Katz-und-Maus-Spiel: Auf der schwarzen Liste
Das 9/11-Trauma wird erneut in einer US-Serie verarbeitet – diesmal in „Blacklist“ mit James Spader im RTL-Programm.
Anschaulicher lässt sich die Angst vor Terror und Staatsfeinden kaum darstellen. Da spaziert der abtrünnige Ex-Agent Raymond Reddington in die FBI-Zentrale, gibt seine ID-Karte an der Kontrolle ab, legt die Tasche auf den Boden, zieht ganz langsam sein Jackett aus, kniet sich nieder und hält lächelnd die Hände hinter den Kopf, während die Alarmanlage schrillt und ein Dutzend Sicherheitskräfte auf ihn anlegen. Leise vor sich hinsummend lässt sich Reddington bereitwillig Handschellen anlegen. Was plant dieser Kerl?
„The Blacklist“ heißt die US-Serie, die bei den L. A. Screenings im vergangenen Jahr zu den am heißesten gehandelten Stoffen zählte. James Spader als gerissenes Verbrecher-Genie lockte bei seiner ersten Episode über 13 Millionen Zuschauer vor die Fernsehgeräte. Ein Glücksgriff für den Privatsender RTL, der sich die Rechte gesichert hat und am Dienstagabend die ersten beiden Folgen der Serie zeigt. James Spader, der Emmy-Gewinner und „Boston Legal“-Schauspieler, wiederum ist ein Glücksfall für die Zuschauer. Seit seinem ersten Kino-Hit „Sex, Lügen und Video“ hat Spader deutlich an Haarpracht verloren, nicht aber an Charisma. Spaders Ex-Agent Reddington ist so ziemlich das Arroganteste, was sich US-Autoren bislang ausgedacht haben. Gerissen, doppelbödig, verschlagen, funkelnd.
Der Plan: Nach Jahren im Untergrund taucht Reddington wieder auf, im Gepäck eine sogenannte Blacklist mit den Top-Terroristen des Landes. Das ist in der Pilotfolge der international gesuchte Terrorist Zamani, der im letzten Stadium seiner Krebserkrankung Rache an einem ranghohen General nehmen will und zu diesem Zweck dessen kleine Tochter entführt hat. Reddington verspricht, dass er das verhindern kann. Seine Geheimliste und Tipps will er allerdings nicht ohne Gegenleistung hergeben. Er verlangt Immunität. Dazu eine Fünf-Sterne-Suite inklusive Jahrgangschampagner. Und die Zusicherung, dass er nur mit der FBI-Profilerin Elizabeth Keen zusammenarbeitet. Jobeinsteigerin Keen (Megan Boone) wirkt zunächst wie eine naive Agentin, die zusammen mit ihrem smarten Mann kurz davor ist, ein Kind zu adoptieren und eine Familie zu gründen. Doch auch sie hat familiäre Leichen im Keller. Mit Reddington verbindet sie mehr, als es den Anschein hat.
Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Reddington und Keene, ähnlich dem bei „Schweigen der Lämmer“ oder bei „Homeland“ zwischen FBI-Ermittlerin Carrie und Irakveteran Brody. Der Verdacht, dass der ehemalige Spitzenagent ein fieses kleines Spiel mit unbekanntem Ausgang treibt, lässt sich nie ganz entkräften. „Alles an mir ist eine Lüge“, sagt er seiner unfreiwilligen Partnerin. Der Rest sind atemlose Verfolgungsjagden über Highways, lebende Bomben, Terrorverdächtige an jeder zweiten Ecke und die fast existenzialistische Frage: Was bleibt, wenn man mehr als nur einen Pass in der Tasche hat? Markus Ehrenberg
„The Blacklist“, Dienstag, 20 Uhr 15, RTL
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