Russland: Fifa-Vorgaben für Confed Cup verärgern Journalisten
Starke Irritationen um die Meinungs- und Pressefreiheit in Russland: Beim Confed Cup 2017 dürfen Journalisten offenbar nicht uneingeschränkt berichten. Oder etwa doch?
Auch nach Zusicherungen des Weltfußballverbands Fifa beharrt der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) auf geänderten Akkreditierungsbedingungen für die Berichterstatter beim Confederations Cup 2017 in Russland. Die Fifa-Äußerung, Journalisten könnten „an den Spielorten und in den umliegenden Gebieten ohne jede Einschränkung frei arbeiten“, sei „zu schwammig“ und „sage nichts aus“, sagte DJV-Sprecher Hendrik Zörner dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch. Er fordere weiterhin eine „radikale Überarbeitung“ der Akkreditierungsbedingungen.
Was war geschehen: Am Dienstag wurde seitens der "Bild-"Zeitung auf einige Passagen in Akkreditierungs-Unterlagen für Journalisten beim Confed Cup (17. Juni bis 2. Juli) in Russland hingewiesen, wonach Journalisten nicht uneingeschränkt berichten dürfen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) äußerte daraufhin Kritik.
Im Laufe des Tages ruderte die Fifa scheinbar zurück, versuchte die Arbeitsbedingungen für Journalisten zu klären. Doch es bleiben Fragen offen.
DFB-Präsident Reinhard Grindel und Liga-Boss Reinhard Rauball fordern jedenfalls die Wahrung des Pressefreiheit. "Ich werde mich bei der Fifa-Ratssitzung am 9. Mai dafür einsetzen, dass die beim Confed Cup akkreditierten Journalisten frei berichten können. Es wäre ein wichtiges Signal für die WM 2018, wenn schon beim Vorbereitungsturnier das russische Organisationskomitee deutlich macht, dass es keine Einschränkungen der Pressefreiheit gibt", sagte Grindel der "Bild".
Es geht um Passagen in den Akkreditierungs- und Visums-Unterlagen, die derzeit an akkreditierte Journalisten verschickt werden. Dort heißt es: "Medienvertreter mit einer Akkreditierung für den Fifa-Konföderationen-Pokal dürfen ausschließlich über den Fifa-Konföderationen-Pokal 2017 und damit verbundene Ereignisse berichten." Medienvertreter mit einer Akkreditierung dürften nur auf dem Gebiet der Spielorte und naheliegender Sehenswürdigkeiten tätig sein.
Man kann auch Maulkorb dazu sagen.
Solche Passagen sind in den Richtlinien für ein Turnier nicht üblich. Selbst für die Olympischen Sommerspiele in Peking galten solche Vorschriften nicht. Möglicherweise reagiert Confed-Cup-Gastgeber Russland damit auf diverse Journalistenberichte während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi. Dort hatten Journalisten, Stichwort Ukrainekrieg, auch über nicht-olympische Themen berichtet.
Demokratischer Verband oder korrupte Organisation? Es ist nicht das erste Mal, dass die Fifa sich unbeliebt macht. Oder anders ausgedrückt, aus russischer Sicht: beliebt. Frank Überall, Bundesvorstand des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), kritisierte den Weltfußballverband. „Das sind die Bedingungen einer Diktatur, die Angst davor hat, dass in den Medien kritische Berichte über das politische, wirtschaftliche und soziale Umfeld der Spiele erscheinen könnten“, heißt es in einem Brief des DJV an Fifa-Präsident Gianni Infantino. „Es darf keine Reglementierungen für die Berichterstatter geben, die ihre verbrieften Grundrechte einschränken. Und es darf keine Versuche des Veranstalters und des Gastgebers geben, direkt oder indirekt Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen.“
Fifa sichert mündlich "freie Arbeitsmöglichkeiten" zu
Es hat etwas gedauert, aber dann hat die Fifa am Dienstag Stellung genommen. Der Fußball-Weltverband habe die Bedingungen für eine Akkreditierung beim Confederations Cup in Russland klargestellt und Journalisten freie Arbeitsmöglichkeiten an Spielorten zugesichert. „Journalisten, die eine Fifa-Akkreditierung für den Fifa Konföderationen-Pokal erhalten, können an den Spielorten und in den umliegenden Gebieten ohne jede Einschränkung frei arbeiten“, teilte die Fifa in einem gemeinsamen Statement mit dem Organisationskomitee am Dienstag auf Anfrage mit.
In den Akkreditierungs-Richtlinien für ausländische Medien heißt es hingegen, dass Journalisten ausschließlich über das Turnier „und damit verbundene Ereignisse berichten“ dürfen. Zudem dürfen Reporter nur „auf dem Gebiet der Spielorte und nahegelegener Sehenswürdigkeit tätig sein“. Dabei beruft sich die Fifa auf russisches Recht. Demnach müssen Journalisten für Tätigkeiten in anderen Städten eine Akkreditierung beim russischen Außenministerium einholen. In der Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ nimmt Russland Platz 148 ein.
ZDF: "Lassen uns nicht einschränken"
Offen ist noch, ob sich ARD und ZDF, die den Confed Cup 2017 übertragen, auf journalistischen Restriktionen seitens der Fifa einlassen. Diese seien der ARD nicht bekannt, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky dem Tagesspiegel am Dienstag. "Die von der ARD akzeptierten Akkreditierungsvorgaben garantieren die journalistische Freiheit ihrer Berichterstatter."
Ein ZDF-Sprecher teilte mit: "Die uns in englischer Sprache vorliegenden Visa/Akkreditierungen für Broadcaster beziehen sich auf die Berichterstattung in und um Spielstätten, die Austragungsstädte des Confed Cups sowie die Quartierstädte der Mannschaften plus umgebende kulturelle Stätten. Für sonstige Berichterstattung braucht es – wie bei Dreharbeiten in Russland üblich – individuelle Drehgenehmigungen beziehungsweise die normalen Journalistenvisa." Das ZDF werde selbstverständlich während des Confed Cups auch über Gesellschaft, Wirtschaft und Politik in Russland berichten. „Wir lassen uns in unserer Berichterstattung nicht einschränken“, sagte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann.
Für weitere Verwirrung sorgte am Dienstagnachmittag eine dpa-Meldung, wonach Russland Einschränkungen für Journalisten beim Fußball-Confederations Cup bestreitet. „Journalisten wird beim Confederations Cup nicht verboten, über irgendetwas zu schreiben. Sie können schreiben, worüber sie wollen“, sagte Vizeregierungschef und Fußballverbandschef Witali Mutko am Dienstag in St. Petersburg der Agentur Tass zufolge.
Nach Informationen der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch plant die Fifa allerdings nicht, die Formulierung der Richtlinien zu ändern. Für die Weltmeisterschaft 2018 solle es aber andere Bedingungen für die Medienberichterstattung geben, um „weitere Diskussionen über eine Einschränkung der Meinungsfreiheit zu umgehen“.
Da gibt es offenbar noch Klärungsbedarf.
ARD und ZDF zeigen zusammen alle Spiele des Konföderationen-Pokals live im Free-TV und Live-Stream. Das Eröffnungsspiel läuft im Ersten, das Endspiel wird vom ZDF übertragen. Zudem zeigt das ZDF das erste deutsche Gruppenspiel der Nationalmannschaft gegen Australien. Die beiden weiteren Vorrundenspiele von Deutschland gegen Chile und Kamerun werden von der ARD übertragen.