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Cool. „Gottschalk live“ floppte, der Moderator bekam 4,6 Millionen Euro.
© dpa

Ärger um Gottschalk-Vertrag: Flop oder top?

Eine Umfrage vor dem Start von „Gottschalk live“ warf offenbar früh Schatten auf die Erfolgsaussichten der ARD-Show am Vorabend.

Nach 70 Sendungen war im Juni 2012 Schluss. Die ARD hatte bei „Gottschalk live“ den Stecker gezogen. Die Quote war endgültig unter die Millionengrenze gefallen. Aktuell stellt sich die Frage, ob die Programm-Verantwortlichen von WDR und ARD damals so richtig wussten, was sie taten. Neue Unterlagen, wie sie die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm streut, zeigen, dass die Euphorie über das Engagement von Thomas Gottschalk nicht unisono geteilt wurde.

Die WDR-Controller hatten demnach in der Planungsphase von „Gottschalk live“ eine Umfrage zu den Erfolgschancen des Vorabendformates in Auftrag gegeben. Der Auswertung zufolge wollten 39 Prozent die geplante Gottschalk-Sendung „wahrscheinlich nicht“ oder „bestimmt nicht“ einschalten. Als wesentlicher Grund für das Desinteresse wurde „in erster Linie eine Ablehnung des Moderators Thomas Gottschalk“ genannt. Eine kleine Minderheit nennt ihn „arrogant, ignorant, überheblich“. Zudem kamen die WDR-Controller zu dem Schluss: „Aus den Analysen unserer Vorabendsendungen wissen wir, dass Gespräche besonders bei jüngeren Zuschauern oft auf wenig Interesse stoßen“. Die Gespräche waren das spätere Herzstück von „Gottschalk live“.

Locker, offen, witzig, schlagfertig

Der WDR hat nun am späten Freitagabend auf die von der AG DOK geleakten Aussagen in der Umfrage reagiert. Eine Sprecherin sagte, es seien „gezielt einzelne negative Aspekte erwähnt“. Positive Zahlen und Fakten zum Moderator Thomas Gottschalk seien ausgespart worden. Als da wären: „Mehr als jeder Zweite der Befragten gab ab, er würde sich die Sendung ansehen“; hinter Günther Jauch würde Thomas Gottschalk als zweitbeliebtester Moderator genannt, zudem habe er einen sehr hohen Bekanntheitswert; „die Image-Daten von Gottschalk passten zur Grundidee des neuen Formates: locker, offen, witzig, schlagfertig“. Die Ergebnisse der Umfrage würden zeigen, dass Gottschalk der richtige Moderator für das Format gewesen sei und dieses Format auch großes Potenzial gehabt hätte, sagte die WDR-Sprecherin. Außerdem seien die nicht so positiven Werte und Hinweise aus der Umfrage genutzt worden, um „das Format zu optimieren“, sprich Schwachstellen im Konzept redaktionell zu überarbeiten. „Das ist ein in der Fernsehbranche übliches Verfahren.“

Der WDR will zugleich dem Eindruck entgegentreten, dass eine Befragung allein über das Ja oder Nein eines neuen TV-Formates entscheidet. Es seien vor allem redaktionelle Überlegungen und Argumente ausschlaggebend – und „der Mut, etwas zu wagen. Sonst entsteht nichts Neues.“ Unterm Strich wird mehr als deutlich, dass die WDR-Spitze, angeführt von der damaligen Intendantin Monika Piel, sich sicher war, mit „Gottschalk live“ einen Quotentreffer zu landen und mit Thomas Gottschalk „einen der beliebtesten Moderatoren in Deutschland“ engagiert zu haben. Als Solcher wurde er jedenfalls in der Stellungnahme des öffentlich-rechtlichen Senders zu den bekannt gewordenen Vertragsbedingungen bezeichnet. Also bekam Gottschalk für 144 Moderationen ein Honorar von 4,6 Millionen Euro zugestanden. Tatsächlich moderiert hat er nur 70 Sendungen, „Gottschalk live“ wurde nach knapp fünf Monaten abgebrochen. Der Moderator erhielt trotzdem die gesamte Honorarsumme ausbezahlt, Star ist Star, Vertrag ist Vertrag.

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