RTL-Sitcom "Magda macht das schon!": Geht das? Eine Hauptfigur mit polnischem Akzent
"Die Polin" und "die Deutsche" sind die Protagonistinnen der RTL-Sitcom "Magda macht das schon!" Gespräch mit Autor Sebastian Andrae über Klischees, Nationalcharakter und Gagen.
Herr Andrae, Sie sind Headautor der RTL-Sitcom „Magda macht das schon!“. Die Produktion dreht sich um Magda Wozniak. Wer muss wie viel Mut im deutschen Fernsehen aufbringen, auf dass eine polnische Altenpflegerin zur Primetime-Heldin wird?
Tatsächlich war eine der ersten Anmerkungen meiner Produzentin Beatrice Kramm, als ich ihr den Entwurf schickte: klasse Dialoge und Charaktere, aber eine Hauptfigur mit polnischem Akzent ...? Da habe ich geantwortet, dass es bei Sitcom ja um klasse Charaktere und Dialoge gehe – und Magda sei als zusätzliches Plus eine Figur aus dem Leben, natürlich over the top, aber sie bewältigt Probleme, die viele Zeitgenossen kennen und eben nicht ganz so locker lösen können. Beatrice Kramm hat das schnell und überzeugt mitgetragen, und die Redaktion ja auch. Ohne gemeinsamen Mut und neue Ideen keine Zuschauer.
Magda ist eine polnische Polly Patent, trägt zuweilen schwindelerregend kurze Röcke, hat einen osteuropäischen Akzent, ist schwer katholisch, lässt sich von der invaliden, keineswegs altersmilden Waltraud nicht schikanieren. Eigentlich ist Magda Wozniak das Abziehbild einer polnischen Altenpflegerin. Wie weit darf so ein Klischee gehen, ohne die Völkerfreundschaft zu gefährden?
Die gefährden andere, auf politischer Ebene. Wir stellen eine Heldin auf, die mit Augenzwinkern eine Brücke zwischen den Völkern schlägt, auch wenn sie selbst gegen viele Vorurteile angehen muss – und diese sogar selbst herausfordert. Wir erheben ja nicht den Anspruch, eine Symbolfigur zu erzählen.
Wie sehr engen denn Klischees die auktorialen Möglichkeiten ein?
Zunächst arbeitet Komödie immer mit Klischees, mit wiedererkennbaren Bildern, scharf umrissenen Figuren, seit der Commedia dell’Arte und dem Vaudeville. Übrigens tun das auch manche Produkte von der „ernsthaften“ Seite – aber da macht es weniger Spaß. Magda erweitert eher die erzählerischen Varianten, ist ein weiblicher Charakter, wie er in Deutschland – vielleicht aus Angst vor Gender-Debatten – selten gewagt wird, und sie wird auch gerade von Zuschauerinnen gemocht. Sie ist bei aller Sexyness ja durchaus wehrhaft und so meinungsstark, dass es ihr oft sogar schadet.
Stimmt die Annahme, dass die Deutschen von den „Polen“ unverändert in Stereotypen denken, wie umgekehrt die Polen von den „Deutschen“?
Die Serie spielt mit beidem – Waltrauds granitharte Vorurteile gegen die faulen und unehrlichen Polen werden ja in jeder Folge von ihrer superfleißigen und schmerzhaft offenen Pflegerin widerlegt. Aber sie bleibt bei ihrer Meinung, auch wenn man merkt, dass Waltraud Magda insgeheim bewundert und mag. In Wahrheit sind beide Völker sich durch den Austausch in Europa viel näher gekommen, und die größten Probleme werden von politischen Interessengruppen verursacht, nicht vom „Nationalcharakter“.
Magda Wozniak wird von der Österreicherin Verena Altenberger gespielt. Warum nicht von einer Polin? Da hätte RTL glatt die Hälfte der Gage sparen können.
Verena ist, wie man sieht, jeden Zloty wert und nicht ersetzbar, auch wenn der Zloty irgendwann Euro heißen sollte.
Das Verfertigen der Drehbücher stelle ich mir so vor: Headautor Sebastian Andrae hat die Füße auf dem Tisch, lässt Schampus und Ideen perlen, die sieben polnische Textknechte in Dialogform bringen.
Nichts gegen europäische Zusammenarbeit, aber die meisten Bücher musste ich selbst schreiben. Und der Head des Autors bleibt ohne Schampus klarer – den konnten wir dann auf den Erfolg trinken.
Hatten Sie eine polnische Altenpflegerin als Fachberaterin – oder war das ihre schwarz arbeitende polnische Putzfrau?
Die Unterstellung, dass ein Drehbuchautor sich eine Putzfrau leisten kann, ist ein Imagegewinn, den ich gern so stehen lasse.
„Magda macht das schon!“ läuft erfolgreich bei RTL. Das heißt für die nähere Zukunft ...?
Dass „Magda“ hoffentlich weiter erfolgreich bei RTL läuft ... und dass sich die deutschen Sender wieder mehr Formate zutrauen, die nicht auf Gewaltverbrechen basieren.
Das Interview führte Joachim Huber.
„Magda macht das schon!“, RTL, Donnerstag, 21 Uhr 15
Sebastian Andrae ist Headautor der RTLSitcom „Magda macht das schon!“ und Geschäftsführender Vorstand beim Verband Deutscher Drehbuchautoren.