Streaming-Empfehlungen: Fünf Serien gegen den Novemberblues
Statt Regen und Wind gibt es 70er-Jahre-Nostalgie, einen US-Thriller, einen England-Krimi, eine Papst-Geschichte oder eine Zombie-Saga. Tipps für kalte Tage - unabhängig vom TV-Programm.
Gegenentwurf zu „Mad Men“
Patty, Jane und Cindy recherchieren Ende der Sechziger aufregende Geschichten für das New Yorker Magazin „News of the Week“. Was geschah beim Skandalkonzert der Rolling Stones in Altamont? Wieso liegen die FBI-Statistiken zu Straftaten der Black Panther stets über denen der lokalen Polizei? Schreiben dürfen die jungen Frauen nicht über ihre Erkenntnisse, dafür sind die Reporter zuständig – ausschließlich Männer. Wie die Rechercheurinnen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass sie sich diese Ungerechtigkeit nicht gefallen lassen müssen, zeigt die Amazon-Serie „Good Girls Revolt“ auf mitreißende, erfrischende Weise. Die von wahren Ereignissen bei „Newsweek“ inspirierte Geschichte wirkt wie eine Antithese zu den chauvinistischen „Mad Men“. Gingen die Frauen dort zum Weinen auf die Toilette, treffen sich die Magazin-Ladys dort, um ihren Widerstand zu organisieren. Liebevoll ausgestattet mit der Mode und Musik der Zeit verdeutlicht die von Dana Calvo entwickelte Serie auch sehr schön wie die damaligen gesellschaftlichen Umbrüche den Alltag der Protagonistinnen erreichen. Von der hippiehaften, offenen Patty bis zur konservativen Jane, die merkt, dass die Ehe vielleicht doch nicht ihr einziges Lebensziel sein sollte. Nadine Lange
„Good Girls Revolt“, Amazon Prime; ab 2.12. auch in der Synchron-Fassung.
Fasziniert von der Unmoral
Anderthalb Folgen, höchstens, dann hat Raymond Reddington (James Spader) jeden in seinen Fängen. Er, der Schurke, mafiös, zwielichtig, superreich - und neuerdings der edelste Informant, den das FBI je hatte. Das war seine eigene Idee. Warum eigentlich, wissen weder Zuschauer noch Ermittler so recht. Natürlich verfolgt er stets seine eigenen Interessen.
Irgendwie spielt die junge Ermittlerin Elisabeth Keene eine Schlüsselrolle. Und sie selbst versucht Episode um Episode herauszufinden, welche Rolle das ist. Red, wie ihn Freund und Feind nennen, ist ein Charmeur und eiskalter Killer, der Witze erzählen und Menschen umbringen simultan beherrscht. Wenn er den Hut ab- und den Kopf zur Seite legt und ungefragt Parabeln aus seinem Gangsterleben erzählt, ist man fasziniert und will dieses Leben leben. Sekunden später ist man erschrocken, dass man offenbar dringend seinen eigenen moralischen Kompass neu einnorden müsste und sofort abschalten sollte. Aber geht nicht, zu viele kleine und riesige Rätsel sind noch ungeklärt. Christian Vooren
„The Blacklist“, Netflix, drei Staffeln verfügbar, vierte Staffel bei Itunes
Packend bis zum Schluss
Der Mord am elfjährigen Danny Latimer erschüttert die englische Küstenstadt Broadchurch. Kaum ein Mensch in der kleinen Stadt, der nicht über die Schule oder den Alltag mit der Familie bekannt und nah am Fall dran ist. Die Ermittlerin Ellie Miller (Olivia Colman) untersucht mit ihrem neuen Kollegen Alec Hardy (David Tennant) den Mord.
Hardy ist neu in Broadchurch und längst nicht über seinen letzten Fall in Sandbrook hinweg, den er nicht lösen konnte. Er gilt als Großbritanniens schlimmster Polizist, denn das Beweisstück, das den Sandbrook-Mörder hätte überführen können, wurde Hardy gestohlen. „Broadchurch“ schafft es, den Zuschauer Folge für Folge mit neuen Wendungen in seinen Bann zu ziehen. Auch wenn der Mörder in diesem Fall ermittelt wird, gerät zu Beginn der zweiten Staffel erneut alles ins Wanken.
Der längst verloren geglaubte Sandbrook-Fall holt Hardy wieder ein. Doch dieses Mal steht ihm die Hilfe von Miller zur Verfügung. Beide Staffeln halten die Spannung, bis zur letzten Folge. Die wahren Täter bleiben bis zum Schluss ein gut gehütetes Geheimnis. Daniel Lücking
„Broadchurch“, Netflix, zwei Staffeln
Schöner als Christus
Das ist Geschmack pur, „The Young Pope“Schöner, edler, stimmiger könnten die Bilder-Tableaus, die Szenerien nicht sein, die Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino („La Grande Bellazza“) für seine Miniserie gefunden hat. Papst Pius XIII. (Jude Law) fügt sich bestens sein, er sieht gut aus, „besser als Christus“, wie der nicht mal 50-jährige Cherry-Coke-Zero-Trinker selbst sagt.
Pius XIII. aka Waisenjunge Lenny Belardo aus Brooklyn gibt seinem Pontifikat die Leitlinie: „Abwesenheit ist Anwesenheit“. Und da beginnt – neben allem „House of Cards“-Gepränge im Menschen-Machiavellisten-Labyrinth des Apostolischen Palasts – das Gedankenspiel dieser Serie: Wie kann eine sich mehr und mehr verweltlichende, gemein machende Institution zu neuer Größe und Autorität finden? Schluss mit (protestantischem) Appeasement, Erneuerung braucht Erniedrigung, Freude kommt durch Schmerz, Substanz durch Selbstbesinnung; wer Gott finden will, der muss leiden.
Der Glaube nicht als Bibelkreis, der katholische Glaube als Mysterium. Also muss der Oberhirte unduldsam, unsichtbar, unangreifbar sein. Pius XIII., so cool wie zerrissen, ordnet die Figuren in Umgebung und Entourage (ebenbürtig gespielt von Diane Keaton oder Silvio Orlando) aus, er sagt und lebt: „Ich lache niemals“. Per aspera ad astra. Eine Welt voll von Gottesfürchtigen und leer von Menschen ist für Pius XIII. auch okay.
Und all das in dieser atemberaubenden Komposition von Paolo Sorrentino, wo das Hässliche sich als Schönheit camoufliert, „The Young Pope“ meint es ernst, und deswegen steckt keinerlei denunziatorische Absicht in dieser Katholiken-Serie drin. Joachim Huber
„The Young Pope“, Sky Atlantic HD, jeden Freitag zwei neue Folgen
Des Menschen ärgster Feind
Ein später Abend in der vergangenen Woche. Start der Staffel Sieben von „The Walking Dead“. Wer sich – auch aus höheren Beweggründen – auf eine Zombieserie einlässt, braucht gute Nerven. Eine Gruppe von Menschen, die nach der Apokalypse als letzte Überlebende in einer Welt bestehen muss, die von Zombies bevölkert wird.
Das hört sich sinnvoll an. Wessen sich Anführer Rick Grimes nun aber erwehren muss, das lässt sich schwer in Worte fassen. Zwei beliebte Charaktere werden vom aktuellen Schurken der Serie, ein Warlord namens Negan, zerquetscht. Von einem Menschen wohlgemerkt, keinem Zombie, womit wieder mal bewiesen ist, dass der Mensch des Menschen ärgster Feind ist. Thomas Hobbes hatte recht.
Dennoch der Aufschrei in Fan-Foren: ein Gewaltporno! Kunst darf ja auch in der TV-Serie so ziemlich alles, aber bei der Hardcore-Fortsetzung fragte man sich: Darf sie ihre Zuschauer foltern? Eine weitere Pointe dieses langlebigen Serienmachwerks nach der Comic-Vorlage von Robert Kirkman. Mit reiner Lust an Blut und Trash ist die Faszination nicht ausreichend beschrieben. Wie die Tüte Haribo, die man sich erlaubt.Markus Ehrenberg
„The Walking Dead“, jeden Montag eine neue Folge von Staffel VII auf Sky.
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