Erster deutscher eSports-Sender: Gaming rund um die Uhr
Der erste deutsche eSport-Sender zielt auf ein Millionenpublikum. Mit dabei: die Virtual Bundesliga, aber auch "Counter Strike"
Am Ende war es mit Invictus Gaming dann doch wieder ein südkoreanisches Team, das die „League of Legends“-Weltmeisterschaft im Herbst 2018 für sich entschied und das Preisgeld von 2,4 Millionen Dollar kassierte. Aber immerhin schaffte es das europäische Team Fnatic mit Spielern aus Belgien, Dänemark, Schweden und Bulgarien ins Finale. In den TV- und Internetübertragungen wurde mit der gleichen Leidenschaft wie bei einer Fußball-WM darüber diskutiert, ob ein westliches Team nun endlich eine Chance gegen die favorisierten Asiaten haben könnte. Solche Diskussionen und vor allem solche Turniere wird es künftig regelmäßig im deutschen Fernsehen geben. Am Donnerstag geht Deutschlands erste Station für virtuellen Sport auf Sendung.
Der Ableger von Sport 1 trägt den naheliegenden Namen eSports1, der mit englischer 1 („one“) gesprochen wird. Statt Fußball, Handball, Eishockey oder Darts stehen hier Titel wie „League of Legends“, „Dota 2“, „Overwatch“ oder „Counter Strike“ auf dem Programm, die sich unter Videospielern großer Beliebtheit erfreuen. Auch das erfolgreichste Videospiel der letzten Jahre, die Fußballsimulation „Fifa“, gehört dazu. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat dazu die Virtual Bundesliga (VBL) gegründet. Derzeit sind darin 13 Bundesliga-Clubs und neun Zweitliga-Vereine vertreten. eSports1 hat von der DFL zunächst für ein Jahr die Rechte an der Highlight- und Nachberichterstattung erworben.
Die kompletten Spiele selbst laufen hingegen bei ProSieben Maxx im Free-TV sowie auf deren Internetplattform. Jede Woche wird eine ausgewählte „Fifa-19“-Bundesliga-Begegnung in einem eigens dafür eingerichteten Studio aufgenommen. Einen Livestream können die eSports-Fans zudem auf ran.de und über die Plattform Twitch verfolgen. Die VBL Club Championship umfasst 21 Spieltage mit je elf Begegnungen. Fürs Fernsehen treffen die Konkurrenten im TV-Studio in München zu „Featured Matches“ aufeinander. Hertha BSC tritt dort am 9. Februar gegen Borussia Mönchengladbach an. Anstoß ist um 20 Uhr 15.
Jährlich 1200 eSports live
Eine vergleichbare Dominanz, wie sie der Fußball im Sport in Deutschland genießt, erwartet Daniel von Busse, Mitglied der Sport-1-Geschäftsleitung, für eSports1 allerdings nicht. „Dafür sind die anderen eSports-Titel viel zu stark“, meint er. „Fifa 19“ spiele sicherlich eine Rolle, aber nicht die größte, sagt der Sportmedienexperte, der sich seit sechs Jahren mit dem Thema eSports beschäftigt, nachdem er erkannt hat, dass an dieser Entwicklung kein Weg vorbeiführt. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für einen Sender gekommen, der sich vorgenommen hat, jährlich 1200 Stunden eSports live zu senden.
Anders als Plattformen wie Twitch werde eSports1 die Wettbewerbe nicht nur übertragen, sondern mit hohem journalistischen Aufwand einordnen und erklären, unter anderem mit dem Magazin „Inside eSports“. Von den insgesamt rund 40 Leuten, die im weiteren Sinne für den neuen Sender tätig sind, kümmern sich ein Dutzend um redaktionelle Belange. Unterstützt wird die Redaktion von eSports-Experten und „Influencern aus der deutschen eSports-Community“.
Wie viel Geld Sport1 für den neuen TV-Sender investiert, will Busse nicht verraten. Eine weitere wichtige Frage lautet, wie groß ist eigentlich die potenzielle Zielgruppe für einen Sender, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz über diverse Kabelnetze wie hierzulande von Telekom, Vodafone und Unitymedia sowie gegen eine Monatsgebühr von 5,99 Euro über eine App zu empfangen ist? „Es handelt sich in jedem Fall um einen Millionenmarkt“, meint der 40-Jährige, der vor allem froh darüber ist, dass nach vielen Jahren, in denen abstrakt über einen solchen Sender gesprochen wurde, nun Nägel mit Köpfen gemacht werden. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, zeigt er sich in Hinblick auf die Zukunftschancen des Senders optimistisch. Die Zuversicht wird offensichtlich auch von der Wirtschaft geteilt, die eSports als Werbeträger für sich erkannt hat. So gab LG Electronics am Dienstag bekannt, künftig das eSports-Team von Eintracht Frankfurt als Hauptsponsor zu unterstützen.
Ist eSports wirklich Sport?
Dabei ist die Debatte, ob eSports tatsächlich Sport ist, noch lange nicht beendet. Vielmehr wird weiterhin darüber diskutiert, ob ein Ego-Shooter wie „Counter Strike“ eine geeignete Beschäftigung für junge Menschen ist oder ob der virtuelle Kampf mit Waffen aus der First-Person-Perspektive zur Unterhaltung taugt. Daniel von Busse kann die Bedenken nachvollziehen. „First-Person-Shooter gehören zum eSports-Kosmos dazu, aber der Zugang dazu sollte kontrolliert werden. Wir haben das über einen Pin-Code geregelt“, sagt er zum Thema Jugendschutz. Teambasierte Kämpfe gibt es zwar auch bei anderen eSports-Arten wie bei „Dota 2“, allerdings kämpfen die Spieler dabei nicht vis-à-vis gegeneinander, sondern werden aus der Vogelperspektive gesteuert.
eSports1 wird an jedem Tag der Woche rund um die Uhr Programm anbieten. Dies ist möglich, weil eSports vor allem in Asien eine gigantische Aufmerksamkeit genießt. Das gilt besonders für Südkorea, wo die Fans zu Tausenden in die Stadien strömen, um die besten Teams an ihren Konsolen kämpfen zu sehen. eSports ist so populär, dass es von 2022 an Teil der Asienspiele ist.
Beim ersten großen Turnier, das eSports1 ab Donnerstag zeigt, handelt es sich mit dem „Chongqing Major“ ebenfalls um einen Wettbewerb aus Fernost. Wer die Spiele verfolgen will, an denen auch die beiden Deutschen Max „gojqva“ Bröcker vom Team Alliance und Kuro „KuroKy“ Salehi Takhasomi vom Team Liquid teilnehmen, muss somit früh aufstehen: Die Live-Übertragungen beginnen um fünf Uhr morgens.
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