Entertainer im ZDF-"Herzkino": Harald Schmidt, der Schmieren-Lord
Macht Harald Schmidt den Rosamunde-Pilcher-Schmonzes "Ein Doktor & drei Frauen" erträglich? Nein, das macht er nicht. Weil er es nicht kann.
Das „Herzkino“ im Zweiten schafft ja zweierlei – und beides mühelos. Einmal, das ist das große Wohlgefühl bei den Zuschauerinnen, dass im Rosamunde-Pilcher-Land die Sonne scheint und allerspätestens nach 90 Minuten geheiratet wird. Das andere Gefühl, das sich gleich beim ersten Kameraflug über Cornwalls Küste einstellt: Wut auf diese Teletubbies-Mimikry, dieses brutal verlogene Herz-reimtsich-auf-Schmerz-Gesülze, dieses EasyFernsehen, das sich gar nicht schämt, peinlich zu sein.
Am Sonntag aber keimte Hoffnung, nicht deswegen: „Rosamunde Pilcher: Ein Doktor & drei Frauen“, sondern seinetwegen: Harald Schmidt. Er sollte Lord Hurrleton spielen, superhypochondrisch, infektionsparanoid, den plötzlich die große Multikulti-Liebe überfällt. Das war der Plan, und vielleicht hatten die Autoren Martin Wilke und Jochen S. Franken in Kooperation mit Regisseur Stefan Bartmann und Kameramann Marc Prill, mit mehr als 30 Pilcher-undTraumschiff“-Produktionen echte Veteranen des Genres, einen großen, auf jeden Fall verwegenen Plan: Schmidt wird durch die vierfache ironische Brechung diesen TV-Schmonzes auf ein anderes Lebel heben. Wo andere romantisch glotzen, lacht der Schmidtianer sardonisch.
Harald Schmidt spielt Harald Schmidt, der einen...
Harald Schmidt also spielt Harald Schmidt, der einen Schauspieler spielt, der einen Schauspieler spielt, der einen englischen Lord spielt. Sie verstehen? Brechung des Cornwall-Brechers, Harald Schmidt als lebendiger Verfremdungseffekt, als Sollbruchstelle im Jasemintee-geschmierten Pilcher-Getriebe.
Klappt nicht, die Rechnung, so je gestellt, geht nicht auf. Der große Ironiker, dieser skrupulöse Pathologe des Deutschtums, er ist ein mittelbegabter Schauspieler. Sein Lord ist ein grenzdebiler Pumuckel-Lord, es reicht nicht zur Karikatur und schon gar nicht zur Gegenfigur. Halstuch, Samtbademantel, Butler, buttrige Sätze wie „Wo Rosen sind, da sind auch Dornen“, all dies verläuft sich in den 90 Minuten.
Es ist eine bittere, zugleich notwendige Erkenntnis: Anja Knauer, Xaver Huttner, Anian Zollner nehmen ihre Figuren in all den Liebeshändeln ernst und kommen dabei bezwingender rüber als Harald Schmidt alias Lord Hurrleton. So ein Pilcher-Stoff hat seine ganz eigene Kraft, und wer diese Faszination zu seiner eigenen umbiegen will, der benötigt eigene Kraft und Faszination. Harald Schmidt, so scheint’s, hat diese Kapazitäten nicht. Obwohl er sich selbst als „Deutschlands führenden Adels-Darsteller“ sieht.
Mit Schmidt ist kein Film zu pimpen
Es ist, nicht erst seit der Pilcher-Schote, ein echtes Wagnis, mit einem Harald-Schmidt-Engagement ein Fernsehprojekt pimpen zu wollen. Jetzt riskiert es der Südwestrundfunk. Für seinen neuen Freiburger „Tatort“ ist Schmidt als Kriminaloberrat Gernot Schöllhammer verpflichtet, der die Fahndungsarbeit der Kommissare Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) überwachen wird. Schmidt charakterisierte seine Figur als „heterosexuellen, katholischen Familienvater“. Ihm schwebe „eine Art Thomas de Maizière in Uniform“ vor.
Und wieder schießt die Hoffnung nach oben. Was wird Schmidt aus dem Schöllhammer machen? Großes, Riesengroßes. Bestimmt geht der Kriminaloberrat nach Dienstschluss in den Keller und spielt Adolf Hitler, den Hitler im Bunker seiner letzten Adolf-Tage. Schluss, es wird allerhöchste Zeit, Harald Schmidt ernstzunehmen. „Ich liege zu Hause auf meinem Diwan, trinke Mokka und warte, was an Filmangeboten auf mich zukommt.“ Und so kommt es dann auch. Joachim Huber
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