Nach Kritik an ZDF-Moderatorin Pareigis: Gendern ist ein Menschenrecht, das auszuüben jedem und jeder freisteht
Gendern oder nicht gendern? Liegt die Wahrheit nicht zwischen diesen Polen? Ein Kommentar.
Liebe Leserin, lieber Leser, muss ich mich korrigieren? Unter der Überschrift, die Sie gerade gelesen haben, habe ich am 28. Juli über den Gebrauch der Gendersprache durch die ZDF-Nachrichtenmoderatorin Jana Pareigis geschrieben. Der knappe Meinungsbeitrag hat eine sehr große Resonanz erfahren, sowohl im Print wie online. Weit über 300 Kommentare sind auf tagesspiegel.de zu lesen, kaum weniger heftige Reaktionen sind bei Facebook und auf Twitter zu finden.
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Wenn einer der zahlreichen Kritiker schreibt, „die Kommentare sind eindeutig, es gab bisher keinen, der Herrn Huber recht gegeben hat“, so ist dies nicht ganz richtig, doch die Richtung stimmt. Mein Diktum, „Sprache gehört keinem oder allen“ scheint ein klares Minderheitenvotum zu sein.
Mich verblüfft das. Ich habe keine Vorschrift entworfen noch ein Gebot ausgesprochen, allein der Überzeugung Ausdruck verliehen, dass dieses sensibelste Ausdrucksmittel des Menschen – und das ist die Sprache – nicht unter Gender-odernicht-Gender-Kuratel gestellt werden sollte.
Die deutsche Sprache ist schwierig, es kann mehr falsch als richtig gemacht werden, da kann das Gendersternchen nicht zur Wegmarke erhoben werden. Nichts gelernt, Herr Huber? Alles missverstanden? Ich hoffe nicht, zugleich ich begreifen musste, dass die Gendersprache ein phantastisches Spaltungsinstrument ist und mehrheitlich nicht als Mittel verstanden wird, für mehr Gerechtigkeit gegenüber den unterschiedlichen Geschlechtern zu sorgen. Gendersprache strapaziert und überstrapaziert jedwede Toleranz.
Dabei ist das Thema extrem fluid. Gendern oder nicht gendern, liegt die Wahrheit nicht zwischen diesen Polen und ist deswegen so wenig eindeutig zu bestimmen? Möglicherweise liegt darin der Bezugspunkt aller Beiträge: Die Sucht, ja Sehnsucht nach Klarheit. Und wenn die Klarheit nur in einer Wahrheit – Sagt Nein zum Gendern! – festzumachen ist, dann wird die Klarheit in dem Maße größer wie die Wahrheit kleiner wird. Gendern ist ein Menschenrecht, das auszuüben jedem und jeder freisteht.