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Welche Serie hätten'S denn gerne? Nicht nur Amazon Prime Video setzt auf Überwältigung.
© Sceenshot: Tsp

Angebotsinflation bei Netflix & Co.: Gibt es zu viele Serien?

Free-TV, Pay-TV, Streamingdiensten. Ständig kommen neue Serien auf den Markt. Lieber Dekadenz-TV als Pizzafernsehen. Ein Kommentar

Regisseur Philipp Kadelbach sagt im Interview mit DWDL.de: „Ganz ehrlich, es gibt zu viele Serien.“ Er stelle langsam eine Sättigung bei sich fest, immer öfter werde er regelrecht sauer, wenn er eine Serie starte und dann merke, „welcher Mist da produziert worden ist“. Kadelbach hat nicht wirklich zu klagen, gerade hat er für ZDFneo „Parfum“ in sechs Teilen abliefern dürfen.

Egal, Kadelbach macht einen Punkt. Gehen wir direktemang auf die Phase spätrömischer Serien-Dekadenz zu, sind wir gar schon mittendrin? Gerade haben Netflix und Sky ein Rundum-sorglos-Serienpaket geschnürt, die Telekom will ihr Magenta TV aufpimpen und, und, und...
Der Serienrausch hat seinen Preis. Öffentlich-rechtliches Fernsehen kostet Rundfunkbeitrag, Pay-TV und Streaming gibt es im Abo-Rahmen. Das pusht das Verlangen, besser: das Bedürfnis, sich die Ausgaben für Mediatheken und Kataloge „abzuschauen“. Das macht Druck, zumal der Freundeskreis schon wieder von einer Serie schwärmt, die man noch gar nicht auf dem Radar hatte. Lässt sich die individuelle Beobachtung vergesellschaften, dass aus dem Überbietungswettbewerb von Netflix & Co. die Überforderung des Kunden erwächst? Selbst Binge-Watcher geraten an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Vereinzelung beim Serienkonsum grassiert. Immer neue Ausreden müssen herhalten, damit sich die Sucht noch verheimlichen lässt.

Wie viele Pizzabeläge braucht die Welt?

Stop! Halt! Rückwärtsgang! Was wird da beklagt? Bessere Inhalte, das war doch das Mantra der Unzufriedenen-Gilde aus Kritik und Kunden. Okay, es mag eine Angebotsinflation geben, was sehr viel besser ist als ein mageres Sortiment.
Eine nicht mehr ferne Gefahr im Meer der Serien ist das Mehr vom Gleichen. Sound und Struktur der Produktionen beginnen sich zu ähneln, die Amazons dieser Welt beginnen ihrem eigenen Erfolg hinterherzuproduzieren. Wer auch immer sendet und streamt, wird Zugriffszahlen und Investment gegeneinander bilanzieren. Und schlicht sagen können: Alles egal, es gibt auch nur fünf, sechs Pizzabeläge, die weltweit schmecken. Pizzafernsehen muss das Fernsehen bleiben, das mit der Serienrevolution überwunden wurde. Gerne zum Preis der Dekadenz.

Joachim Huber

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