Komplex. Klar kann man sagen, die Arbeit ist echt hart, aber letztendlich ist sie das nicht, wenn du dafür gemacht bist, auf der Bühne zu stehen. Ich ziehe mein Selbstbewusstsein nicht daraus, dass abends 5000 Leute klatschen. Sondern zum Beispiel daraus, früh heimzufliegen, um am nächsten Morgen noch die Kinder in den Kindergarten zu bringen.
Sie haben verschiedene Medien in der Mache. Von welchem Medium verstehen Sie am meisten?
Ich verstehe am meisten davon, auf der Bühne zu stehen, obwohl es das am wenigsten Greifbare ist. Wer mal ungeübt auf eine Bühne gegangen ist, weiß, dass es Handwerk ist. Das sind Techniken, immer die gleichen Strukturen, die du mit Inhalten füllen musst, du musst wissen, wie ein Gag, eine Rampe und Timing funktionieren.
Ich treffe nachher den einzigen Menschen in Deutschland, der Barbara Schöneberger noch nicht kennt. Was sage ich dem, wofür Sie stehen?
Ich möchte für Leichtigkeit und Unterhaltung stehen. Ich möchte nicht die sein, die allen erklärt, wie es läuft oder wie sie sein müssen. Ich mache Unterhaltung, ich bin nicht politisch, ich äußere mich selten zu harten Fakten. Ich springe in eine Sache hinein, übernehme oft die Inhalte von anderen auf Galas oder anderen Veranstaltungen und gebe dem eine leichte, verträgliche Form.
Ihnen wird eine Vorbildfunktion nachgesagt, doch gleichzeitig sagen Sie, Sie seien unpolitisch. Sind Sie ein Vorbild wider Willen?
Wider Willen nicht – aber ich habe keine Botschaft. Früher eignete ich mich für jegliche Art von Klischee. Ich bin blond, habe große Brüste, exponiere mich, sage Dinge, die man nicht unbedingt sagen müsste. Da habe ich gemerkt, ich muss gegensteuern, das war die einzige bewusste Entscheidung in meiner Karriere. Ich wollte nicht nur perfekt, blondiert, strahlend schön mit kurzem Rock auf der Bühne stehen und sexy aussehen – das ist keine dauerhafte Geschichte. Also habe ich angefangen zu vermitteln, dass man einfach sein Ding machen soll, das ist meine Botschaft, auch wenn es nicht beabsichtigt war. Das war wahrscheinlich feministischer, als ich erwartet habe. Ich werde oft zu Talkshows zum Thema #MeToo oder Feminismus eingeladen, aber dafür bin ich schlecht geeignet.
Weshalb?
Weil ich in meinem eigenen Fall nie über all das nachgedacht habe. Verstehen Sie mich richtig: Wenn es darum geht, dass Frauen unterdrückt werden, sexuelle Macht ausgeübt und Frauen benachteiligt werden, weniger Geld bekommen, dann bin ich die Erste, die die Liste dagegen unterschreibt und ihr Gesicht für die Kampagne abdrucken lässt. Ich weiß, dass es viele Frauen gibt, die genau in dieser Situation stecken und nicht weiterkommen, weil sie Frauen sind. Aber ich habe diese Erfahrung nie gemacht. Es gab in meiner Karriere keine Situation, in der man mir zu Leibe rücken wollte. Ich habe mich nie dafür geeignet, ein Opfer zu sein, und ich glaube, das kann man ein Stück weit mit seiner Denke bestimmen. Ich fühle mich nicht benutzt, wenn bei einer Veranstaltung Selfies mit mir gemacht werden und mir der fünfzigste Mann seine feuchte Achsel über die Schulter legt und ein Foto machen will.
Wann haben Sie festgestellt, dass Sie ein Klischee erfüllen?
Ich habe früh gemerkt, dass ich ein Klischee bin, ich habe ja Soziologie studiert. Ich habe ein Lied geschrieben auf meiner CD, das heißt „Isabelle Huppert“. Es ist das einzige Lied, das hundertprozentig mit mir zu tun hat. Es handelt davon, dass ich auch auf Partys in der Ecke stehen, einen schwarzen Rollkragenpullover tragen, Rotwein trinken, Zigarette rauchen und geheimnisvoll sein möchte. Aber ich bin immer Dolly Parton und nicht Isabelle Huppert. Ich stehe immer vorne am Buffet, habe den Mund voll und rede. Das ist immer mein Komplex gewesen. Aber ich will durch meine Art das konterkarieren, was man von mir erwartet.
Denken Sie manchmal ans Aufhören?
Auf keinen Fall. Ich bin nicht süchtig nach Applaus. Ich brauche keinen Applaus oder Zustimmung oder Eitelkeit oder das Make-up oder das Winken – das interessiert mich gar nicht. Aber ich möchte beschäftigt sein und ich glaube nicht, dass das mit 65 aufhört.
Das Interview führten Sophie Krause und Joachim Huber.
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